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Immer mehr Hartz IV-Empfängerinnen verhüten aus Kostengründen nicht

Kein Geld für die Antibabypille

Quelle: © Luis Díaz(www.luisesteban.cl)

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Weil Hartz IV nicht ausreicht, können sich immer mehr Sozialhilfeempfängerinnen keine passenden Verhütungsmittel leisten.
 

Weil das Arbeitslosengeld nicht ausreicht, können sich Sozialhilfeempfängerinnen keine passenden Verhütungsmittel kaufen. Die Folge: Immer weniger Frauen verhüten.

Sex ist Privatsache. Ob und wie man verhütet normalerweise auch. Dass der Staat da etwas mitzureden hat, scheint auf den ersten Blick völlig absurd. Bei Hartz IV-Empfängerinnen ist aber genau das der Fall: Weil ihr monatlicher Sozialhilfebeitrag nicht ausreicht, können sie sich keine passenden Verhütungsmittel kaufen. Die Folge: Immer weniger Frauen verhüten.


Sexuelle Rechte sind Teil der allgemeinen Menschenrechte. Das ist für Christian Reisenberg, Geschäftsführer vom pro familia Ortverband München e.V. ganz klar. Er unterstützt Hartz IV-Empfängerinnen, die mit nur fünfzehn Euro im Monat für Gesundheitspflege auskommen müssen. Das reicht nicht, meint er. Denn neben der Praxisgebühr und Medikamentenkosten fallen regelmäßig Ausgaben für Verhütungsmittel an. Und die nicht zu knapp: Pille, Spirale und andere Langzeitverhütungsmittel können bis zu 350 Euro kosten. Unmöglich das Geld dafür anzusparen, so wie es der Gesetzgeber bei größeren Ausgaben voraussetzt, so der Geschäftsführer der Beratungsstelle München-Schwabing.

Ausübung selbstbestimmter Sexualität ist ein Menschenrecht

Die betroffenen Frauen stehen vor problematischen Fragen: Überhaupt verhüten? Wenn ja, wie? Oder doch das Risiko eingehen ein ungewolltes Kind zu bekommen? Viele entscheiden sich für gar keinen Schutz: "Die Zahl der regelmäßig verhütenden Hartz IV-Empfängerinnen ist in der letzten Zeit deutlich gesunken, von 67 auf 30 Prozent“, erklärt Reisenberg. Es wird entweder nur mit Kondom verhütet oder komplett auf die Empfängnisverhütung verzichtet. Die Möglichkeit auf sicherere Varianten umzusteigen, haben nur jene, die es sich leisten können. Dabei sollte doch jeder selbst seine Familienplanung bestimmen können: „Weil die Ausübung von selbstbestimmter Sexualität, also auch bestimmen zu können, wann, ob und wie ich eine Familie plane, in der UN-Menschenrechtscharta aufgenommen ist. Insofern ist der Zugang für Verhütungsmittel in finanziell prekären Situationen in irgendeiner Form sicherzustellen“, meint Reisenberg.

Paradox: Abtreibung wird bezahlt, Verhütung nicht
 

Pro familia bietet ausführliche Gespräche und Beratung mit Ärzten, die ratsuchende Frauen und Männer mit ärztlicher Expertise beistehen, um die passende Form der Verhütung zu finden. Die Zielgruppe bilden nicht nur Hartz IV-Empfängerinnen, sondern auch Studentinnen oder Auszubildende, die sich teure Varianten der Verhütung nicht leisten können. Laut Angaben des Vereins sind 62 Prozent derjenigen, die die Beratungsstelle aufsuchen deutsch, 38 Prozent sind Migranten, die oft nicht gut deutsch sprechen. Pro familia kommt daher auch für Dolmetscher auf, um eine angemessene Beratung gewährleisten zu können.

Wenn es schließlich doch zur ungewollten Schwangerschaft gekommen ist, entscheiden sich viele Familien für eine Abtreibung. Psychische Störungen und Depressionen sind in Folge desen keine Seltenheit, weiß der Experte. Paradoxerweise übernimmt in solchen Fällen der Staat die Finanzierung. Reisenberg:
„Das Abstruse letztlich ist, dass im schlimmsten Falle die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch in voller Höhe von den Kassen übernommen werden. Aber die Kosten für eine passgenaue Verhütung nicht.“

Unverständlich ist das auch für die Stadträtin Jutta Koller von den Grünen.
Sie hat einen Antrag gestellt, der durchsetzen soll, dass diese Frauen und Männer die nötige finanzielle Unterstützung bekommen. Damit am Ende diese sehr privaten Familienentscheidungen selbst getroffen werden können.

Platte des Monats

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