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Der Star aus "The Social Network": Jesse Eisenberg im Interview

"Schauspielern ist Selbsttherapie!"

Autor(en): Elisabeth Kagermeier am Mittwoch, 10. Juli 2013
Quelle: 2013 Concorde Filmverleih GmbH

Jesse Eisenberg

US-Schauspieler Jesse Eisenberg im Interview über Magie, sein Nerd-Image und sein Desinteresse an fertigen Filmen.

Ein Interview mit jemandem führen, der eigentlich Interviews hasst? Challenge accepted! Im M94.5-Interview spricht Jesse Eisenberg über Magie, sein Nerd-Image und darüber, warum er nie Filme schaut. Sein endgültiger Durchbruch gelang ihm 2010 mit der Rolle als Facebook-Erfinder Mark Zuckerberg in „The Social Network“, für die er für einen Oscar und einen Golden Globe nominiert wurde. Jetzt kehrt er in seinem nächsten Blockbuster zurück: dem Thriller „Die Unfassbaren – Now You See Me“. 

Wir wollen euch das komplette Interview natürlich nicht vorenthalten - deswegen gibt es hier neben der gekürzten Hörversion das Gespräch in seiner vollen Länge zum Nachlesen.

 
M94.5: Du bist ja zum ersten Mal in München, warst du schon im Biergarten?
 
Jesse Eisenberg: Nein, aber ich habe andere Leute beim Biertrinken im Englischen Garten gesehen, sah nach Spaß aus! Manche Leute hatten Biergläser in der Größe meines Oberschenkels! Wie heben sie diese Riesenbiere nur noch? Ich habe keine Ahnung!
 
M94.5: Das Geheimnis heißt Muskelkraft!
In „Now You See Me“ spielst du Atlas, einen Magier. Glaubst du an Magie?
 
Jesse Eisenberg: Magie ist beeindruckend, ja. Aber ich war zum Beispiel noch nie im „Magic Castle“, weil ich Kalifornien meide und L.A. hasse.
 
M945: Was hat dich an deinem Charakter fasziniert, als du das Drehbuch gelesen hast?
 
Jesse Eisenberg: Als ich das Skript bekommen habe, habe ich gerade in einem Theaterstück in New York einen verzweifelten, nervösen Charakter gespielt, der sich selbst hasst. Mein Charakter in „When you see me“ ist das Gegenteil: ein arroganter, selbstverliebter Bühnenperformer. Und ich dachte: Ich muss den spielen, dann therapiere ich mich selbst und fühle mich wieder gut. Und so habe ich in diesem Film gespielt und mich richtig gut gefühlt. Anschließend habe ich einen besorgten Geschäftsmann gespielt und mich wieder richtig schrecklich gefühlt.
 
M94.5: Bist du dann wie ein Chamäleon, das statt der Farbe die Stimmungen der Charaktere übernimmt?
 
Jesse Eisenberg: Alle meine Gefühle sind durch die Arbeit bedingt. Diesen Film habe ich genossen, weil mein Charakter sich liebt und ich mich dann auch. Ich fühle immer das, was die Figur fühlt.
 
(Jesse Eisenberg kann seine Hände nicht vom Aufnahmegerät lassen)
 
M94.5: Du musst leider damit aufhören, das Mikrofon anzufassen.
 
Jesse Eisenberg: Was passiert dann?
 
M94.5: Man hört das auf der Aufnahme!
 
Jesse Eisenberg: Oh! Sorry sorry sorry! Wenn ich nichts anfasse, dann drehe ich durch! Kann ich deinen Stift haben?
 
M94.5: Na klar!
 
Jesse Eisenberg: Danke, jetzt ist es besser.
 
M94.5: Das Spezialgebiet von Atlas sind Kartentricks. Hast du beim Dreh selbst auch Tricks gelernt?
 
Jesse Eisenberg: Ich habe viele Tricks gelernt, die meine Figur im Film macht. Und ich weiß, wie die schwierigen Tricks funktionieren, aber die kann ich nicht umsetzen – das bräuchte jahrelange Übung. Meine Figur Atlas ist der größte Magier der Welt, er hat 25 Jahre lang jeden Tag geübt – und ich hatte nur einen Monat. Also kann ich unmöglich so gut sein wie er. 
 
M94.5: Verwendest du deine Tricks jetzt dann auch wie Atlas, um Frauen zu beeindrucken?
 
Jesse Eisenberg: Magie ist zwar beeindruckend, aber auch trügerisch, man lügt Leute an. Ich weiß nicht, ob Frauen gerne angelogen werden, aber die Frauen in meinem Leben hassen es. Sie mögen es, wenn man ihnen die Wahrheit sagt. Und selbst wenn du ihnen die Wahrheit sagst, denken sie, du lügst.
 
