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Ein junger Sportjournalist klärt über kriminelle Machenschaften im Profisport auf - und ist der erste CNN Journalist of the Year, der vom Hörfunk kommt.

Nach dem Hype kommt die Recherche

Der CNN Journalist Award geht 2011 zum ersten Mal an den Hörfunk. Ein junger Sportjournalist über Wettmanipulation und zeitintensive Recherche.

Die Wogen sind schon längst abgeklungen, da gewinnt einer den CNN-Award für Journalisten im deutschsprachigen Raum – mit einem Thema, das sofort eine Assoziation hervorruft: Durchgekaut.

2009, der Wettskandal ist DAS bestimmende Thema in den Medien. Deutschland kann es nicht fassen, König Fußball, in den Händen der Wettmafia? Elf Spiele sollen mindestens manipuliert gewesen sein, ganz Europa ist betroffen. Passiert ist seitdem nicht viel. Fädenzieher wurden eingesperrt oder bekamen Bewährungsstrafen und haben seit dem ihre Methoden perfektioniert.

Benjamin Best demaskiert in seinem Feature „Tore, Sieg, Betrug – Wettmanipulation im Sport“ Idole – und zeigt die Wehrlosigkeit der Behörden und Sportverbände. Konsequenzen ziehen mussten bis jetzt nur der mazedonische Verein FK Pobeda Prilep und der Tennisprofi Alessio di Mauro.

Best beschreibt, wie Tennisprofis an ihrem eigenen Ergebnisdrehen.  Die betroffenen Sportler sind Spieler im doppelten Sinn: Sie wissen, wer wann wo trainiert und wie es läuft. Und sie sind spielsüchtig. Mit ganz normalen Wetten fängt es an. Irgendwann kommen die Schulden, und damit die Mafia. Sie sucht gezielt nach den spielsüchtigen Profis und nutzt deren Unwissenheit. Ein Ex-Mafioso, mit dem Benjamin Best gesprochen hat, sagt: „Sie bekommen massive Probleme, ohne dass sie es merken“. Anders als beim Fußball kann man beim Tennis auch auf einzelne Spiele oder Sätze tippen. Bei Partien, die ein Profi sicher gewinnen kann, setzt er einen bestimmten Aufschlag in den Sand, ein Komplize tippt genau darauf und der Gewinn wird geteilt. Das hat zwei Vorteile: Man nutzt die niedrige Wettquote, kann gezielt manipulieren – und das Spiel trotzdem gewinnen.

Hinzu kommt: Es ist viel leichter zu kaschieren als Doping. Genau deswegen sind Leute wie Benjamin Best im Journalismus unverzichtbar. Der 34-Jährige ist für sein Feature um die ganze Welt gereist, hat mit Profisportlern gesprochen, mit Mafiosi, mit Buchmachern und ganz normalen Wettkunden. In den USA, in Asien und in Europa. Über drei Jahre Arbeit für 59 Minuten objektive Annäherung an die Wahrheit.

Best rückt damit nicht nur die intensive Hintergrundrecherche ins Rampenlicht, er bricht auch eine Lanze für eine kritische Sportberichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen, abseits von Grabenkämpfen um Übertragungsrechte. Die Lizenzen machen (nach den Personalkosten) oft den zweitgrößten Punkt im Etat der ARD-Anstalten aus. Es wird gespart, wie überall – und wenn ein Beitrag oder ein Feature zu teuer ist, oder möglicherweise nur ein Spartenpublikum ansprechen würde, wird es nicht gekauft. Unter diesem Sparzwang leiden freie Redakteure wie Benjamin Best.

Genau wie der Privatfunk richten sich die Öffentlich-Rechtlichen nach dem goldenen Kalb der Quote. Bezahlt wird, was das der Durchschnittszuschauer, den man sich vorstellt, diktiert. Dabei könnten sich die Öffentlich-Rechtlichen auch ein wenig mutiger von ihrem selbstgewählten Vorbild Privatfunk emanzipieren. Immerhinhat der „Ereigniskanal“ von ARD und ZDF, Phoenix, höhere Einschaltquoten als MTV.

Benjamin Best konnte sich Zeit nehmen und seine Arbeit ist definitiv ein Plädoyer für zeitintensive Recherche. Vielleicht ist sie sogar eine Antwort auf T.S. Eliots rhetorische Frage:

„Wo ist das Wissen, das wir in der Information verloren haben?“

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BENJAMIN BEST ist 1976 geboren. Nach seinem Jura- und Sportpublizistikstudium absolvierte er sein Volontariat bei der Mediengruppe Schwabing. Seit 2005 ist er freier Journalist für die ARD (Sportschau) und den WDR (sport-inside). Außerdem arbeitet er für den Deutschlandfunk und die verschiedenen Radiowelle des WDR. Sein Feature "Tor, Sieg, Betrug - Wettmanipulation im Sport" wurde letzen Februar auf WDR 5 gesendet.



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