Internet-Zugang
No Wifi - Why?
Deutschland leidet unter akutem Wlan-Mangel im öffentlichen Raum. Die Regierung will das ändern, aber das dazugehörige Gesetz erntet scharfe Kritik.
Unterwegs in der Stadt und das Datenvolumen des Handyvertrags ist erschöpft. Zum Glück gibt es Wlan: Einfach in ein Netzwerk einloggen und die wichtige Whatsapp-Nachricht empfangen (oder das Instagram-Selfie posten, liebe Narzissten!). Doch wo zur Hölle ist denn der nächste Wlan-Hotspot?
In the middle of nowhere...äh...Germany
In München bzw. Deutschland kann der Weg dahin ziemlich lang sein. Denn in der Bundesrepublik gibt es extrem wenige öffentliche Zugangspunkte – nur 1,87 pro 10.000 Einwohner. In Südkorea hingegen, dem vernetztesten Land der Welt, kommen auf die selbe Anzahl an Menschen 37 Hotspots. Fast 20 mal so viele. Deutschland, im weltweiten Vergleich weit abgeschlagen.
Retter in Not: M94.5 hat eine Karte mit öffentlichen WLan-Hotspots in München erstellt.
Law&Order als Hindernis für den Netzausbau
Gründe für die Verwahrlosung der öffentlichen Hotspots und Wlan-Zugänge sind rechtlicher Natur. Denn bisher konnte der Anbieter für die Handlungen der Nutzer verantwortlich gemacht werden. Wenn also ein Nutzer beispielsweise den neuen Will Smith Blockbuster, in dem der Datedoktor und sein Sohn massenweise Aliens schlachten, hochlädt und zum Download frei gibt, so konnte bislang der Betreiber des Wifi-Netzwerks von der Produktionsfirma auf Schadensersatz verklagt werden. Kaum verwunderlich, dass nur wenige Lust haben ein solches Netzwerk zu betreiben. Das soll sich nun aber ändern.
Erlösung von ganz oben
Da auch die Regierung das Problem erkannt hat, wurde am Mittwoch im Bundestag das Telemediengesetz geändert. Nun soll es mehr Rechtssicherheit für Anbieter geben – denn sie haften jetzt nicht mehr für die Rechts-verletzungen der Nutzer. Voraussetzung ist, dass sich die Anbieter „angemessen“ gegen unberechtigten Zugang schützen. Das beinhaltet nach dem neuen Gesetz, den Router zu verschlüsseln und nur denjenigen Zugang zu gewähren, die erklärt haben keine Rechtsverletzungen zu begehen. Erfüllen die Anbieter diese Voraussetzungen, können sie nicht für das Verhalten ihrer Nutzer belangt werden.
Gute Idee – schlechte Umsetzung?
Dass eine Gesetzesänderung nötig war, darüber sind sich alle einig. Allerdings sind viele nicht mit der beschlossenen Umsetzung zufrieden. Das neue Gesetz hat sehr viel Kritik aus verschiedenen Richtungen hervorgerufen.
Zum einen war zu hören, dass das neue Gesetz der flächendeckenden Verbreitung von Wlan entgegenwirke, denn jeder Nutzer müsse einzeln erklären, dass er keine Gesetze verletzt. Das stellt die Betreiber vor die Schwierigkeit jedem Nutzer einen eigenen Zugangscode zuzuteilen. Aus Reihen der Grünen wurde kritisiert, dass durch die Zuweisung von solchen Codes die Anonymität im Internet verloren ginge, wobei diese eigentlich ausgebaut werden sollte.
Das #WLAN-Gesetz ist ein Trojanisches Pferd und wird den Rechteinhabern das Abmahnen erleichtern. http://t.co/moY9cyYLur
— Prof. Niko Härting (@nhaerting) 16. September 2015
Einige Verbraucherschützer kritisierten zudem, dass das Gesetz nicht konform mit dem EU-Recht sei, da die Regelungskompetenz hierfür nicht bei den Einzelstaaten liegt.
Außerdem legt das neue Gesetz auch „gefahrengeeignete Dienste“ fest, welche jetzt für illegale Inhalte haften müssen. Dies betrifft vor allem Streaming- oder Cloud-Dienste. Urheberrechtsverletzungen sollen so leichter verhindert werden. Allerdings, so die Kritiker, träfe das nicht die „schwarzen Schafe“, weil diese sich hinter illegalen Servern im Ausland verstecken, sondern vor allem legale seriöse Dienste. Ob da wohl die Lobbyisten der Film- und Musikunternehmen ihre Finger im Spiel haben?