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Die M94.5-Fußnoten zum Thema „Muslimisches Leben in München“

Kopftücher und Hinterhofmoschee

Autor(en): Antonia Franz am Sonntag, 15. März 2015
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Quelle: M94.5

Bilge mit und ohne Kopftuch

Das Fußnoten-Team ist in das Leben der Münchner Muslime eingetaucht und hat sich auf die Suche nach ihren Geschichten gemacht.

Der Islam – Wer jetzt an den muslimischen Kommilitonen oder die Nachbarin mit dem Kopftuch denkt, ist schon weiter als viele andere Menschen. Oft werden die Terroranschläge in Paris oder der Islamische Staat mit der Religion assoziiert. Doch das sind nicht die Muslime, die mit uns in München leben.

Freitag – der Tag der Zusammenkunft im Islam

Der wichtigste Tag der Woche ist für die Muslime der Freitag. Jeden Freitag treffen sie sich in ihren Gemeinden zum Freitagsgebet. Das findet traditionell in einer Moschee statt. In München gibt es über 40 Hinterhofmoscheen an den verschiedensten Orten. Manche sind vor allem von einer bestimmten Nation geprägt, andere multikulturell.
Um die Mittagszeit beginnt das Freitagsgebet. Der Imam hält zunächst einen Vortrag über ein Thema, das die Muslime zum Nachdenken anregen soll. Danach findet das eigentliche Gebet statt. Dabei nehmen die Muslime drei Positionen ein. Zunächst stehen sie, dann neigen sie sich nach vorne und als letzte Position legen sie sich auf den Boden als Symbol für den Niederwurf vor Gott.

Männer und Frauen sind beim Beten in der Moschee getrennt. So besagt es die Tradition im Islam. Außerdem soll es dazu beitragen, dass die Muslime sich während des Gebets völlig in ihrer Gruppe wohlfühlen können.
Vor und nach dem Gebet ist Zeit für Gespräche. Am Freitag treffen sich die Münchner Muslime in ihren Gemeinden, auch wenn sie unter der Woche in München verteilt leben.

Pläne für ein Zentrum der Muslime in München

Imam Benjamin Idriz wünscht sich eine größere Gemeinschaft für Muslime in München. Idriz ist Imam der islamischen Gemeinde in Penzberg, aber auch Vorsitzender des Vereins „Münchner Forum für Islam“, kurz MFI. Der Verein setzt sich für den Bau eines Islamzentrums in München ein. Seiner Meinung nach ist ein Problem der muslimischen Gemeinden, dass sich in ihnen häufig nur ein Kulturkreis versammelt. Nur selten treffen dort türkische, bosnische, oder Muslime, die aus anderen Ländern kommen aufeinander. Meist hat jede ethnische Gemeinschaft auch einen eigenen Treffpunkt. Idriz will das mit dem MFI ändern. Dort soll für alle Muslime Platz sein, egal, aus welchem Land sie kommen und egal, welche Sprache ihre Vorfahren sprechen. Im Forum für Islam sollen die Gebete auf Deutsch stattfinden - für mehr Identifikation mit dem Land, in dem die Muslime leben.

Neben einer Moschee will Idriz dort auch eine Akademie schaffen. Diese soll die Ausbildung islamischer Geistlicher sicherstellen, doch auch für den interreligiösen Dialog Platz schaffen. Überhaupt ist Idriz der Dialog über Kulturgrenzen hinaus äußerst wichtig. Neben Andachtsräumen, die als Ruhepol für alle Menschen dienen sollen, beinhaltet sein Modell Cafés, Geschäfte, ein Museum und auch Wohnungen für Studenten. Bis Ende März hat die Stadt München dem Verein ein Gelände an der Dachauer Straße reserviert. Wenn bis dahin die Finanzierung von 30 bis 40 Millionen Euro Fortschritte macht, könnte die Reservierung noch verlängert werden. Und Benjamin Idriz und sein Verein hätten noch mehr Zeit, mehr Münchner für dieses Zentrum zu begeistern.

Der Alltag der Muslime in München

Auch im Alltag der Münchner Muslime spielt ihre Religion eine große Rolle. Und alles unter einen Hut zu bekommen ist oft ziemlich schwierig. Ein Beispiel hierfür ist das Gebet. Ein gläubiger Muslim muss fünf mal am Tag zu festen Terminen beten. Gar nicht so einfach, wenn man gerade in der Uni oder bei der Arbeit ist. Aber mittlerweile gibt es zumindest in einigen Universitäten und bei größeren Firmen eigene Räume, um sich zum Gebet zurückzuziehen. Die Islamische Hochschulgemeinde in München will außerdem Hilfestellung leisten für gläubige Studenten, besonders für diejenigen, die aus dem Ausland kommen. Beispielsweise ist die Suche nach Möglichkeiten, „hallal“ zu essen, für fremdsprachige Studenten ohne Hilfe kaum zu schaffen. Aber auch um unkompliziert andere muslimische Studenten kennenzulernen, eignet sich die Hochschulgemeinde.

 

Eine außergewöhnliche Liebesgeschichte 

Auf einem völlig anderen Weg haben sich aber Reka und Arfaat kennengelernt. Bei ihnen war es ein Internetchat. Die deutsche Christin Reka und der Muslim Arfaat aus Indien waren sich irgendwann so sympathisch, dass Reka nach Indien fliegt. Die beiden verlieben sich ineinander. Doch die Eltern von Arfaat sind mit der Beziehung nicht einverstanden. Er soll eine indische Muslima heiraten und nicht eine Christin aus Deutschland. Um sich ihre Abneigung gegen Reka spirituell bestätigen zu lassen, befragen Arfaats Eltern eine Handleserin. Doch es kommt anders. Die Wahrsagerin prophezeit, dass die jungen Menschen füreinander bestimmt sind. Als sich dann auch noch ein Bekannter der Familie umbringt, weil er nicht heiraten darf, ändern Arfaats Eltern ihre Meinung.

Reka und Arfaat sind mittlerweile fast drei Jahre verheiratet. Reka schreibt in München ihre Masterarbeit, Arfaat arbeitet noch in Indien, will aber bald nach Deutschland kommen.
Reka ist mittlerweile zum Islam konvertiert, trägt aber kein Kopftuch. Sie sieht zu große Konflikte zwischen ihrem Leben als Studentin in Deutschland und einem strengen Befolgen der Regeln des Korans. Solange sie an ihrer Masterarbeit schreibt, wird sie auch nicht im Fastenmonat Ramadan auf das Essen verzichten. Ihrer Meinung nach ist für eine anständige akademische Arbeit schließlich eine Menge Energie nötig.

Die Fußnoten - das Radiofeature auf M94.5. Am 29. März um 19 Uhr. 
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Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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