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Eine Teestube holt Obdachlose von der Straße

"Komm" an Bord

Autor(en): Anne Liepold am Mittwoch, 30. Mai 2012
Quelle: © Charlott_L

"München ist 'ne heiße Stadt", sagt Erik Weiler, der seit einem Jahr hier auf der Straße lebt. Trotzdem ist er froh, dass es Einrichtungen wie die "Teestube-Komm" gibt. "München ist 'ne heiße Stadt", sagt Erik Weiler, der seit einem Jahr hier auf der Straße lebt. Trotzdem ist er froh, dass es Einrichtungen wie die "Teestube- Komm" in der Zenettistraße gibt, wo Post, Duschen und eine Herdplatte auf ihn warten.

Eigentlich müsste niemand auf der Straße leben, sagt Anton Auer. Seit 12 Jahren leitet er zusammen mit Franz Herzog die Teestube "Komm" in der Ludwigsvorstadt. Hier werden die Menschen betreut, die trotzdem kein Dach über dem Kopf haben. Aus Scham, weil sie schon oft gescheitert sind und keine Hilfe mehr annehmen wollen, unter dem Vorwand der Freiheit. Weil man "auf der Platte", wie sie das Leben auf der Straße nennen, tun und lassen könne was man möchte.

Teestube bietet "Homeservice"

Das primäre Ziel der Teestube ist es, die Menschen von diesen Gedanken und der Straße wegzubringen. Sie versucht den Obdachlosen das anzubieten, was ihnen fehlt.
"Wir haben von 14 bis 20 Uhr geöffnet", erklärt Anton Auer das Konzept der Teestube, "Unsere Besucher können hier alles machen, was auch andere Leute zu Hause tun, bis auf Schlafen oder Alkohol trinken."
Neben Beanspruchung von sozialpädagoischer Betreuung, die zur Hauptaufgabe der 20 Sozialarbeiter in der Teestube gehört, können die Obdachlosen hier Wäsche waschen, sich duschen, gemeinsam zusammensitzen, spielen und Getränke zum Selbstkostenpreis erhalten. Außerdem steht jedem der Zugang zu einem Postfach offen, was für alle diejenigen wichtig ist, die Sozialhilfe bekommen. Ohne Postadresse keine Unterstützung.

"Es geht was ab"

Erik Weiler weiß dieses Angebot zu schätzen und kommt deshalb seit einem Jahr in die Teestube. Vor allem "um sich zu duschen", wie er immer wieder betont. Das bieten viele andere Tagesaufenthalte nämlich nicht an.
Er lebt vom Flaschensammeln und schwärmt noch davon, wie er am Tag nach dem Champions League Finale 80 Euro in der Tasche hatte. Dabei kommt er viel in der Stadt herum. Seine Lieblingsplätze sind der Königs- und Marienplatz und besonders der Botanische Garten am Bahnhof. "Dort geht was ab!", sagt er. Allerdings sind dort Obdachlose nicht gerne gesehen und werden häufig von der Polizei vertrieben. "Wegen so 'nem schicken Lokal", wie es Erik in seiner schnoddrigen Art ausdrückt, "das sehen die Leute nicht gerne, wenn wir da auf der Bank schlafen".

Nicht jeder ist Status Quo

In der Teestube sei dies anders, betont Anton Auer. Dort werde versucht niederschwellig zu arbeiten. Das heißt, dass jeder kommen kann und jedem eine Beratung zusteht. "Wir wollen auf die Leute zu gehen", so Auer.
Vor allem will die Teestube gegen den Status Quo arbeiten. In ihrer Streetworkertätigkeit sprechen die Mitarbeiter deshalb die Leute draußen auf der Straße an, verteilen aber keine Decken oder Essen. Das sollten auch andere Bürger nicht tun. Lieber solle man die Betroffenen an Einrichtungen wie das "Komm" verweisen. Meistens kann den Menschen dort geholfen werden eine Unterkunft zu finden oder Zugang zu Sozialleistungen zu bekommen. Schwierig sei dies nur, wie Auer zugeben muss, bei Menschen, die aus Osteuropa, beispielsweise nach dem Jugoslawienkrieg, hierher gekommen seien. Sie hätten keinen Anspruch auf Sozialhilfe und könnten bestenfalls "rückgeführt werden". Das heißt, dass die Stadt München ihnen ein Zugticket ins Heimatland spendiert.

Verhalten der Bürger oft "eigen"


Die schönsten Momente für Anton Auer sind, wenn Menschen, die jahrelang Hilfe verweigert haben, sie plötzlich doch annehmen und ihr Leben neu anpacken wollen. Vielleicht klappt das auch bei Erik. Mittlerweile hat er Hartz IV beantragt und Aussicht auf einen Platz im Wohnheim. Das Verhalten mancher Bürger gegenüber Obdachlosen findet er aber nach wie vor "sehr eigen" und hofft, dass die Leute Obdachlose einfach so nehmen, wie sie sind, als Menschen eben.

Bildquelle: Charlott_L unter CC BY 2.0
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