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M94.5 Theaterkritik

Cybermobbing back in 2011

Autor(en): Miriam Fendt am Dienstag, 20. März 2018
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Quelle: Marco Gierschewski

Homevideo im Marstall

Mit „Homevideo“ zeigt das Junge Resi im Marstall schlichtweg ein energieloses Spiel zwischen Nullerjahre-Nostalgie und Filmkopie.

Jakob ist ein filmbegeisterter Jugendlicher, der seine Lebenswelt und die seiner Mitmenschen am liebsten mit der eigenen Videokamera festhält. Das Gerät ist überall dabei – bei den schönen, aber auch bei den anstrengenden und traurigen Ereignissen im Leben des 15-Jährigen. So begleitet ihn die Kamera auch während der Trennung seiner Eltern. Als er sich zum ersten Mal so richtig in seine Mitschülerin Hannah verliebt, dokumentiert er seine sich verändernden Gefühlswelten mit Hilfe seines unvoreingenommenen, schweigenden Ansprechpartners. Dabei filmt er sehr intime Geständnisse und Handlungen, die eigentlich nicht für die Außenwelt gedacht sind. Als sie zufällig in die Hände seiner Mitschüler fallen, beginnt der Druck auf Jakob zu wachsen. Er wird von seinem Klassenkameraden Henry erpresst und kann trotz der Hilfe seiner Eltern die Veröffentlichung der Videoaufnahmen im Internet nicht verhindern.

​Digital ist besser?

Das Stück basiert auf dem deutschen Fernsehfilm „Homevideo“ von 2011. Der Jakob-Darsteller konnte durch seine eindrucksvolle schauspielerische Leistung auch einige Preise gewinnen. Mit der Bühnenversion bringen die Jugendlichen der intergroup des Residenztheaters eine überzeitliche Thematik auf die Bühne: Die Problematik des Lebensraums Internet, in dem Mobbing vor allem durch die Anonymität der Täter und die schnelle Verbreitungsgeschwindigkeit bedingt ist. Wie gefährlich, einnehmend und verstörend die Konsequenzen von Cybermobbing sein können, zeigen sowohl der Film als auch die aktuelle Bühnenversion leider nur auf eine sehr plakative, oberflächliche Weise.

​Hey Digga, das ist ein Dokument der Vergangenheit

Genauso entwicklungsstark wie das Internet und die digitalen Errungenschaften sind auch deren Userinnen und User. Die auf der Bühne dargestellte Jugendsprache, die Kleidung der stark stereotypisierten Peergroup und die Darstellungen von Chaträumen und sozialen Netzwerken werden der Lebendrealität der heutigen Jugendgeneration in keiner Weise gerecht, stecken in ihrer ICQ- und Schulbuch-Ästhetik irgendwo Ende der Nullerjahre fest.  Das macht „Homevideo“  zu einer plakativen Kopie des Fernsehfilms von 2011. Keineswegs wegen der schauspielerischen Leistung der jungen Darsteller*innen, sondern allein wegen der unzureichenden Aktualität  Es scheint, als wären die beteiligten Jugendlichen nicht in die Erarbeitung der Inszenierung einbezogen worden. Das Regiegespann aus Anja Sczilinski und Mia Constantine hat damit leider einiges an Diskussionspotenzial für Jugendliche verschossen und liefert eher Gesprächsstoff für die nächsten Elternabende der städtischen Gymnasien.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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