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Handball-WM 2017

Keine Bad Boys im TV

Quelle: Sascha Klahn/DHB

Andreas Wolff

Trotz des EM-Titels 2016 für die "Bad Boys" des DHBs gibt es im Fernsehen keine Live-Bilder der bevorstehenden WM. Eine Spurensuche.

Man stelle sich vor die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft spielt nächstes Jahr bei der Weltmeisterschaft in Russland um den WM-Titel, im TV gibt es aber keine Livebilder. Das ist eigentlich undenkbar. Aber genau so ein Szenario erwartet die Handballfans hierzulande – und das nur ein Jahr nach dem sensationellen Gewinn der Europameisterschaft in Polen.

"Hier ist heute etwas Außergewöhnliches passiert. Es ist so schön, man könnte fast heulen. Die Zeit läuft runter und jetzt ist Deutschland Europameister!" Mit diesem Kommentar sorgte Florian Naß vor einem knappen Jahr in den letzten Sekunden des EM-Finals für Gänsehaut. Ein Gefühl, dass viele Fans auch in kommenden Wochen gern wieder hätten, wenn die Handball-WM in Frankreich beginnt. Es gibt dabei jedoch ein Problem: Im TV gibt’s nichts von den Spielen des DHB-Teams zu sehen!

Keinen Bock auf Handball?

Die Situation lässt sich jedoch nicht dadurch begründen, dass die Öffentlich-Rechtlichen oder das Privatfernsehen in Deutschland keinen Bock auf Live-Handball haben. Schließlich sorgte nicht zuletzt das EM-Finale des DHB-Teams gegen Spanien mit zeitweise über 12 Millionen Zuschauern für Traumquoten. Die TV-Sender konnten sich einfach nicht mit der katarischen Mediengruppe "beIN", die die weltweiten Übertragungsrechte der aktuellen WM sowie der WM 2015 und der Frauen-Weltmeisterschaften 2015 und 2017 für den Rekordwert von 80 Millionen Euro erworben hatte, einigen.

Am Geld scheint es jedoch nicht gescheitert zu sein, sondern an der Übertragung selbst - und genau hier wird es kompliziert: „beIN“ fordert, dass bei Übertragungen über Satellit kein Empfang außerhalb von Deutschland möglich ist. Geht auch, dazu müsste man das Signal verschlüsseln – das wäre dieser verkrisselte Screen, welchen man von früher kennt. Das Problem dabei ist: dadurch könnten auch ca. 18 Millionen Satellitenhaushalte in Deutschland die Spiele nicht empfangen - fast die Hälfte aller Fernsehhaushalte in Deutschland.

Ganz neu ist die Situation nicht. Bereits bei der Weltmeisterschaft 2015 gab es wegen ähnlicher Probleme keine Livebilder im Free-TV. Damals sicherte sich Pay-TV-Anbieter "Sky" die Rechte – wie schaut es heute aus? Auch beim Sender aus Unterföhring gibt es keine Livebilder.

Handball kostenlos im Internet - und legal

Und jetzt? Müssen sich Handball-Fans in Deutschland möglicherweise auf die Suche nach illegalen Streams machen, um die Spieler des DHB-Teams zu verfolgen? Nein! Auf YouTube wird es zumindest alle Spiele der deutschen Handball-Herren sowie ausgewählte Matches der WM, wie z.B. das Eröffnungsspiel oder alle Spiele der Ko-Runde, zu sehen geben.

