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Milcheis ohne Milch

Autor(en): Daniel Simon am Sonntag, 22. Mai 2011
Quelle: © William Murphy(infomatique)

Eishersteller versuchen, uns mit den verrücktesten Sorten zu beeindrucken. Forscher vom Fraunhofer Institut haben sich Lupinen-Eis einfallen lassen, ein Milcheis ohne Milch.

Es sieht aus wie Milcheis, fühlt sich an wie Milcheis und schmeckt sogar wie Milcheis. Nur: es ist keine Milch drin. Seit Jahren haben Forscher vom Fraunhofer Institut an diesem milchfreien Eis geforscht, herumprobiert und experimentiert. Inzwischen sind sie zufrieden: Seit diesem Sommer gibt es das Eis mit dem Namen „Lupinesse“  zu kaufen. Seinen Namen verdankt es der blauen Süßlupine, einer Hülsenfrucht, die mit 40 Prozent Proteingehalt eine der eiweißhaltigsten Nutzpflanzen weltweit ist. Ihre Proteine ersetzen die Milch in dem neu entwickelten Eis, erklärt Peter Eisner, der am Fraunhofer Institut als Leiter der Abteilung Verfahrensentwicklung pflanzliche Rohstoffe und Lebensmittel die Entwicklung des Eises betreut hat:

"Das Verfahren ist der Art, dass wir zunächst einmal von den Samen der Lupine die Schalen abtrennen, das Öl abtrennen und das Protein herausziehen über ein wässriges Extraktionsverfahren - und dieses herausgezogene Eiweis dann hernehmen, um daraus eine Lupinenmilch zu machen. Weitere Zutaten kommen  dazu und wenn man dann diese Milch mit entsprechenden Aromen, mit Erdbeeren, mit Schokoladen, mit Nüssen versetzt kann man dann wie aus jeder normalen Milch ein leckeres Speiseeis machen."

Für Leute, die Laktose oder Gluten nicht vertragen, ist das eine Alternative zum Wassereis. Zudem ist es cholesterinfrei. Und es hat noch weitere Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Milch-Eis:

"Pflanzliche Proteine, kann man ungefähr abschätzen,  um eine Tonne Proteine anzubauen brauchen wir ungefähr 1,2 Hektar Fläche. Um tierisches Protein zu erzeugen brauchen wir ungefähr fünf bis zehn Hektar Fläche. Das heißt, weil die Fläche immer knapper wird, weil die Menschen immer mehr Essen, weil es immer mehr Menschen auf der Erde gibt, ist es dringend wichtig, dass wir es schaffen, ein bisschen  wegzukommen von Milch und Fleisch und mehr hinzukommen zu pflanzlichen Proteinen."

Anders als Soja, das ähnliche Eigenschaften wie die Lupine hat, kann diese aber in Deutschland angebaut werden – lange Transportwege fallen also weg.

Da sie wegen ihrer langen Fall-Wurzel auch auf sandigen Böden gut gedeiht, steht sie kaum in Konkurrenz mit anderen Kultur-Pflanzen wie Weizen, Mais und Raps. Ein weiteres Argument für die Lupine ist, dass sie komplett gentechnikfrei ist, denn wegen ihrem hohen züchterischen Potenzial wird sie nur auf natürlichem Wege gezüchtet.

Trotzdem haben die Forscher vom Fraunhofer Institut lange keinen Hersteller für die Verarbeitung der Lupine finden können, die Investitionen für die Verarbeitungsmaschinen sind sehr hoch. Daher haben die Forscher beschlossen, das Eis selber herzustellen. Die neu gegründete Pro Lupina GmbH soll nicht nur das Eis, sondern auch die allgemeine Verbreitung der Lupine vorantreiben.
Derzeit werden von den rund zwölf Millionen Hektar Ackerland in Deutschland nur etwa 20.000 Hektar mit der Süßlupine bepflanzt – vor allem in Mecklenburg-Vorpommern. Die Geschäftsführerin Katrin Petersen glaubt aber fest an das Potenzial der Süßlupine:

"Ich denke, dass wir weit über den einzigen Markt, den wir jetzt bedienen, den Milchersatzmarkt, hinauswachsen wollen. Das soll in verschiedene Branchen gehen: Das ist die Wurst-, Fleischverarbeitung, das ist die Teigwarenindustrie, das ist genauso gut zu sehen in Soßen, Majonaisen, also im Bereich Feinkost. Die Lupine bietet viel mehr Perspektiven.  Wir nutzen nur das Protein. Die Lupine enthält auch andere Inhaltsstoffe. Was man nicht für die Ernährungsindustrie nutzt, kann man genauso gut nutzen für Energie-Erzeugung, auch als Futter in der Tierproduktion. Ich denke, dass wir in drei bis fünf Jahren die Anbauflächen verfünffacht haben sollten."

Sich aus all den Verarbeitungsmöglichkeiten zuallererst auf Eis zu spezialisieren, hatte aber Gründe, erklärt Peter Eisner:

"Eis ist ein besonders anspruchsvolles Lebensmittel, sowohl was die Sensorik, als auch was die Textur betrifft.  Wenn wir mit Brot oder Wurst angefangen hätten, die sind relativ resistent gegenüber irgendwelchen Fehlaromen. Und Lupineneis war für uns eine Herausforderung, weil wir der festen Überzeugung waren, wenn wir es schaffen, ein Lupineneis so hinzubekommen, dass die Leute das mögen, dann schaffen wir das mit allen anderen Lebensmitteln auch."

Bleibt nur noch die Frage offen, ob die Leute das Eis tatsächlich mögen.

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