Israel und Ägypten: Im Nahen Osten brodelt es nicht nur national
Israel fühlt sich von Ägypten provoziert. Nach mehr als 30 Jahren hat Ägypten erstmals die Durchfahrt iranischer Kriegsschiffe durch den Suez-Kanal genehmigt. Zunächst hatte Ägypten diese Genehmigung bestritten. Doch die Schiffe fahren. Und stacheln damit das gespannte Verhältnis weiter an.
Israel fühlt sich von Ägypten provoziert. Nach mehr als 30 Jahren hat Ägypten erstmals die Durchfahrt iranischer Kriegsschiffe durch den Suez-Kanal genehmigt. Zunächst hatte Ägypten diese Genehmigung bestritten. Doch die Schiffe fahren. Und stacheln damit das gespannte Verhältnis an, das spätestens nach Husni Mubaraks Rücktritt Israel und Ägypten belastet.Israel und Ägypten. Zwei Länder im Nahen Osten, zwischen denen die angespannten Beziehungen einfach nicht zur Ruhe kommen. Mehr als 30 Jahre hatten sich die Staaten im Kriegszustand befunden. Fünf blutige Kriege hatten immer wieder auf beiden Seiten ihre Opfer gefordert.
Friedensvertrag soll Länder zusammenführen
Am 26. März 1979 dann ein Schritt in die richtige Richtung: Israel und Ägypten unterzeichnen einen Friedensvertrag. Schon damals wird die Notwendigkeit betont, eine Lösung für die Palästinenserfrage zu finden. Die Autonomie im Westjordanland und im Gazastreifen soll binnen fünf Jahren umgesetzt werden. Der Kernpunkt aber ist die Beendigung des Kriegszustands sowie aller feindseligen, Kriegs- oder Gewalthandlungen und deren Androhung.
Der israelische Premierminister Menachem Begin und Ägyptens Präsident Anwar Sadat werden für ihren Friedensvertrag sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Israel und Ägypten –Verbündete?
Ägypten ist der erste Staat, der einen Friedensvertrag mit Israel unterzeichnet – und wird von den anderen arabischen Staaten dafür geächtet. Nichtsdestotrotz steht Ägypten zu seinem Vertrag. Und damit zu Israel.
Zumindest offiziell, denn hinter den Kulissen bleiben die Beziehungen angespannt. Tatsächlich versucht das Regime in Kairo immer wieder, enge Verbindungen zwischen ägyptischen und israelischen Zivilisten zu verhindern. Berufsverbände nehmen ihre Mitglieder nach Informationen von „Spiegel Online“ nur unter der Prämisse auf, dass diese nichts unternehmen, was zur „Normalisierung der Beziehungen mit Israel“ beitragen könnte.
In Ägypten kursieren gar Gerüchte, der israelische Geheimdienst habe Haifische vor der ägyptischen Küste ausgesetzt, um dem Tourismus zu schaden. Trotz des Friedensvertrags trainieren die ägyptischen Truppen für einen Krieg gegen Israel. Den Waffenschmuggel im Sinai bekämpft die ägyptische Armee oft nur halbherzig – und unterstützt damit indirekt die Hamas in Gaza.
Israel hält währenddessen an der Nähe zu Ägypten fest. Die offiziellen Äußerungen Israels zu den Protesten in Ägypten werden nur zurückhaltend kommentiert. Nach seinem Rücktritt erklärt der isaraelische Infrastrukturminister Benjamin Ben Eliezer dazu, dass man in Israel „ohnehin nichts tun“ könne, „außer Mubarak unsere Unterstützung zu versichern und darauf hoffen, dass die Geschehnisse in Ruhe an uns vorbeiziehen“– immerhin sei Ägypten „Israels wichtigster Verbündeter in der Region“.
Der frühere israelische Botschafter in Kairo (2003-05), Eli Schaked, spricht sich für Mubarak aus: "Es ist eine Illusion zu glauben, der Diktator Mubarak könne von einer Demokratie abgelöst werden. Ägypten ist noch nicht demokratiefähig.“
Israels Angst vor Umsturz in Ägypten
Nicht ohne Grund wollte Israel, dass Mubarak im Amt bleibt. Denn die populärste politische Bewegung in Ägypten ist die Muslimbruderschaft. "Sollte sich in Ägypten ein Regimewechsel ereignen, würden die Muslimbrüder dort das Ruder übernehmen, und das hätte für die Region unkalkulierbare Folgen", meint Schaked vor Mubaraks Rücktritt. Die Angst ist groß, dass die Muslimbruderschaft das Ruder in Ägypten herumreißt und den über 30 Jahre währenden Friedensvertrag aufkündigt.
Und hier kommt nun der Iran ins Spiel. Sowohl Israel, als auch Ägypten unter Mubarak sehen den Iran und seine Verbündeten als eine politische Bedrohung an. Denn der Iran steht aufseiten der Hamas im Gazastreifen und der libanesischen Hisbollah. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ruft seine Bündnispartner weltweit wiederholt dazu auf, Mubarak ebenfalls zu unterstützen. Mubarak sei es, der Frieden und Stabilität in Israel garantieren könne.
Kehrtwende in Israel – Mubarak muss weg
Am 3. Februar 2011 dann die Kehrtwende in der israelischen Außenpolitik. Die Regierung in Jerusalem distanziert sich von Husni Mubarak. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sieht den Frieden seines Landes durch ein demokratisches Ägypten nun nicht mehr bedroht. Das sah die israelische Bevölkerung schon vor Mubaraks tatsächlichem Rücktritt anders: Über die Hälfte der Israelis befürchteten, dass ein Regimewechsel in Ägypten negative Folgen für Israel hätte.
Die Provokation
Dass Ägypten nun die Durchfahrt zweier iranischer Kriegsschiffe durch den Suez-Kanal genehmigt hat, bestätigt für Israel diese schlimmen Befürchtungen. Israels Außenminister Avigdor Lieberman hatte bereits vor einer Woche betont, dass eine Durchfahrt der Schiffe eine „Provokation“ durch Ägypten sei. Es bleibt zu hoffen, dass Israel und Ägypten ihren vor über 30 Jahren unterzeichneten Friedensvertrag in der schwierigen Zeit des Übergangs nicht vergessen. Denn nichts könnte der angespannten Lage im Nahen Osten im Moment mehr schaden, als Konflikte, die über Landesgrenzen hinweg eskalieren.