Foodsharing
Faire Essensverteilung
Die einen haben zu viel, die anderen zu wenig: Essen. Foodsharing-Plattformen sagen deshalb der Wegwerfgesellschaft den Kampf an.
Geographisch gesehen sind vor allem die Regionen Südasien und Afrika südlich der Sahara von großem Hunger betroffen, aber auch Lateinamerika und der Nahe Osten erreichen Werte, die zum Teil als „ernst“ eingestuft werden. Auf die Gesamtbevölkerung gesehen ist der Anteil der Unterernährten in den letzten Jahren zwar gesunken, er liegt allerdings immernoch bei rund 13 % und bildet eben nur einen Durchschnitt ab. In vielen Ländern, die in den letzten Jahrzehnten politische Krisen oder gewalttätige Konflikte erlebt haben, wie zum Beispiel im Sudan, in Liberia oder in Sierra Leone, ist dieser Anteil ungleich höher.
Unabhängig von der Lokalität spielt vor allem ein Faktor eine wichtige Rolle: Ungleichheit. Sei es soziale, wirtschaftliche oder politische Benachteiligung, meistens leiden Menschen, die in diesen Bereichen über die geringste Macht verfügen (Arme, Frauen, indigene Völker), den größten Hunger. Um den Zustand der unfairen Verteilung von Essen zu bekämpfen, gibt es die unterschiedlichsten Herangehensweisen. Nachfolgend haben wir eine kleine Auswahl von Projekten näher beleuchtet, die sich funktionierendes Foodsharing zum Ziel gemacht haben.
Foodsharing-Apps
Die gerechte Essensverteilung scheitert zum Teil auch an der Logistik. Nur verständlich ist daher der Trend zur App. Unsere Smartphones können dank Kartendiensten und stetig aktualisierten Lebensmittelbeständen genau anzeigen, wann und wo man sich welches Essen holen kann. Bei der finnischen Appikation ResQ beispielsweise kann der Nutzer auf ein Netzwerk von Restaurants zugreifen, in denen man sich übrig gebliebene Mahlzeiten in abgepackten Boxen für einen geringen Preis abholen kann. Damit haben sie seit 2016 in über 1750 teilnehmenden Gastronomien circa 83.000 Kilogramm Essen gerettet.
Eine weitere App dieser Sorte ist Too Good To Go. Auch hier wird auf ein Netzwerk aus gastronomischen Betrieben und Kunden gesetzt. Während der Essensverschwendung entgegengewirkt wird und zwar für einen Durchschnittspreis von 3€, entsteht darüber hinaus der nette Nebeneffekt, ständig neue Lokalitäten kennen zu lernen. Eine Win-Win-Situation für die Öko-Bilanz, die Restaurants und den Endverbraucher also.
Natürlich gibt es auch Apps, die den gastronomischen Faktor außen vor lassen und stattdessen eine Community für Privatpersonen errichten wollen. Bei OLIO können die Speisen direkt an der Haustür des jeweiligen Spenders abgeholt werden. Sozusagen Foodsharing für die Nachbarschaft.
Organisationen und Initiativen
Eine der bekanntesten Organisationen ist Foodsharing e.V.. Seit 2012 ist hier eine Bewegung mit inzwischen über 200.000 registrierten NutzerInnen und 25.000 freiwilligen HelferInnen entstanden. Neben dem direkten Austausch der Nutzer untereinander, liegt ein Fokus dieser Initiative auf den sogenannten „Fair-Teilern“. Das sind auf einer Karte verzeichnete Orte mit Kühlschränken oder Regalen, in die man seine überschüssigen Lebensmittel bringen kann und andere diese dann kostenlos mitnehmen können. Will man noch mehr tun, kann man zum „Foodsaver“ werden und sich direkt um die Verteilung der Waren von den verschiedenen Geschäften auf „Fair-Teiler“, Tafeln oder Privatpersonen kümmern. Bislang kooperiert Foodsharing e.V. mit über 3000 Betrieben.
Vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gibt es die Initiative Zu gut für die Tonne!. Diese hat sich vor allem der Aufklärung und der Bewusstseinsförderung verschrieben. Auf ihrer Website und App kann man daher von kreativen Rezepten für Übriggebliebenes über Tipps zur längeren Haltbarkeit von Lebensmitteln bis hin zu Videos über die Gründe und Ausmaße von Essensverschwendung alles finden. Darüber hinaus werden Aktionstage in über 10 deutschen Städten veranstaltet und herausragende Projekte mit dem Bundespreis für Engagement gegen Lebensmittelverschwendung ausgezeichnet. In Kooperation mit Greentable, dem Infoportal für nachhaltige Gastronomieangebote, hat man außerdem die Aktion „Restlos genießen“ ins Leben gerufen. Sie soll Restaurants animieren, ihren Gästen das Einpacken von Speisen aktiv anzubieten und gleichzeitig soll das Stigma des Mit-Nach-Hause-Nehmens durch einheitliche und schön gestaltete Boxen entkräftet werden.
Lokale Läden und Aktionen
Neben sozialen Einrichtungen wie der Münchner Tafel, die wöchentlich unter dem Motto „Verteilen statt vernichten“ über 120.000 kg einwandfreier Lebensmittel an ihre Tafelgäste verteilt, steigt die Anzahl der Geschäfte, die sich Regionalität und Nachhaltigkeit verschrieben haben. Auch diese Attribute sind wichtig, will man in den nächsten Jahren die gerechte Essensverteilung nach vorne bringen.
Ein gutes Beispiel hierfür liefert das Berliner Geschäftsmodell SirPlus, das die überschüssigen Lebensmittel von verschiedenen Groß- und Einzelhändlern, Produzenten, Logistikern und zukünftig auch Bauernhöfen bezieht und anschließend im Laden weiterverkauft. Baldmöglichst soll auch ein Online-Shop entstehen, der die sogenannten „Retterboxen“ deutschlandweit auf die Reise schicken würde.