Best Of
Serien-Highlights 2016
Zwischen den Jahren ist zwischen den Staffeln: Wir nutzen die “stade Zeit” zum Serienschauen. Ein Rückblick auf unsere TV-Lieblinge des Jahres.
Wir nähern uns dem Ende des Jahres und damit wird es Zeit, von deiner Lebkuchen-Sucht wegzukommen - aber woher die Ersatzsubstanz nehmen? Wir haben eine bunte Tüte voller Vorschläge, wie du die restlichen Feiertage bequem und zuckerfrei vor dem Bildschirm verbringst: Unsere ganz subjektiven Serien-Lieblinge des Jahres. Nicht kompatibel mit guten Vorsätzen zur Prüfungsvorbereitung.
Arrow (The CW, 5. Staffel)
Seit vier Staffeln kämpft Oliver Queen alias Green Arrow im DC-Universum mit Cape, Pfeil und Bogen gegen das Böse und den Untergang seiner Stadt Star City. Und spannend geht es auch in der fünften Staffel weiter. Als neuer Bürgermeister kämpft er nun auch ohne Cape gegen das Böse, allerdings kollidieren seine Aufgaben als Bürgermeister oft mit seiner geheimen Identität als Green Arrow.
In der neuen Staffel von "Arrow" darf man nicht nur auf einen neuen Superschurken gespannt sein, der die Macht in Star City übernehmen will, sondern auch auf einige Cross-Over. Oliver Queen und Barry Allan alias The Flash sind schon einige Male aufeinander getroffen und haben gemeinsam gekämpft. In Staffel fünf trifft Oliver Queen aber auch auf Supergirl und die Helden von Legends of Tomorrow.
Oliver Queen ist ein Superheld, der auch ohne Superkräfte auskommt, und das macht ihn so besonders. Nur mit Pfeil und Bogen sorgt er für Recht und Ordnung in seiner Stadt und natürlich mit der Hilfe seiner Freunde. Wir dürfen gespannt sein, wie sich Oliver in den Cross-Overs zwischen all den anderen Superhelden mit ihren Superkräften schlägt. rs
Better Call Saul (AMC, 2. Staffel)
Jeder, der "Breaking Bad" gesehen hat, kennt Saul Goodman: den Anwalt, dem Kriminelle vertrauen. Dem wurde mit "Better Call Saul" eine eigene Serie gewidmet, die erzählen soll, wie aus dem jungen Anwalt Jimmy McGill das bekannte Alter Ego Saul Goodman wird. Doch die erste Staffel brachte eher neue Fragen als Antworten. Und auch in der zweiten Staffel wird dem Zuschauer noch nicht verraten, was zur Verwandlung geführt hat. Aber das ist eher ein Grund zur Freude, denn es bedeutet, dass es noch viele Folgen von dieser großartigen Serie geben wird.
In der letzten Staffel war es stellenweise etwas gewöhnungsbedürftig, Jimmy ständig dabei zuzusehen, wie er alles in den Sand setzt. Das hat sich spätestens zu Beginn der zweiten Staffel erledigt. Man ist mittendrin im Leben des charismatischen Anwalts und freut sich schon fast darauf, dass er wieder einen typischen Jimmy-Move bringt und alles vermasselt, nur um sich dann doch wieder irgendwie heraus zu winden. Sogar der Streit zwischen Jimmy und seinem Bruder, der in der letzten Staffel noch eher fad war, wird immer interessanter, weil sich dieser bis zum Ende der Staffel extrem zuspitzt. Und für alle, die die Serie nur wegen des Mannes fürs Grobe, Mike, schauen: Auch hier wird noch einmal richtig Gas gegeben, so dass man sich endlich im "Breaking Bad"-Universum angekommen fühlt. Und das nicht nur, weil die Staffel mit einem gnadenlosen Cliffhanger endet. tw
Black Mirror (Netflix, 3. Staffel)
Wie Technologie die Menschheit und ihre Umwelt verändert, sei es positiv oder negativ: So lässt sich der Plot der Serie Black Mirror beschreiben. Recht viel detaillierter geht es auch gar nicht, denn die Folgen sind in sich geschlossen und erzählen alle eine ganz eigene Geschichte in einer anderen Realität. Außerdem besteht jede Episode aus einem anderen Cast.
Nach zwei Staffeln im britischen Fernsehen ist im Oktober die dritte Staffel mit sechs neuen Folgen in Spielfilmlänge auf Netflix erschienen. Und es ist beinahe unmöglich, sie nicht alle hintereinander am Stück zu schauen. Als Zuschauer ist es faszinierend und beängstigend zugleich, wie diese Serie den Umgang mit Handys und Computern in der Zukunft beschreibt. Da geht es dann um Virtual Reality in Computerspielen oder um gescheiterte Versuche, Technologien mit künstlicher Intelligenz im Krieg einzusetzen.
