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Frauenrechte

Wir Emanzipierten (?)

Autor(en): Bernhard Fischer am Freitag, 7. Oktober 2016
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Quelle: Pixabay

Mutti kocht - die 50er Jahre.

In der Debatte um Einwanderung und die sog. „Leitkultur“ wird oft mit unseren Frauenrechten argumentiert. Aber die sind auch nicht selbstverständlich.

„Für ein mittelalterliches Frauenbild, bei dem sich Männer weigern, Frauen die Hand zu geben; gibt es hier keinen Platz.“, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer vor Kurzem in seiner Regierungserklärung. Man könnte glauben, Deutschland sei seit jeher das Gleichberechtigungsparadies. Ein Blick auf unsere jüngere Geschichte zeigt aber, dass die Gleichberechtigung auch hierzulande noch vor gar nicht allzu langer Zeit alles andere als selbstverständlich war. Und dass sie es bis heute nicht ist.

Schwieriger Neustart für Frauenrechte

Zwar konnten Frauen seit 1919 wählen gehen, gleichberechtigt waren sie jedoch noch lange nicht. In der NS-Zeit wurden Frauenrechte systematisch beschnitten und die Rolle der Frau jeweils dem Bedarf an Arbeitskräften angepasst. 1949 dann die Gründung der Bundesrepublik: Die damals nur vier Frauen im Parlamentarischen Rat zur Ausarbeitung einer Verfassung kämpften mit starkem Gegenwind für die Festschreibung der Frauenrechte im Grundgesetz. Auch durch Proteste außerhalb des Parlaments, vor allem durch Frauenverbände heißt es seit 1949:

"Männer und Frauen sind gleichberechtigt." Art. 3 Abs. 2 GG

Frauen und Männer haben also die gleichen Rechte, zumindest auf dem Papier. Denn mit der Wirklichkeit hat das damals nicht viel zu tun. Der Ehemann entscheidet nicht nur darüber, wo die Frau wohnen darf, Frauen brauchen auch eine Genehmigung des Gatten, wenn sie arbeiten, einen Führerschein machen oder ein Konto eröffnen wollen. Schluss mit dieser strukturellen Bevormundung ist 1958 mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau.1957 hatte das Bundesarbeitsgericht die sogenannte Zölibatsklausel in Arbeitsverträgen für verfassungswidrig erklärt. Bis dahin war es zum Beispiel in Baden-Württemberg noch gang und gäbe, dass Lehrerinnen nicht heiraten durften, denn die die Erziehung anderer Kinder und eine eigene Ehe galten für eine Frau als unvereinbar. Taten sie es dennoch, mussten sie den Schuldienst quittieren

Stück für Stück zu mehr Gerechtigkeit

Bis 1976 mussten Frauen bei der Heirat den Familiennamen des Mannes annehmen. Bis 1977 war laut Gesetz alleinig die Ehefrau für den Haushalt zuständig und sollte nur arbeiten, wenn „sie ihre familiären Pflichten nicht vernachlässigt.“ Bis 1979 gab es keine Polizistinnen in Uniform und mit Waffe. In Bayern dürfen Frauen sogar erst seit 1990 als Streifenpolizistinnen arbeiten. Und erst seit 16 Jahren dürfen sie Soldatinnen werden. Davor war ihnen der Dienst an der Waffe verboten.

Schutz in der Ehe nach jahrzehntelanger Diskussion

Auch die Vergewaltigung durch den Ehepartner war bis vor 20 Jahren kein eigener Straftatbestand. Vergewaltigung als Straftatbestand gab es davor nur als gewaltsamen „außerehelichen Beischlaf“. Bei den wenigen angezeigten Fällen konnte ein Ehemann, der seine Frau vergewaltigt hat, nur der sexuellen Nötigung und Körperverletzung beschuldigt werden, nicht aber der Vergewaltigung. Dem Verbot geht eine jahrzehntelange parlamentarische Debatte voraus. Unter anderem ging es darum, ob es für die Frauen ein Widerrufsrecht der Anzeige gegen den Ehemann geben sollte, was letztlich nicht durchgesetzt wurde. 1997 wird die Vergewaltigung in der Ehe strafbar. Dagegen stimmte unter anderem: Horst Seehofer.

Heute: Gleichberechtigung?

Auch heute kann man noch nicht von einer hundertprozentigen Chancengleichheit von Männern und Frauen sprechen. Letztere haben immer noch in vielen Bereichen mit Nachteilen zu kämpfen. So haben Frauen beispielsweise in allen Altersgruppen ein höheres Armutsrisiko als die Männer. Für die selbe Stelle erhalten weibliche Angestellte immer noch durchschnittlich sieben Prozent weniger Lohn als männliche. Dem entgegen wirken soll das eben verabschiedete „Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen“. Es gibt vor, dass Mitarbeiter in Betrieben mit mehr als 200 Angestellten die Durchschnittslöhne von Kollegen mit der selben Beschäftigung beim Arbeitgeber erfragen können. Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen gibt es immer noch nicht. Und Frauenrechte sind ein hart erkämpftes Gut. 

 

 


 

 

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