CDU sagt Nein zur Gleichstellung homosexueller Paare
Nur noch eine Frage der Zeit
Noch immer werden Homosexuelle vor dem Gesetz anders behandelt als Heterosexuelle. Eine rebellische Gruppe CDUler wollte das ändern.
Noch immer werden Homosexuelle vor dem Gesetz anders behandelt als Heterosexuelle. Eine rebellische Gruppe CDUler wollte das ändern. Nach einem Nein der Basis, heißt es nun Abwarten.
In Deutschland wird jeder Mensch gleich behandelt. Dabei spielt weder Staatsangehörigkeit, Geschlecht oder Religion, noch die sexuelle Orientierung eine Rolle. Richtig? Falsch. Neben der Tatsache, dass die Diskriminierung von Ausländern immer noch zu Deutschlands Alltag gehört, dass es im internationalen Vergleich zu wenige deutsche Frauen in Führungspositionen gibt und Muslime oft nicht die gleichen Chancen auf dem europäischen Arbeitsmarkt haben, werden auch homosexuelle Paare noch lange nicht so behandelt wie Heterosexuelle. Doch langsam scheint sich etwas zu regen im christdemokratisch regierten Deutschland.
13 CDU-Abgeordnete, auch als die „Wilden 13“ bekannt, wollten durchsetzen, dass homosexuelle Partnerschaften die gleichen Rechte bekommen wie heterosexuelle Ehepaare. Zumindest was die steuerliche Gleichstellung angeht. Erwartungsgemäß wurde dieser Antrag von den Delegierten auf dem CDU-Parteitag in Hannover abgelehnt. Warum? Steffen Flath, sächsischer CDU-Fraktionsvorsitzender hat eine Erklärung parat: „Gott hat uns Menschen geschaffen, als Frau und Mann, ich glaube, dass er sich dabei was gedacht hat“. Als gläubiger Christ sieht er „den Fortbestand der Menschheit“ als etwas „ganz Besonderes“.
„Pflichten einfordern, Rechte verweigern – das geht nicht“
Bei Dietmar Holzapfel, Geschäftsführer eines der ältesten und bekanntesten Treffpunkte der schwul-lesbischen Szene Münchens, dem Gasthof „Deutsche Eiche“, trifft diese Entscheidung auf Unverständnis. Auch wenn er von der Ablehnung weniger überrascht war als von dem Antrag der abtrünnigen CDUler selbst: „Ich fand's insgesamt schon mal einen Erfolg, dass es diese Initiative der „Wilden 13“ überhaupt gab. Und ich weiß auch, dass hier in München der OB-Kandidat von der CSU zum Beispiel ganz anders darüber denkt.“ Auf lange Sicht ergibt es für ihn nur Sinn, wenn bei der Union mit der Zeit ein Umdenken stattfindet. Wenn die Volkspartei sich weiterhin so nennen möchte, muss sie mit der Zeit gehen.
Der Initiativantrag des offen schwul lebenden CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn konnte vierzig Prozent der Stimmen hinter sich vereinigen. Ein Erfolg für Spahn, ein gutes Signal für Holzapfel. Das sogenannte „Ehegattensplitting“ soll weiterhin ein exklusiver Vorteil für die Ehe sein, die auch als Wirtschaftsgemeinschaft verstanden wird und daher besonders gefördert werden soll. Das "Splitting" bedeutet eine finanzielle Entlastung für Ehepaare, bei denen ein Partner mehr verdient als der andere. Holzapfel ist der Meinung, diese Entlastung stehe auch eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften zu: „Man kann uns nicht in die Pflicht nehmen, beziehungsweise die Pflichten von uns abverlangen und die Rechte weglassen. Ich erkenne keinen großen Unterschied, wenn ich ein kinderloses Ehepaar sehe. Warum soll man das einer eingetragenen Partnerschaft verwehren?“
„Es hat sich keiner ausgesucht schwul zu sein“
Wenn sich die CDU nicht den Vorwurf gefallen lassen will, als homophobe Partei zu gelten, sollte sie sich einer Gleichstellung nicht länger in den Weg stellen. Der Münchner Wirt ist sich sicher, früher oder später wird es eh dazu kommen: „Es macht ja auch gar keinen Sinn, es wäre ja völlig unlogisch, wenn das nicht passiert. Denn es hat sich von uns keiner ausgesucht, dass er schwul oder lesbisch ist. Das ist uns von der Natur gegeben. Warum sollte man da für etwas bestraft werden?“
Die Union wartet also stur das im nächsten Jahr zu erwartende Urteil des Karlsruher Bundesverfassungsgerichts ab, das über eben diese Gleichstellung entscheiden wird. Den Knackpunkt bildet das sogenannte „Abstandsgebot“ im Grundgesetz, das den besonderen Schutz von Ehe und Familie gewährleistet. Darunter versteht man laut Hans-Georg Hermann, Professor für Bürgerliches Recht an der LMU, ein Gebot, das „Lebensformen, die dem [der Ehe, d. Red.] nicht entsprechen, dem auch nicht gleichzustellen. Dieses Abstandsgebot steht nicht wörtlich drin, sondern wird nur von Leuten herausgelesen, die es herauslesen wollen.“ Demnach wollen diese Leute den Unterschied zwischen hetero- und homosexuellen Paaren verfestigen. Hermann ist da persönlich anderer Meinung: „Ich sehe das Abstandsgebot nicht als zwingend an.“
Als christliches Vorbild taugt nicht einmal Angela Merkel
Selbst Kanzlerin Angela Merkel, Kopf der Christlich Demokratischen Union, entspräche nicht den traditionell christlichen Vorstellungen, so Holzapfel: „Sie ist auch schon in zweiter Ehe und ohne Kinder. Ich meine, so christlich vorbildlich ist sie ja dann auch nicht, wenn man diese strengen Maßstäbe anlegt.“ Sie hatte vor dem CDU-Parteitag persönlich ihre Empfehlung gegen den Gleichstellungsantrag abgegeben. Dietmar Holzapfel lässt sich durch die Ablehnung nicht demotivieren. Er glaubt fest daran, dass die Gleichstellung kommen wird. In den letzten Jahrzehnten habe sich ja schon einiges für die gesellschaftliche Akzeptanz Homosexueller getan.