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Mit der Jungfrau auf dem Dach

Quelle: © Arsenal Filmverleih

„Die Jungfrau, die Kopten und ich“ ist ein neues Schmuckstück der Dokumentation und noch dazu Culture-Clash vom Feinsten.

Dokumentarfilme galten lange als verstaubt. Das verstaubte Image erstrahlt jedoch längst in neuem Glanz. „Die Jungfrau, die Kopten und ich“ ist so ein neues Schmuckstück der Dokumentation und noch dazu Culture-Clash vom Feinsten.

Namir Abdel Messeeh ist Filmemacher. Ursprünglich kommen er und seine Familie aus Ägypten, wohnen jedoch schon jahrelang in Frankreich. Von seiner ursprünglichen Herkunft inspiriert, beschließt Namir einen Film über die Marienerscheinungen der koptischen Minderheit in Ägypten zu machen. Seine Mutter ist nämlich koptische Christin und überzeugt davon, auf einem Video aus ihrer ägyptischen Heimat eine Erscheinung der Jungfrau Maria gesehen zu haben. Das macht Namir neugierig und er beginnt zu recherchieren.

Seit Jahren tauchen immer wieder mysteriöse Erscheinungen von weiß erleuchtenden Frauen auf. Namir, der schon jahrelang in Frankreich lebt, ist sich nicht sicher, ob er dem ganzen Mariengerede Glauben schenken kann. Kurzerhand zieht er los in seine alte Heimat Ägypten, um dort nach der Wahrheit zu suchen.

Gegrüßet seist du, Maria

Es folgt eine Reise voller kurioser Ereignisse. Der neugierige Filmemacher findet Menschen, die eine Marienerscheinung bezeugen können. Schließlich gibt es aber auch solche, die es nicht gerne sehen, dass da einer aus Frankreich kommt und als Zweifler in den großen Wundern ihres Glaubens herumstochert. Namir reist weiter und landet zuletzt in seinem koptischen Heimatdorf. Herzzerreisend unterhaltsam wird das Ganze dann spätestens hier. Es kommt zu einem bunten Familien- und Culture-Clash – die ursprüngliche Idee der Marienerscheinungen auf die Spur zu kommen, droht zu scheitern. Doch Namir liegt sein französischer Produzent im Nacken. In ein Wirr-Warr der Familienzusammenführung stolpert dann auch noch Namirs wunderbar komische Mutter, die die Sache in die Hand nimmt! Mit ihrer Hilfe und ihrer Rolle als Vermittlerin zwischen den Kulturen und Einstellungen gelingt das Projekt des Dokumentarfilms dann doch noch.

Ein unterhaltsamer Film, der sich aber über niemanden lustig macht

Was den Dokumentarfilm so authentisch werden lässt, sind die autobiographischen Züge, die besonders in der Begegnung mit Namirs Verwandten eine wichtige Rolle spielen. Hier sitzt Namir beispielweise mit seiner alten Großmutter in deren baufälligen Haus und redet mit ihr über ihre unterschiedlichen Leben. Der Unterschied ihrer Lebensweisen könnte an einem maroden Ort wie diesem nicht deutlicher sein. Namir Abdel Messeeh ist auch im Film der Regisseur und die leitende Figur, der den Zuschauer, in Szenen wie dieser, an die Hand nimmt und durch den Film begleitet. So schafft der Film durch den subjektiven Blick des Regisseurs eine außergewöhnliche Nähe zum Zuschauer.

Mit viel Emotionen kein oberflächlicher Dokumentarfilm!

Was Regisseur Messeeh hier in seinem Langfilmdebüt schafft, ist ein Dokumentarfilm der etwas anderen Art. Zwischen Familie und der Kunst des Filmemachens entsteht ein charmanter Kinofilm, der auch die filmische Manipulation des Dokumentarfilms aufzeigt. Am Ende bleibt die Marienerscheinung in der Tat aus und die wäre für seinen Dokumentarfilm über das Phänomen doch sehr wünschenswert. Kurzerhand wir das Ganze in Eigenregie vom Heimatdorf nachgestellt. Wahnsinnig amüsant zeigt der Film eine Vielzahl an thematischen Ansätzen aus einem Land der Gegensätze. Zwischen Kopten und Christen, Jung und Alt und Altem und Neuen ist dieser Film der etwas andere Dokumentarfilm für jeden. Trotzdem bricht die Geschichte nicht auseinander, da das Thema der Marienerscheinung einen roten Faden durch den Film zieht.

Jeder findet in diesem Film seine eigene Botschaft

In all seiner subjektiven Färbung schafft Regisseur Messeeh viele visuelle und emotionale Einblicke in die ägyptische Kultur – und so bekräftigt er auch: „Ich habe einen Film gemacht, der mir gleicht. Er erzählt über Ägypten, über Christen, über Wurzeln. Ich wollte, dass das Publikum versteht, was mich an Ägypten und an meine Familie bindet. Am Ende einer Filmvorführung in Kairo ist ein ägyptischer Priester zu mir gekommen und hat gesagt: ,Dieser Film ist ein Spiegel Ägyptens. Jeder kann darin seine eigene Wahrheit lesen.“ In diesen Worten liegt viel Wahrheit darüber, welchen Eindruck dieser Film beim Zuschauer hinterlässt. Durch die unterschiedlichen thematischen Ansätze lässt sich schließlich für jeden eine individuelle Botschaft aus dem Film ins eigene Leben transportieren.

Platte des Monats

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Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
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Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
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