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Europa erlebt einen Rechtsruck, nur Deutschlands Rechtskonservative warten vergeblich auf ihren Haider. Die M94.5 Fußnoten wagen den Blick nach rechtsaußen.

Warten auf Haider

Autor(en): Vero Bock am Montag, 6. Juni 2011

Europa erlebt einen Rechtsruck, nur Deutschlands Rechtskonservative warten vergeblich auf ihren Haider. Die M94.5 Fußnoten wagen den Blick nach rechtsaußen.

Rechtspopulistische Parteien feiern Wahlerfolge in ganz Europa – nur Deutschland geht einen Sonderweg. Dabei wäre doch Potenzial da, da sind sich Politiker aus allen Lagern einig. Was fehlt, ist charismatisches Personal.

Das Team der M94.5 Fußnoten war in Berlin und Hamburg unterwegs und hat eine Grauzone erkundet: Das demokratische Grenzland zwischen „das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ und Extremismus.

Dieter Stein zum Beispiel fühlt sich von dem diskriminiert, was er den „linken Mainstream“ nennt. Er ist Chefredakteur der Wochenzeitung Junge Freiheit. Er selbst bezeichnet sein Blatt als rechtskonservativ - Kritiker nennen es oft rechtsextrem.  In der Jungen Freiheit kann man Sätze lesen wie „Die Kanzlerschaft Angela Merkels gehört zu den bitteren Konsequenzen der deutschen Niederlage 1945“; sie bezeichnet die Äußerungen von Lars von Trier in Cannes als „Sottisen“ und verschreibt der kränkelnden FDP einen Rechtsruck und Vorbilder wie die „rechtsliberale“ Fidesz aus Ungarn.

Erik Lehnert ist Geschäftsführer des Institutes für Staatspolitik, einem rechten Thinktank mit Sitz auf dem Rittergut Schnellroda. Das IfS veranstaltet regelmäßig Sommerakademien, auf denen man, neben dem Who's who der Neuen Rechten, auch NPD-Funktionäre trifft.

Politikwissenschaftler zählen die Junge Freiheit und das Institut für Staatspolitik zu der "Neuen Rechten". Obwohl sich die Neue Rechte ausdrücklich vom Rechtsextremismus distanziert und, zum Beispiel mit der NPD „institutionell“ nichts zu tun haben will (Erik Lehnert), sind personelle Verstrickungen keine Seltenheit. Über Arne Schimmer, NPD-Abgeordneter im sächsischen Landtag, sagt Erik Lehnert, er sei „anständig“ und ein „intelligenter Bursche“.


Rechtsextremismus kann man der Neuen Rechten trotzdem nicht vorwerfen. Faschismus schon, meint Volker Weiss, Historiker und Autor des Buches „Deutschlands Neue Rechte: Angriff der Eliten“. Immerhin beziehe sich die Neue Rechte stark auf die Konservative Revolution und deren Denker (Carl Schmitt, Arthur Moeller van den Bruck, Ernst Julius Jung und Arthur Spengler), eine Nationalkonservative Strömung in der Weimarer Republik, die sich gegen Parlamentarismus und Demokratie ausspricht. Und diese Strömung ist seiner Meinung nach die deutsche Spielart des Faschismus vor 1933.

Die provokante These: Durch den Rückbezug auf Autoren der 20er Jahre komme man „platt gesagt um Auschwitz herum“.


Das kann man von einigen (wenn auch Ex-) Autoren der Jungen Freiheit nicht behaupten. Armin Mohler zum Beispiel war bis Mitte der Neunziger Autor der JF. Dann veröffentlicht er einen antisemitischen, geschichtsrevisionistischen Artikel – Seine Kolumne „Notiz aus dem Interregnum“ wird daraufhin eingestellt. Ein Jahr später bezeichnet sich Mohler in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung selbst als „Faschist“. Als er 2003 stirbt, erscheint ein Nachruf in der Jungen Freiheit.

Die M94.5 Fußnoten können und wollen kein mahnender Zeigefinger der Demokratie sein. Wir möchten niemandem eine Plattform geben oder einen Gesprächspartner bevorteilen. Wir sind aber der Meinung, dass man mit Menschen reden muss, um sie wirklich einordnen zu können, und haben bei unserer Produktion versucht, möglichst objektiv auf unsere Gesprächspartner zuzugehen und mit ihnen zu sprechen.

Für die Fußnoten „Warten auf Haider. Die Neue Rechte ind Deutschland“ haben fünf Redakteure zwei Monate recherchiert, Interviews geführt und ein einstündiges Feature produziert.

Gesprächspartner: Dieter Stein (Chefredakteur der Jungen Freiheit), Alexander Geisler (wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag), Erik Lehnert (Geschäftsführer des Instituts für Staatspolitik) und Volker Weiss (Historiker mit Spezialgebiet Konservative Revolution).

Sprecher: Philipp Daum, Vero Bock, Jasmin Körber, Christian Weiß.

Sendeleiter: Philipp Daum.

Redaktion: Vero Bock, Max Scherer, Jasmin Körber, Nadescha Vornehm und Philipp Daum

Die Mai-Fußnoten werden am 12. Juni 2011 (Pfingstsonntag) um 19 Uhr in der Originalversion mit Musik wiederholt.

Hier die GEMA-freie Podcastversion:


Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
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Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
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