Mansplaining
Erklär mir die Welt- NICHT!
Männer erklären Frauen herablassend die Welt. Das ist Mansplaining - und Sexismus. Männer bekommen das aber oft gar nicht mit.
Wir schreiben das Jahr 2003. Die US- amerikanische Publizistin Rebecca Solnit ist auf einer Party und wird von dem älteren, wohlhabenden männlichen Gastgeber auf ihre Arbeit angesprochen. Ohne seinen Gast zu Wort kommen zu lassen, lässt er sich über ein neues, ausgesprochen wichtiges Buch über den Fotografen Muybridge aus. Was er dabei geflissentlich ignoriert, ist, obwohl ihn sogar Umstehende darauf aufmerksam machen, dass die Autorin des Buches persönlich vor ihm steht. Später stellte sich heraus, dass er das Buch nur aus Rezensionen kannte.
Diese Anekdote beschreibt die Autorin 2008 in einem Essay mit dem Titel „Men Explain Things to Me. Facts Didn't Get in Their Way“. Der Artikel wird in einem Blog veröffentlicht und verbreitet sich schnell im Internet.
„Fräulein“ aus dem Wortschatz streichen
Der Neologismus „Mansplaining“ ist geboren - Männer erklären Frauen ungefragt die Welt. Und das in einer herablassenden, bevormundenden und paternalistischen Art und Weise. Frei nach dem Motto: „Ist ja nett und süß wie du versuchst das zu verstehen, aber jetzt hör mal mir, einem wirklichen Experten zu“.
Wie soll „Frau“ da reagieren? Beim ersten Mal bestimmt verdutzt, überrumpelt. Aber über die Jahre wächst die Wut über die ignorante und vor allem ungerechtfertigte Behandlung.
Irgendwann, nach unfruchtbaren Versuchen, die Klugscheißer im Büro zu erziehen, wandelt sich die Einstellung in Resignation und Passivität um. Diplomatisches Schweigen setzt sich unbemerkt durch. Warum sich über etwas aufregen, was sich so schnell nicht ändern wird? Der Klügere gibt ja schließlich nach. Oder?
Omg. I just realized. Of COURSE God is a woman. That's why the Bible is an entire book filled with men explaining what she said.
— Jen Kirkman (@JenKirkman) June 8, 2016
Mama ist Schuld
Der Fairness halber muss man einwerfen, dass Mansplaining tatsächlich eher unbewusst passiert. Meist steckt hinter dem Verhalten ein traditionelles Rollenbild und die damit einhergehende Sozialisierung. Männer werden nach einer klassischen Männerrolle erzogen. Sie sind es gewohnt, dass sie die Kommunikations- und Deutungshoheit innehaben. Ist die Frau dann zusätzlich noch jünger, steht sie automatisch auf einer niedrigeren Position.
Hinzu kommt, dass sich Frauen und Männer in ihrer Rhetorik unterscheiden und es in der Gesellschaft typisch „weibliches“ und „ männliches“ Verhalten gibt. Sprich, wenn ein Mann schreit, wird er als dynamisch und durchsetzungsstark empfunden. Die Frau hingegen ist gleich hysterisch.
Der Siegeszug des Neologismus „Mansplaining“ lässt sich nicht aufhalten. Auch nicht durch die Kritik, dass das angeprangerte Verhalten nicht zwangsweise mit dem Geschlecht des Sprechers verknüpft ist.
2014 wurde der Ausdruck Wort des Jahres in Australien. Inzwischen findet man das Verb „to mansplain“ im Oxford English Dictionary.
Mehr Anekdoten findet ihr auf Tumblr „Mansplained“. Frauen aus aller Welt berichten auf der Plattform von ihren Erlebnissen.