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Wikipedia streikt!

Autor(en): Tareq Sydiq am Donnerstag, 19. Januar 2012
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Wikipedia ist nicht erreichbar? Wir sagen euch nicht nur, wie ihr trotzdem eure Hausaufgaben, eure Hausarbeit oder reguläre Arbeit erledigen könnt, wie erklären euch auch den Hintergrund der Aktion.
Wer heute die englischsprachige Wikipedia besucht, findet lediglich eine schwarze Seite vor, die auf den SOPA, den „Stop Online Piracy Act“, hinweist. Mit der Aktion protestieren zahllose Internetseiten gegen das geplante Gesetzesvorhaben, das in den kommenden Tagen im Kongress diskutiert werden soll.

Eingebracht wurde der Gesetzesentwurf von Lamar Smith, einem republikanischen Abgeordneten. Parallel dazu wurde der PIPA, der „PROTECT IP Act“, im Senat vorgeschlagen. IP steht dabei für Intellectual Property, also geistiges Eigentum. Die Entwürfe würden das Justizministerium ermächtigen, gegen nicht-amerikanische Seiten vorzugehen, die Urheberrechte verletzen oder Urheberrechtsverletzungen befördern. Bisher ist es schwierig, gegen Anbieter außerhalb der USA vorzugehen. Außerdem sind bislang Vergehen nicht so allgemein formuliert wie es die Entwürfe vorsehen.

So würde es durch die Entwürfe strafbar werden, auf Seiten zu verlinken, die Urheberrechte verletzen; da aber Seiten in der Regel dynamisch sind, d.h. sich verändern, ist es als Betreiber im Einzelfall schwierig bis unmöglich, das zu garantieren. Außerdem gilt dies auch für Links von Nutzern, die man als Betreiber kontrollieren müsste.

Bislang lag die Verantwortung, Inhalte mit Urheberrechtsverletzungen zu finden, bei den Eigentümern. Wenn etwa ein Video bei Youtube Urheberrechte verletzt, dann muss es entfernt werden, aber nur, wenn eine Beschwerde vorliegt. Der dafür legale Zeitraum ist gesetzlich geregelt. Würden die Entwürfe aber durchkommen, würde sich diese Verantwortung umkehren, der Anbieter müsste Inhalte von Nutzern selbstständig kontrollieren – viele Seiten wären überfordert und müssten schließen.

Um gegen solche Seiten vorzugehen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, etwa die, Werbekunden eine Zusammenarbeit zu verbieten. Eine davon, die Sperrung von Seiten, sorgt aber für die größte Kontroverse. Diese ist nämlich technisch sehr aufwendig und ihre Effektivität ist umstritten.

Sperrung von Seiten ist fast unmöglich

Vereinfacht gesagt gibt es im Internet DNS-Server, die als Brücke zwischen Server und Internetnutzer funktionieren. Jede Internetseite liegt auf einem Server, und jeder Server hat eine Addresse, eine IP-Nummer. Die lautet dann beispielsweise „192.168.2.1“. Weil aber Menschen sich solche Nummern nicht besonders gut merken können, werden sie in sogenannte Domains übersetzt, also beispielsweise www.M945.de. Wenn ich nun www.M945.de in meinen Browser eingebe, übersetzt der DNS-Server das in die IP-Nummer, damit ich den Server erreichen kann. Die geplante Sperrung würde nun dem DNS-Server verbieten, bei bestimmten Seiten normal weiterzuleiten, und würde stattdessen beispielsweise auf ein Stoppschild verweisen.

Wenn der Nutzer aber die IP Addresse kennt, kann er auch weiterhin direkt auf die Seite zugreifen, dazu muss er nur die IP eingeben. Oder der Anbieter wechselt seine Domain. Oder aber er greift gleich auf verschlüsselte DNS-Server in anderen Ländern zu, auf die US-Behörden keinen Einfluss haben. Um die Seite konsequent zu sperren, müsste man den Inhalt vom Serverbetreiber löschen lassen; der sitzt aber im Zweifel im Ausland und ist damit nicht verpflichtet, sich an amerikanische Gesetze zu halten.

Das Gesetz schadet Regimekritikern in Diktaturen

Ganz ähnlich wie DNS-Server arbeiten Proxy-Server. Diese schalten sich quasi zwischen Nutzer und Server, und täuschen einen anderen Nutzer vor. Damit kann man nicht zurückverfolgt werden; etwas, das von Dissidenten in Diktaturen besonders oft verwendet wird. Diese könnten aber ebenfalls durch das Gesetz verfolgt werden – das würde aber weniger die US-amerikanischen Nutzer treffen, sondern vor allem die Dissidenten in anderen Ländern.

Unterstützt wird das Vorhaben vor allem von Vertretern der Film- und Musikindustrie. Diese weisen darauf hin, dass begrenzte Sperren bereits üblich seien in verschiedenen Ländern, und dass Urheberrechtsverletzungen im Internet finanzielle Schäden für ihre Zweige verursachten und damit Jobs gefährdeten.

Das sehen Onlineangebote natürlich anders und fühlen sich konkret gefährdet. Darum hüllen sie sich also nun in Schwarz und protestieren damit dagegen.

Und nun?

Was aber mache ich, wenn ich heute ganz ganz dringend mit Wikipedia recherchieren möchte? Da gibt es einmal die deutsche Wikipedia Seite, die weiterhin verfügbar ist. Leider ist diese oft auch qualitativ schlechter, darum wird die englischsprachige ja auch bevorzugt.

Nun, auch dafür hat Wikipedia vorgesorgt. Wirklich einfach sind wohl nur drei Lösungen.

1) JavaScript deaktivieren

Irgendwo in eurem Browser kann man JavaScript abschalten. Dazu sucht ihr eure Einstellungen und sucht dort nach einem Häkchen namens JavaScript. Bei Firefox zum Beispiel geht man auf „Einstellungen“, dort dann auf „Inhalt“, und findet dort das Häkchen „JavaScript aktivieren“. Macht man das Häkchen weg, kann man schon ohne Probleme Wikipedia aufrufen.

2) Die Seite für Smartphones verwenden

Wer ein Smartphone besitzt, der kann aufatmen: Die Seite für Smartphones ist davon nicht betroffen und kann weiterhin genutzt werden. Erreichbar ist sie unter http://en.m.wikipedia.org/ auch für Leute, denen die anderen Optionen zu kompliziert sind.

3) "?banner=none" an die URL kleben

Und wer das jetzt alles nicht versteht oder nicht mag, der markiert jetzt bitte folgendes: ?banner=none. Das kopiert ihr jetzt (Rechtsklick+Kopieren oder Strg+C) und ruft eine beliebige Wikipediaseite auf. Ja, sie ist blockiert, ihr seht nur das altbekannte schwarze Bild. Jetzt geht ihr in die Adresszeile, und fügt den kopierten Text dort ein, mit Rechtsklick+Einfügen oder Strg+V. Auf den Schrägstrich achten! Normalerweise sieht eine Seite nämlich so aus: http://en.wikipedia.org/wiki/Afk_M94.5/. Wenn es am Ende keinen Schrägstrich gibt, fügt ihr erst einen ein. Eure fertige URL sollte also so aussehen: http://en.wikipedia.org/wiki/Afk_M94.5/?banner=none. Jetzt noch die neue Seite aufrufen, und voila! Ihr habts geschafft.
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