M94.5: Nervig, oder? Ich finde, „Now You See Me“ hat für einen Actionfilm ziemlich viele Charakterrollen. Lässt sich da eine Veränderung im Genre der Actionfilme erkennen?
 
Jesse Eisenberg: Ja! Als ich das Skript gelesen habe, habe ich gedacht: Das ist eine tolle Möglichkeit für die Schauspieler! Ich war der Erste, der unterschrieben hat. Als der Regisseur Louis Leterrier mir gesagt hat, wen er sich für die anderen Rollen vorstellt, war ich überwältigt von dem Cast. Am Set könnte es bei so einem Actionfilm auch langweilig sein – aber mit den besten Schauspielern der Welt an seiner Seite kommt einem sogar das Rennen und über Mauern springen wie Schauspielern vor. 
Ich fand den Film cool, weil sie großartige Schauspieler casten wollten, obwohl der Plot so interessant ist und es das nicht gebraucht hätte.
Aber ansonsten habe ich keine Ahnung von Filmen und kenne die Trends nicht! Ich schaue keine Filme und auch kein Fernsehen.
 
M94.5: Ist denn auch irgendwas Seltsames am Set zu so einem magischen Film passiert?
 
Jesse Eisenberg: Für mich schon. Ich habe Michael Cane immer geliebt – es war etwas seltsam, dass mein Charakter im Film so herablassend ihm gegenüber ist, obwohl ich ihn eigentlich so bewundere. Aber nach „Now you see me“ habe ich in England in einem Film gespielt, bei dem er Produzent war. Am Set haben wir uns besser kennengelernt und jetzt geht’s mir besser damit.
 
M94.5: Hast du zur Vorbereitung auf die Rolle irgendwelche Zauberkünstler wie David Copperfield getroffen?
 
Jesse Eisenberg: Ja, ich habe wirklich David Copperfield getroffen, der war beeindruckend! Aber der Magier, der mir alles für den Film gezeigt hat, war David Quank. 
 
M94.5: Die Magier im Film betreiben ja nicht hauptsächlich wegen Geld ihre Kunst. Hast du auch so einen Antrieb bei etwas?
 
Jesse Eisenberg: Die Charaktere stehlen Geld von korrupten Businessmännern und geben es den Leuten zurück. Sie sind die Robin Hoods der Magier. Weißt du noch, wie der Feind in den Robin Hood Filmen hieß?
 
M94.5: Sheriff of Nottingham!
 
Jesse Eisenberg: Als Schauspieler bin ich wie der Sheriff of Nottingham!
 
M94.5: Ich dachte eher an Gutes, das du persönlich tun willst.
 
Jesse Eisenberg: Oh, ich mache nur böse Sachen. Ich schmeiße meine Glasflaschen in den Restmülleimer anstatt die Recycling-Tonne. Nein, ich denke, ich tue auch Gutes, will aber nicht arrogant sein. Sagen wir einfach: Wohltätigkeitssachen.
 
M94.5: Neben dem Schauspielern schreibst du auch selbst – zum Beispiel für den New Yorker und auch Theaterstücke. Warum schreibst du keine Drehbücher für Filme?
 
Jesse Eisenberg: Nein, ich liebe es Theaterstücke zu schreiben. Man hat viel mehr Kontrolle. Wenn du ein Drehbuch schreibst, ändern andere Autoren wieder alles. Das ist schrecklich! Bei einem Theaterstück kann keiner ein Wort verändern.
Als ich jünger war, hab ich Filmskripte geschrieben und kalifornische Firmen haben sie gekauft. Sie haben mir solche Nachrichten geschickt: Kannst du diese Person fieser machen und diese netter? Wenn du es geändert hast, sagen sie: Und kannst du diese Szene in einem Zoo statt einem Restaurant stattfinden lassen? Also schauen die Figuren Tiere an anstatt sie zu essen. Und die Firma sagt: Toll! Und du: Also macht ihr den Film? Und sie: Nein! Da denk ich mir: Warum habe ich das alles gemacht?
 
M94.5: Wenn du selbst auch Autor bist: Wie wichtig ist dir die Qualität von einem Film, in dem du mitgespielt hast?
 
Jesse Eisenberg: Total unwichtig! Ich schaue keine Filme, auch keine, in denen ich mitspiele. Es interessiert mich nicht, wie sie ankommen, das ist nicht meine Verantwortung. Dafür sind der Regisseur und die Produzenten zuständig. Ich hoffe natürlich, dass sie gut sind, weil ich so neue Chancen auf Rollen bekomme. Ich konzentriere mich auf das Schauspielern – wenn das vorbei ist, denke ich nie wieder dran. Manchmal habe ich gedacht, dass ich großartig war und dann mag mich in dem Film keiner. Oder ich fand mich grauenvoll und will, dass der Film nie gezeigt wird. Und dann bekomme ich eine Auszeichnung dafür. Das ist noch viel verwirrender! Deswegen habe ich aufgehört, Filme zu schauen und mich für die Qualität zu interessieren.
 
