Interview mit Wanda
Wanda will leben
Die Band Wanda macht keinen Austropop, sie macht Amore. Ob in Bologna, Wien oder bei uns im Studio.
Sie wissen es selbst, wir wissen es: Wanda werden bald „scheiße berühmt sein“. Ihr Debutalbum „Amore“ ist hochgelobt. Schon im September diesen Jahres wird das zweite Album nachgeschoben. Derweil touren sie durch Österreich und Deutschland, bis Kaffee und Zigaretten nicht mehr gegen den Schnaps vom vorherigen Abend helfen. Sie sind mit Kraftklub unterwegs und fünf mal für den Amadeus Award nominiert. Und trotzdem plagt sie der Weltschmerz - vielleicht auch deshalb, weil es bei uns nur Wasser zu trinken gab.
Schubert, Mozart und Falco - alle drei Österreicher sind auf der Höhe ihres Erfolgs gestorben, bevor sie so richtig viel damit verdienen konnten…Ziepts bei euch schon im Zeh?
Christian: „Wir wollen leben. Wenn wir nicht leben, können wir keine Konzerte spielen. Tot sein ist glaub ich langweilig.“
Stichwort Falco - ihr wisst wahrscheinlich schon, was jetzt für eine leidige Frage kommt: Ihr werdet oft mit dem Austropop der 70er und 80er Jahre verglichen - Wie findet ihr den Vergleich?
Marco: „Wir sind halt post post post post modern. Ich glaube den Leuten fällt einfach nichts besseres mehr ein - das ist irrsinnig bedauerlich. Wir machen Popmusik mit Amore.“
Popmusik ist für viele Musiker beinahe ein Schimpfwort - habt ihr keine Probleme mit dem Begriff?
Marco: „Naja wir haben keine reichen Eltern. Wir wollen schon unsere Miete bezahlen mit unserem Handwerk.“
Ihr macht also Popmusik mit Amore. Euer Debutalbum heißt Amore - in einem Interview habt ihr einmal gesagt, dass Amore als Begriff wichtiger ist als die Marke Wanda. Was ist euch so wichtig an Amore?
Marco: „Ich bin heiser, ich kann nicht soviel reden.“
Christian: „Manu?“
Manuel: „Ich habe ein einfaches Hirn.“
Marco: „Ich glaube, worums wirklich geht ist das Ritual eines Konzerts. Das ist ein sicher schon 34.000 Jahre altes Ritual. Da datiert sich die erste Flöte, die man ausgegraben hat. Es ist ein wesentliches Ritual, ein wesentliches gesellschaftliches Ritual und ich glaube, das ist Amore. Diese Konzerte sind große Gefühle bei uns. Im Publikum sowie auf der Bühne. Die Welt ist sehr friedlich, wenn wir spielen. Kurz - und dann ist sie wieder hässlich und dann leben wir wieder mit der Tragik der Geschichte. Aber das löst sich auf, wenn wir spielen.“
Hört sich so an als würde euch arg der Weltschmerz plagen…
Marco: „Ich glaube, alle Kunst beschäftigt sich entweder mit der Lebensfreude oder der Unmöglichkeit der Lebensfreude. Mehr gibts gar nicht. Überhaupt im menschlichen Ausdruck gibts nicht mehr.“
Lasst uns über die Wiener Musikszene sprechen - die ist derzeit recht vielfältig, wenn man an Kreisky, Bilderbuch, den Nino aus Wien und euch denkt. Wird Wien bald die Stadt, in die Bands gehen, um sich ein Publikum zu verschaffen?
Marco: „Ich finde, man sollte als junger Mensch immer dahin gehen, wo man verliebt ist. Wenn man an etwas anderes denkt, ist man wahnsinnig wahrscheinlich…“
Christian: „Es gibt schon eine sehr breit gefächerte Szene in Wien. Ob es jetzt unbedingt eine gute Startrampe für ambitionierte junge Bands ist, weiß ich nicht. Dafür geht das noch nicht lang genug.“
Wie lang geht das denn schon?
Marco: „Ich würde sagen, das geht 6 Monate ehrlich gesagt - dass sich die Medien so öffnen - jetzt muss man schauen, wo es hinführt. Ich will das Versprechen als Wiener Musiker noch nicht glauben. Kann auch sein, dass man uns wieder fallen lässt relativ bald. Und dann stehen wir da und haben immer gesagt: In Wien ist es jetzt so toll, kommt alle nach Wien. Ich liebe die Stadt natürlich, abgesehen auch von der Musikszene…Wir bewegen uns eigentlich in gar keiner Musikszene. Mit Nino aus Wien haben wir eine Freundschaft, aber sonst ist da eigentlich relativ wenig.
Ihr seid eher für euch?
Christian: „Eher für uns. Wir sind sehr finstere Gestalten.“
Noch ein kleiner Schwenk ins Aktuelle: Ihr habt in Österreich die FPÖ, wir haben die AfD und Pegida. Habt ihr Sorgen, dass es euch so ergeht wie Casper, dass euer Lied aus dem Zusammenhang gerissen wird und populistische Gruppen es instrumentalisieren?
Marco: „Das ist eine interessante Frage. Natürlich, weil jetzt werden wir berühmt und wahrscheinlich irgendwann scheiße berühmt. Wir haben aber noch keine klare Position. Ich wurde schonmal gefragt, ob ich ein Anti-Pegida-Lied schreibe. Habe ich abgelehnt - aber mehr als einmal. Ich will mich da nicht wirklich positionieren. Ich glaube, dass unsere Musik sich selbstverständlicherweise mit unserer Zeit, in der wir leben auseinandergesetzt und sie wird aufgeladen, wie sie will. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man uns in irgendeiner Art und Weise ins rechte Lager ziehen kann - kann ich mir nicht vorstellen. Ist schwierig, ist wirklich gefährlich, muss man aufpassen - aber man kann das immer berichtigen. Deppert ists, wenn man tot ist. Das ist natürlich furchtbar. Aber solange wir leben, werden wir brüllen, wenn irgendein Pegida ein Lied von uns singt.“
Und leben wollt ihr, wie wir anfangs schon festgestellt haben, noch lang. Hat uns gefreut.