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Medien über Flüchtlinge

Verantwortung vs. Objektivität

Autor(en): Axinja Weyrauch am Freitag, 2. Oktober 2015
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Quelle: Vogl/M94.5

Zeitungsstapel

Bilder von Kindern, emotionale Videos vom Münchner Hauptbahnof und Polemiken gegen „besorgte Bürger“: Berichten Medienhäuser ausgewogen über Flüchtlinge?

Die Berichterstattung über Flüchtlinge ist sehr emotional geworden - nicht nur Joko & Klaas oder Til Schweiger verbreiten ihre deutliche Meinung. Auch große Medienhäuser tun dies, zwar etwas subtiler, aber durchaus deutlich. Besonders auffällig ist das auf Facebook oder Twitter:

Beispielsweise hat die Tagesschau bei #merkelschweigt mitgemischt. Zwar nutzte sie nicht den Hashtag, aber das Foto über Merkels Nicht-Aussage ist deutlich.

 

Oder Spiegel Online, die dazu aufrufen, ein Video zu teilen, in dem Vorurteile gegenüber Flüchtlinge widerlegt werden.

Wir haben fünf der gängigsten Vorurteile über Flüchtlinge widerlegt. Bitte kräftig teilen und posten, wo es nötig ist. Danke! #mundaufmachen

Posted by SPIEGEL ONLINE on Sonntag, 30. August 2015

 

Ohne bewerten zu wollen, ob diese Posts "gut" oder "schlecht" sind - meinungsfrei sind sie nicht. Die grundsätzlich angedachte Objektivität in der Berichterstattung wird also hinten angestellt. Warum das getan wird und was das für folgen haben kann, hat der Kommunikationswissenschaftler Carsten Reinemann im Interview beantwortet:

M94.5: Haben Sie das Gefühl, dass die Medien, vor allem die Leitmedien, in der letzten Zeit ausgewogen über die Flüchtlingsthematik berichten?

Carsten Reinemann: Ich glaube, dass zumindest kritische Stimmen immer noch zu Wort kommen. Ich glaube, das sieht man sowohl in der Presse als auch im Fernsehen, in den Talkshows, wo sowohl bei Userkommentare als auch Leuten, die tatsächlich als Gäste eingeladen sind, die kritischen Stimmen nicht ausbleiben. Es gab sicherlich eine Phase, in der es eine gewisse Euphorie gab. Aber ich glaube, da muss man auch immer sehen, was die Vorgeschichte war.

Nämlich?

Also wenn ich anfangen würde zu erzählen, dann würde ich letztes Jahr anfangen. Mit der Berichterstattung über ISIS und den Islam und was sich daraus unter anderem entwickelt hat. Über Pegida bis hin zu dem was wir dann im Sommer gesehen haben - die Bilder aus Freital, die Geschichten in Tröglitz. Ich glaube da war irgendwann ein Punkt erreicht, wo viele Journalisten und Medien gedacht haben: 'Jetzt müssen wir aufpassen, dass die Stimmung in Deutschland nicht kippt und das wir nicht wieder Dinge erleben, die wir Anfang der 90er Jahre erlebt haben, wo es nach Brandanschlägen Tote gab'. Von daher ist Ausgewogenheit, Faktenorientierung und Rationalität die eine, und demokratische Verantwortung des Journalismus da eine andere Geschichte, die sicherlich hier eine große Rolle gespielt hat.

Ist der Einfluss oder die Wirksamkeit der Berichterstattung so groß, dass das dann wirklich ein Stimmungsbild drehen kann und die Leute dann in diese Richtung mitzieht?

Was wir ja gesehen haben, dass insbesondere in sozialen Netzwerken im Internet sehr viel Hass da war. Und es ist wahnsinnig schwer zu beurteilen, wie viele Leute das eigentlich sind. Ist das eigentlich die allgemeine Stimmung? Aber was man sagen kann ist, dass natürlich die öffentliche Kommunikaton auch in den Massenmedien - die natürlich auch in sozialen Netzwerken präsent sind - Anschläge tatsächlich eher fördern oder eher hindern kann. Wenn die Leute, die potenziell eher am rechten Rand stehen oder die sich überlegen, so was tatsächlich zu machen, das Gefühl haben sie tun eigentlich nur das, was sich viele Leute nicht trauen, dann befördert das sicherlich entsprechende Anschläge. Das wissen wir auch aus Studien vom Anfang der 90er Jahre, dass Medienberichterstattung eine entsprechende Wirkung hat, weil sie ein bestimmtes Meinungsklima erzeugen kann.

Hier gibt es das komplette Interview mit Carsten Reinemann zum Nachhören:

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