M94.5: Was macht dann deine Freude am Schauspielern aus?
 
Jesse Eisenberg: Ich mag die erlösende Erfahrung, sich in eine Figur reinzudenken und in sicherem Umfeld emotional zu werden. Früher habe ich in der Schule immer geweint und die Leute haben mich nur schief angeschaut. Aber wenn ich eine traurige Rolle spiele, ist es okay traurig zu sein – es ist Teil der Rolle.
 
M94.5: Wie hilft dir das Schauspielern im Leben?
 
Jesse Eisenberg: Schauspielern ist wie eine Selbsttherapie!
 
M94.5: Wenn du schon keine Filme und kein Fernsehen schaust, bist du dann mittlerweile in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter aktiv? Immerhin hast du Mark Zuckerberg gespielt.
 
Jesse Eisenberg: Nein, weil ich eh schon durch meine Filme und Interviews in der Öffentlichkeit stehe. Wenn ich die Straße entlanggehe, halten mich Leute an und sagen Hallo oder noch Schlimmeres. Deswegen will ich nicht heimgehen und weiter über mein Leben reden. Ich will nicht, dass die Leute zu viel über mich wissen. Die Tatsache, dass ich Interviews machen muss, ist schon demütigend genug. Außer das hier natürlich. Zurück zu Facebook und Twitter: Vor einer Minute habe ich das gemacht und jetzt mache ich jenes! Ich hätte keine Ahnung, was ich schreiben soll.
 
M94.5: Wann hast du dich dann zum letzten Mal selbst gegoogelt?
 
Jesse Eisenberg: Mit neunzehn! Da kam mein erster Film raus. Und ich dachte: Oh mein Gott, wie aufregend! Ich will wissen, was darüber geschrieben wird! Also habe ich mich gegoogelt und die fiesesten Sachen über mich gelesen, die ich je über einen Menschen gelesen habe. Ich habe den Computer ausgemacht und es nie wieder gemacht.
 
M94.5: Warst du nicht auch 19, als du in „Sex für Anfänger" deinen ersten Filmkuss von Jessica Beals bekommen hast?
 
Jesse Eisenberg:  Das war eine sehr seltsame Erfahrung! Der Filmdreh ging insgesamt mit 19 Drehtagen sehr schnell! Aber die Kussszene mussten wir zwei Nächte lang drehen. Ich weiß nicht wieso! Alle anderen Szenen hatten wir in einer Viertelstunde im Kasten. Also musste ich diese wunderschöne, erwachsene Frau zwei Nächte lang küssen – ich bereue keine Minute davon. Ihr hat es glaube ich auch gefallen, Jahre später hat sie mich angerufen... (Telefon klingelt) Das ist sie jetzt wahrscheinlich!
 
M94.5: Du hast eben schon über deine Beziehung zur Öffentlichkeit gesprochen. Wie schwierig ist es dann für dich, den Ausgleich zu finden zwischen dem Wunsch nach Aufmerksamkeit und gleichzeitig dem Verlangen, allein zu sein?
 
Jesse Eisenberg: Du hast gerade die existentielle Krise aller Schauspieler zusammengefasst. Zur selben Zeit wollen sie Aufmerksamkeit und in Ruhe gelassen werden. Und sobald sie alleine sind, fühlen sie sich mies. Das Schlimmste ist, mit anderen Schauspielern darüber zu reden. Hast du kein Aufmerksamkeitsbedürfnis, weil deine Eltern dich geliebt haben? Willst du nicht alleine gelassen werden?
 
M94.5: Hattest du nach dem Erfolg mit „The Social Network“ Angst, dass du nur noch für  diesen bestimmten Nerd-Typ und Rollen als hochintelligenter Außenseiter angefragt wirst?
 
Jesse Eisenberg: Oh mein Gott, ich würde liebend gern für so interessante Rollen typisiert werden! Aber es gibt nicht viele solche intensiver Rollen. Die meisten Filme handeln von alltäglichen Dingen. Nach dem Film habe ich nach mehr solchen Rollen Ausschau gehalten. Aber leider... ich weiß auch nicht wieso...
 
M94.5: Du spielst aber nicht nur sehr gern intelligente Rollen – man sagt, du hast auch selbst einen ziemlich hohen IQ...
 
Jesse Eisenberg: Ich war ein dummes Kind. Jetzt bin ich schlau! Mit fünfzehn habe ich viel Zeit mit meinem Vater verbracht, einem College-Professor. Da bin ich schlau geworden, das hat mein Leben verändert. Ich hatte eine totale Erkenntnis der Welt. 
 
M94.5: Vielen Dank, Jesse Eisenberg!
 
Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

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