Der Grund dafür ist die Deutsche Kreditbank. Diese ist Sponsor des DHB-Teams und der Handball-Bundesliga, und jetzt auch als Notlösung für die Übertragung eingesprungen! Klingt im ersten Moment etwas skurril, ist laut Oliver Lücke, dem Leiter der Unternehmenskommunikation der DKB Handball Bundesliga, aber enorm wichtig für den Sport:

"Wir hätten uns alle eine Übertragung im linearen TV gewünscht. Bis dato sah es eher so aus als ob die Mattscheibe für Millionen Handball-Fans schwarz bleiben würde. Der Rechte-Erwerb durch die DKB hat dies geändert. Jetzt gibt es ein kostenfreies, nicht registrierungspflichtiges Angebot für alle, die maximal neun deutsche Spiele kommentiert sehen wollen. Hut ab vor dem Kraftakt. Für den deutschen Handball ist die DKB in diesem Zusammenhang ein starker Partner."

Das große Zittern vor dem Blackout

Kurz vor dem WM-Start musste man noch einmal zittern. Plötzlich hieß es, die Übertragung sei in Gefahr und es drohe doch ein Handball-“Blackout“. Hintergrund war eine Ankündigung der Dachorganisation der 14 Landesmedienanstalten. Diese erklärte prüfen zu wollen, ob die geplante Berichterstattung der Bank als Rundfunkprogramm anzusehen und daher eine Sendelizenz notwendig sei.

Dies wurde vor allem strukturell begründet. So zeichnet sich ein klassisches Rundfunkprogramm unter anderem durch eine nach einem Sendeplan geordnete Folge von Inhalten (z.B. weil durch den WM-Spielplan feste vorgegebene Sendezeiten bestehen) sowie einen kuratierten Inhalt (z.B. einen Live-Kommentar, wie die DKB ihn anbieten will) aus.

Noch am selben Tag folgte die Entwarnung: Die Ausstrahlung der DHB-Spiele wird wegen "der besonderen und außergewöhnlichen Einzelfallsituation" geduldet.

Klassische Medien oder Unternehmen als Berichterstatter?

Doch wie sieht es in Zukunft aus? Muss man sich jetzt vor jedem Turnier auf ein Gezerre um die TV-Rechte einstellen? Übernehmen zukünftig verstärkt klassische Unternehmen die Rolle medialer Berichterstatter? Im Fall der Handball-Weltmeisterschaft ist dies noch offen. Die Rechte der WM 2019 werden zwar erst im Laufe des Jahres vergeben, dennoch sieht Lücke Handlungsbedarf für die Zukunft:

"Ich denke, die IHF (gemeint ist die "Internationaler Handball Föderation") wird die TV-Rechte auch in Zukunft an den Meistbietenden vergeben, sodass man auch in den kommenden Jahren so eine Situation zu erwarten hat. Sollte es erneut so kommen, sind vor allem Ideen und Handlungsgeschick der deutschen Sender gefragt, dabei wären die technischen Lösungen sicherlich mit einigem Aufwand verbunden."

Zukünftig ist laut Lücke dabei auch ein stärkerer Konkurrenzkampf um die nationalen Vermarktungsrechte zu erwarten - jedoch nicht allein zwischen klassischen Medienhäuser, sondern auch mit Unternehmen. Dabei spielen gezielte Content-Marketing-Interessen eine Rolle. So sind Übertragungsrechte von Sportveranstaltungen und die damit verbundene Berichterstattung eine attraktive Werbeplattform. Neu wäre auch dieses Szenario nicht. Bekanntestes Beispiel dafür ist sicherlich die "Red Bull"-Tochter "Red Bull Media House GmbH", welche zwischen 2013 und 2016 mit ihrem Sender "ServusTV" als TV-Partner der Deutschen Eishockey-Liga fungierte.

Bevor neue Verhandlungen beginnen, stehen jetzt aber erstmal die Spiele der Handball-WM in Frankreich auf dem Plan. Falls man z.B. die Partien des DHB-Teams sehen will, geht dies das kostenlos auf der Microsite der DKB. Los geht's heute um 20.15 Uhr mit dem Eröffnungsspiel zwischen Frankreich und Brasilien. Die Deutschen Handballer starten dann am Freitag um 17.45 Uhr gegen Ungarn ins Turnier.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
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Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

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