Warteschlange: Fünf Wochen
Wie kann man so verrückt sein, einen ganzen Monat für ein Basketball Spiel anzustehen? Unsere Redakteurin erklärt den Mythos Duke Basketball.
Wie kann man so verrückt sein, einen ganzen Monat für ein Basketball Spiel anzustehen? Unsere Redakteurin erklärt den Mythos Duke Basketball.
Ich schreibe euch heute aus einem Zelt. Ja, ihr habt richtig gelesen, aus einem Zelt. Seit fast vier Wochen campe ich bei Minusgraden an einem Ort, der nach dem legendären Basketball Coach der Duke University benannt ist: Mike Krzyzewski. Warum, möchtet ihr wissen? Nun, dazu muss ich euch noch ein bisschen mehr über mich und Krzyzewski-ville erzählen.
Die ewigen Rivalen: Duke und Chapel Hill
Seit August 2014 absolviere ich ein Auslandsjahr an der Duke University in North Carolina, an der US-Amerikanischen Ostküste. Insbesondere das Basketballprogramm der Universität zählt zu den besten des Landes (hier eine Liste der 18 ehemaligen Duke Blue Devils, die in der aktuellen Saison für NBA-Teams auflaufen). Wie im Fußball, gibt es auch im College-Basketball Derbies, die alle anderen Partien in Sachen Dramatik überschatten. So existiert im amerikanischen Hochschulsport keine größere Rivalität als die zwischen der Duke University und der University of North Carolina, Chapel Hill, auf die schon einst Michael Jordan ging. Die alljährliche Begegnung der beiden Universitäten ist heuer auf den 18. Februar datiert und wie ihr euch vorstellen könnt, ist die Nachfrage nach Tickets gewaltig. Mit etwas über 9000 Plätzen verfügt Duke’s Cameron Indoor Stadium allerdings nicht über genügend Platz, um diese Nachfrage decken zu können. Das ist heute ein Problem und war bereits vor 30 Jahren eines.
Die Anfänge des „Tenting“
Aus diesem Grund hat sich 1986 eine Gruppe von Studenten etwas ganz Besonderes ausgedacht: Sie sind auf die Idee gekommen, sich nicht wie üblicherweise einige Stunden vor Tip-off vor der Basketball-Halle anzustellen, um Plätze für die Partie zu ergattern, sondern bereits zwei Tage vorher Zelte vor der Halle aufzustellen und dort zu übernachten. Ihre Ausdauer wurde mit einem 85-72 Sieg der Duke Blue Devils belohnt und seitdem ist „tenting“, also Zelten, in Krzyzewski-ville eine Tradition. Eine Tradition, der ich mich dieses Jahr angeschlossen habe. Seit 1986 wurde das „tenting“ nach und nach immer stärker professionalisiert, sodass strikte Regeln gibt, an die sich die Studenten zu halten haben.
Schichtbetrieb in der Warteschlange
Krzyzewskiville, also der Ort an dem sich die meisten Sporteinrichtungen auf dem Campus befinden, beherbergt insgesamt 100 Zelte. Ein Zelt umfasst eine Gruppe von zwölf Leuten. Da alle „tenters“ Studenten sind, ist die große Herausforderung von logistischer Natur: Einen Zelt-Schichtplan zu erstellen, der sämtliche Stundenpläne und außerschulischen Aktivitäten aller „tentmates“ berücksichtigt. Denn bis auf einige wenige Ausnahmen, hat zu jeder Tages- und Nachtzeit mindestens eine Person im Zelt bzw. in K-ville zu sein.
Die Übernachtungen
Auch wenn es in North Carolina nicht ganz so kalt ist wie in Deutschland und der Schnee nach wie vor auf sich warten lässt, so kann es hier nachts trotzdem ganz schön zapfig werden. Vier bis sechs Schichten Kleidung plus Schal, Mütze und Winterjacke sind keine Seltenheit. Mein Rekord liegt derzeit bei sechs Oberkörper-Schichten und vier Jogginghosen. Insbesondere als Frau fühlt man sich wahnsinnig sexy, wenn man abends mit Brille und ungeschminkt aus seinem Wohnheim im opulenten Schlabber-Look seinen Weg nach K-ville antritt. „Na hoffentlich begegne ich jetzt nicht einem meiner tinder-matches oder dem süßen Kerl aus meinem Journalismus-Kurs!“ Das sind die Gedanken, die einem da so durch den Kopf gehen.
Zwischen Fluchen und Anfeuern
Aber dann gibt es auch die vielen schönen Momente, in denen man beispielsweise gemeinsam Filme wie „Space Jam“ im Freien guckt, Marshmallows grillt oder sich eine Pizza nach K-ville bestellt. Darüber hinaus lernt man neue Leute kennen und so ein gemeinsames Erlebnis schweißt zusammen. Wenn ich in der Früh um viertel nach zwei nach K-ville stakse, werde ich innerlich wieder fluchen. Aber könnte ich die Zeit zurückdrehen, ich würde es wieder tun. Denn für mich gibt es nichts Schöneres, als in meinem Duke-Trikot diese ehrwürdige Halle, die schon so manchen NBA-Profi hervorgebracht hat, zu betreten und mein Team anzufeuern. Und wenn ich dafür fünf Wochen in einem Zelt verbringen muss, so sei es.
Wer gerne noch ein paar visuelle Eindrücke von Duke Basketball haben möchte, dem empfehle ich, sich folgendes Video anzugucken: