Die investigative Artbeit eines Journalisten, verbreitet mit die Mitteln Hollywoods.

Die Grundlage des Films Philomena ist Martin Sixsmiths Buch „The Lost Child of Philomena Lee“. Die Ergebnisse, die der Journalist und Autor in diesem Buch präsentiert, sind es sicherlich Wert durch das Medium Film weitere Verbreitung zu finden. Statt durch eine Dokumentation geschieht das jetzt in Form eines Dramas. Und das hat seine Vorteile. Eine Dokumentation liefert zwar Belege, aber erst ein hochgejazzter Kinofilm hat die nötige Wirkung auf ein Millionenpublikum. Die Story ist gut, die Schauspieler überzeugend und der Film hat neben dem eigentlichen Drama eine sympathische Ladung an Witz und Humor. Was aber wirklich hängen bleibt, ist der Hinweis auf die wahre Geschichte - den Skandal. Damit verbunden die Wut, die ganz real in einem aufsteigt und natürlich die Frage nach Vergebung, die selbst höchst christlich ist.

Wer glaubt, dass Tebartz-van Elst und die Art und Weise, wie die katholische Kirche ihr Geld ausgibt skandalträchtig ist, der sollte sich besser nicht fragen, wie sie dieses Geld überhaupt erst beschafft hat.

Die Kirche und der Kinderhandel

Auslöser des Films war ein Artikel des Guardian vom 19. September 2009 mit dem Titel „The catholic church sold my child“. Der Artikel beschreibt wie Martin Sixsmith die über 70 Jährige Philomena kennen lernt und von ihrer Geschichte hört.

In ihrer Jugend wurde Philomena unverheiratet schwanger. Das war im Irland der 50er Jahre noch eine große Sünde. Also wurde sie ins Kloster gesteckt, wo sie dann auch ihr Kind gebar. Sowohl Philomenas Arbeitskraft, als auch ihren Sohn betrachtete die katholische Kirche als ihr Eigentum und nach drei Jahren verkaufte sie das Kind kurzerhand an den Meistzahlenden. Das Kloster setzte im weiteren Verlauf alles daran die Kontaktaufnahme zwischen Mutter und Sohn zu verhindern.

Der Journalist Martin Sixsmith beschließt Philomena zu helfen ihren Sohn zu finden und die Geschichte zu veröffentlichen. Dabei entdeckt er, dass Philomenas Schicksal kein Einzelfall ist, sondern Teil eines strategisch aufgezogenen katholischen Kinderhandels.

Der Komiker Steve Coogan las den Artikel und sah darin das Potential für ein Drehbuch. Also nahm er Kontakt mit Martin Sixsmith und der echten Philomena auf und brachte das Filmprojekt ins Rollen. Ausgerechnet ein Komiker legte so den Grundstein für die Verfilmung einer realen Tragödie.

Wenn Drama auf einen Spassvogel trifft

Vielleicht liegt es gerade an Steve Coogan, dass der Film Philomena dem Trend der Dramögie folgt - der ausbalancierten Mischung aus Drama und Humor. Ein interessantes Genre, weil man sich trotz trauriger Schicksale wohlfühlen kann. Es ist so eine Art Feel-Good-Drama. Und obwohl man schmunzelt und lacht, während die Untaten der katholischen Kirche aufgedeckt werden, sitzt die Anklage. Die Wut, die durch die Offenlegung dieser Taten entsteht, wird durch die Lacher nicht geschmälert. Denn obwohl der Film zeigt, dass aus den Opfern der Kirche keine selbstbemitleidenden Heulsusen wurden, sondern starke, lebensfrohe Charaktere, schlummert dahinter auch eine bittere Erkenntnis. Nämlich die, dass die Kirche eigentlich Kraft und Lebensfreude verspricht, diese in vielen traurigen Fällen aber voraussetzt, um ihre Taten zu ertragen.