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Nahkampf am Trödeltisch

Autor(en): Christoph Eichholz am Mittwoch, 30. März 2011

Es ging um die Ehre. Beim letzten Event-Flohmarkt Nachtkonsum kämpften zwei M94.5-Redakteure in einem Verkaufswettbewerb um den Sieg. Mit allen Mitteln.

Die Regeln waren schnell vereinbart. Zwei Redakteure bekommen jeweils eine Hälfte von einem Biertisch auf dem Flohmarkt „Nachtkonsum“, und dann wird um die Wette verkauft. Wer am Ende mehr Geld eingenommen hat, hat gewonnen. Und der Verlierer blamiert sich. Und zwar richtig. Nur wie? Ausziehen und Flitzen ist nicht gerade was fürs Radio. Ekelwürmer á la Dschungelcamp essen auch nicht. Außerdem gibt’s bei letzterem ja noch ein paar offene  Fragen bezüglich Tierschutz und Niveau. Was gibt´s also noch?

Der Karaoke-Effekt

Jeder, der mal bei einem Karaokeabend war, weiß, dass öffentliches Singen eine Blamage vom Feinsten ist. Und dann auch noch On Air. M94.5 ist nicht CNN, aber fünfstellige Hörerzahlen traut man uns schon zu. Also ungefähr genauso viel Publikum, wie in die Olympiahalle passt. Bei einer Niederlage ein Liedchen über den Äther trällern zu müssen, sollte den Kampfgeist der Teilnehmer also voll entfachen.

Die  Auserwählten für diese Aktion, Christoph Eichholz und Christina Lenzen aus der Kulturredaktion, ziehen am Tag der Wahrheit in den Kampf. Und der wird zur Materialschlacht. Dafür hat Christina gesorgt. Während Christoph praktisch und dynamisch mit einer Ikeatasche voll Trödel anrückt, lässt sich Madame vier Umzugskartons voller Krimskrams in die Tonhalle liefern. „Ich habe eine Facebook-Gruppe gegründet, damit mich meine Freunde mit Trödel versorgen, oder als Käufer vorbeikommen“. Ihr Kontrahent wirkt konsterniert.

Masse gegen Klasse

„Ich wittere da eine grobe Unsportlichkeit“ gibt er zu Protokoll. Allein es hilft nichts, denn das Reglement besteht nur aus einem Einzeiler: Wer mehr verkauft gewinnt- und der Verlierer muss singen. Alles Weitere ist nicht geregelt. Bevor Nachtflohmarkts-Wettverkäufe olympisch werden können, gibt’s also noch eine Menge zu reglementieren. Auch gegen Christinas Bonbonoffensive, bei der sie potentielle Käufer mit kostenlosem Süßkram besticht, ist ihr Wettbewerber machtlos. Da lamentieren nicht weiterhilft, zieht er ein letztes Ass aus dem Ärmel- bzw. aus dem Rucksack. „Das sind die Tipps für den schneidigen Verkäufer von heute“ - erklärt er in jungdynamischer Stimmlage und präsentiert ein paar verknitterte Zettel - „und zwar die besten, die ich in 30 Minuten Internetrecherche finden konnte.“

Einige davon habe er bereits umgesetzt, etwa das gepflegte Auftreten. „Ich habe mich heute Morgen sogar geduscht“, erklärt er, nicht ohne Stolz, „und zweimal schamponiert.“ Damit hat das Duell eine Dimension dazugewonnen. Nämlich Masse gegen Klasse.

Ein Untergang in Würde

Christoph studiert die Wundertipps für angehende Verkaufsasse nochmal eingängig. Anschließend zeigt er eine tadellos offene Körperhaltung und lächelt permanent und charmant. Nach wenigen Minuten wird ihm aber noch einmal schlagartig klargemacht, dass er auf verlorenem Boden kämpft. Nachdem seine Gegnerin ihrer Produktmassen auf ihre Tischhälfte geschaufelt hat, verliert der Biertisch das Gleichgewicht und kippt- zu ihrer Seite. Das ist wohl kein gutes Zeichen für Sportsfreund Christoph.

Er wirkt dann auch leicht nachdenklich, als er seine 20 Habseligkeiten wieder dekorativ platziert. „Ich denke sie hat ungefähr hundertmal mehr Sachen als ich. Das wird auf jeden Fall schwer.“ Außerdem hadert er mit seinen Verkaufsweisheiten. „Ich verstehe nicht ganz, warum da immer pro aktiv steht. Ich dachte immer das hätte was mit Joghurt und Darmbakterien zu tun.“ Aufgeben will er aber nicht. „Auf gar keinen Fall. Ich sehe das hier auch als eine Art Training- für den Fall etwa, dass aus meiner Medienkarriere nichts wird. Auf dem Arbeitsmarkt muss man sich heute schließlich gut verkaufen können. Dass ist das Allerwichtigste. Wenn man das kann, muss man z.B. nur noch lernen, wie man Tachos zurückdreht- und schon kann man Gebrauchtwagenhändler werden.“

Und so lächelt er engagiert gegen seinen sicheren Untergang an. Und der kommt auch. Nach der Auszählung liegt er hinten. Doch er bewahrt zunächst Haltung, erkennt seine Niederlage an und gratuliert seiner Kontrahentin, bevor er dann aber noch eine Reihe von Ausflüchten zu Protokoll gibt. So versucht er etwa,  einen Zusammenhang zwischen Christinas Bestechungsbonbons und Doping herzustellen: „…das läuft alles über Sucht- und dieses Dopamin-Endorphin-Zeugs im Hirn ab…“. 

Der „Trödler der Herzen“

Nachdem sich seine Aufregung gelegt hat, kann Verlierer Christoph der Ansprache seiner Gegenspielerin lauschen. Die Dopingvorwürfe weist sie entschieden zurück. Zucker sei zwar höchstwahrscheinlich suchterregend, aber andererseits auch Opium fürs Volk. Daher sei es ungerecht, Ihren Zuckereinsatz zu verurteilen, und führende Zuckerlobbisten wie Thomas „Goldbär“ Gottschalk frei herumlaufen zu lassen.“ Außerdem, betonte sie, dass es auf die Wirkung des Zuckers wahrscheinlich gar nicht ankäme. „Beim Griechen kriegt man ja auch immer Uozo und beim Bankberater Kaffee aus der Kaffeepadmaschine. Das schmeckt beides furchtbar, aber man freut sich trotzdem wenn man was umsonst bekommt.“ Aber danach findet sie auch Worte der Anerkennung für den unterlegenen Gegner. „Christoph, Du hast immerhin 18 von den 20 Sachen, die du mitgebracht hasst, verkauft. Das sind 90 Prozent! Hätte ich das geschafft, wäre ich heute Abend reich geworden. Du hättest vielleicht daran denken können dir ein bisschen mehr Material zu beschaffen- aber für mich bist du der Trödler der Herzen.“

Doch Herzen hin Trödel her- abgemacht ist abgemacht. Sportsmann Eichholz hat sich für Westernhagen entschieden- dass Ergebnis ist hier- zum Nachhören. Diesen Umstand hat Christoph Eichholz übrigens auch bemäkelt: „Abgemacht war, dass man sich einmal blamiert, und nicht für alle Ewigkeit im Internet. Scheiß Fortschritt.“

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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