Klimakatastrophe
Dem Untergang geweiht?
Die Bewohner der Pazifikinseln spüren die Auswirkungen des Klimawandels. Ihre Schwimmflügel blasen sie deshalb noch nicht auf.
Es sind die immer gleichen Bilder, die uns beim Thema Klimawandel begegnen, Sturmfluten, von Dürre zerfurchte Landstriche, treibende Eisschollen im arktischen Meer. Aufrütteln sollen sie uns, die Veränderungen des Klimas greifbar machen. Auch die untergehende Pazifikinsel ist ein oft zitiertes Sinnbild, das Südsee-Paradies als tickende Zeitbombe, ein erhobener Fingerzeig gegenüber CO2–emissionsstarken Staaten. Im Diskurs um den Klimawandel wird die Bevölkerung Ozeaniens oft instrumentalisiert. Selbst zu Wort kommen die Menschen selten, obwohl sie einiges zu sagen hätten.
Kontroverse Meinungen über Zukunftsperspektiven
Die Ethnologin Verena Hofmann forscht seit langem in der Region und erlebt dort unterschiedliche Haltungen gegenüber den Veränderungen auf den Inseln. Manche seien bereit, zu handeln, Adaptionsmaßnahmen vor Ort durchzuführen und Hilfe anzunehmen. Sollten die Inseln unbewohnbar werden, wären einige Inselbewohner bereit, zu Verwandten in Neuseeland, Australien oder Amerika zu ziehen. „Andere haben eher eine ignorierende, negierende Haltung, weisen das von sich fort. Sie sagen, die Inseln werden nicht untergehen, wir haben hier schon so lange gewohnt.“ In den Jahrtausenden seit Siedlungsbeginn waren die Einwohner tatsächlich immerzu mit Umweltveränderungen konfrontiert. Oft mussten sich die Menschen anpassen und Lösungsstrategien entwickeln. Auch heute steht die Pazifikregion nicht still.
Vielfältige Lösungsansätze
Gemeinsam mit NGOs, internationalen Verbünden und Kirchengemeinschaften ist die Bevölkerung vor Ort aktiv. Internetauftritte informieren über ihre Aktionen, weltweit wird nach Unterstützung gesucht. Natürlich nutzen die Betroffenen auch das Parkett internationaler Klimaverhandlungen, um die Problematik im Pazifik darzustellen. „Sehr prominent sind diese Inselpolitiker, die Klimawandel zu ihrer argumentativen Ressource gemacht haben, verbunden mit klassischen Inseleigenschaften wie Kleinheit, Isoliertheit, Verwundbarkeit.“ Verena Hofmann beobachtet, dass vor allem die Führungselite mit diesen Zuschreibungen argumentiert. „Sie sagen, weil wir sind klein sind brauchen wir die globale Mithilfe aller.
Ein anderer Teil der Bewohner schöpft Hoffnung aus dem stark christlich geprägten Glauben. Sie geben die Verantwortung an Gott ab, deuten den steigenden Meeresspiegel und die Überflutung ihrer Siedlungen als grundlegendes Problem ihrer Gesellschaft. „Es herrscht die Vorstellung, dass die Natur das widerspiegelt, was der Mensch im Moment lebt“, erklärt die Ethnologin. „Manche Stimmen sagen, wir müssen wieder zu unserer Natur zurückfinden. Wir müssen unsere Gesellschaft zusammenhalten, dann hält auch die Natur wieder zusammen.“
Keine Angst vor einem Atlantis-Szenario in der Südseeheimat?
Wer genau hinsieht, merkt: Die Inselbewohner haben ihre Fühler ausgestreckt, sie feilen aktiv an ihrer Zukunft im Pazifik. Die Hiobsbotschaft der sinkenden Inseln lähmt sie nicht. Sie gestalten ihren eigenen Diskurs - abseits der weltweiten, immer gleichen Medienberichterstattung. Sie reden selbst ein Wörtchen mit, wenn es um die Verhandlung ihrer Heimat geht.