Selbst als großer Verfechter von sozialen Medien und Smartphones lässt man diese größtenteils erschreckende Darstellung auf sich wirken und fängt an, über die Folgen von dauerhaftem Scrollen auf Facebook oder Instagram nachzudenken. Was macht Technologie mit uns? Wie verändert sie uns? Welche Erfindungen könnten schon in naher Zukunft real werden? Genau diesen Fragen versucht Black Mirror auf den Grund zu gehen. Eine Serie, die einen auch noch lange nach der letzten Folge beschäftigt. sl
Bojack Horseman (Netflix, 3. Staffel)
Inzwischen hat es sich herumgesprochen: "Bojack Horseman" ist zwar ein Cartoon über ein sprechendes Pferd, aber damit noch lange nicht bescheuert. Zumindest nicht nur bescheuert. Tatsächlich bietet die Serie mehr emotionalen Tiefgang als so manche vermeintlich ernste Spielfilmproduktion und schafft den spektakulären Drahtseilakt zwischen scharfer Satire und menschlichem Drama. Und das, ja, mit animierten Tieren. Wieso auch nicht?
Nachdem der abgehalfterte Fernseh-Star und Zyniker Bojack nun also endlich den Durchbruch geschafft hat, stellt sich die Frage: Was jetzt? Was bleibt ihm noch an Sinn im Leben, wenn der Oscar dann endlich gewonnen ist? Zwischen diversen Skandalen, Abstürzen, Insider-Witzen und Schockmomenten bleibt auch die dritte Staffel erschreckend authentisch für eine Animationsserie und schnell ist vergessen, dass es sich um gemalte Tiere handelt, die hier eine existenzielle Krise nach der anderen erleben. Denn das ist bei all dem Chaos in und um Hollywood wirklich noch am wenigsten absurd. Nur das emotional erschöpfende Finale der Staffel schmeckt ein bisschen nach Déjà-vu: Hatten wir das nicht schon mal? Bisher hat sich "Bojack Horseman" kaum wiederholt und blieb durchweg mitreißend, witzig und originell. Dabei war diese Staffel ein bisschen weniger bissig und stellenweise fast schon verträumt-poetisch. Wohin wird sich der Cartoon also entwickeln? Gerüchten zufolge wird die fünfte Staffel noch bis zum Sommer 2017 auf sich warten lassen. nc
Bosch (Amazon, 2. Staffel)
Schon spannend, aber doch ein bisschen zu plastisch. Das war der Vorwurf an die sonst gelungene erste Staffel von "Bosch", der Amazon-Krimi-Serie nach den Romanen von Michael Connolly. In der zweiten Staffel fehlt dagegen nichts an Dynamik: Unterschiedliche Geschichten laufen lange parallel, vermischen sich plötzlich und gehen dann wieder auseinander. Das gilt auch für die Protagonisten. Endlich wird auch ihre innere Vielfalt gezeigt und sie sind nicht mehr so dichotom, wie es in der Debütstaffel der Fall war.
Die Zuschauer stehen sehr oft Dilemmas gegenüber und müssen für sich entscheiden, wie sie die Aktionen der Helden beurteilen oder ob sie sie überhaupt beurteilen wollen. Genau das hatte in der ersten Staffel gefehlt. Das haben die Macher von "Bosch" verstanden und man kann sich schon auf die nächste Staffel freuen. fc
Daredevil (Neflix, 2. Staffel)
Die zweite Staffel um den maskierten Rächer Daredevil (Charlie Cox) macht fast alles richtig. Anders als noch in Staffel eins gibt es dieses Mal keinen Ober-Schurken, dafür aber viele neue Charaktere, von denen fast alle überzeugen. Jon Bernthal, der bei "The Walking Dead" noch gehörig auf die Nerven ging, ist der perfekte Punisher. Elodie Yung sieht als Elektra um Längen besser aus als Jennifer Garner in der grausigen Film-Adaption "Daredevil" aus dem Jahr 2003 und sogar Wilson Fisk (Vincent D'Onofrio) bekommt einen Kurzauftritt, der es in sich hat.
Noch besser als in Staffel eins: Die Cliffhanger am Ende jeder Folge. Hier wird es jedes Mal so spannend, dass man mit dem Streamen eigentlich nie aufhören will. Einzig den Handlungsstrang um die japanische Vereinigung "Die Hand" hätte man sich sparen können. Hier folgt ein Stereotyp aufs nächste und die Serie bekommt einen übernatürlichen Touch, den sie eigentlich gar nicht nötig hätte. Hier quält uns Marvel doch sowieso schon mit "Jessica Jones", "Luke Cage" und bald auch mit "The Iron Fist". Für diejenigen, die über japanische Hokus-Pokus-Rituale hinwegsehen können oder sogar Spaß daran haben, liefert die Serie jedoch wieder alles, was sie liefern muss. Unglaubliche Actionsequenzen, schnelle Dialoge und die raue, brutale Atmosphäre, die bei so manchen Marvel-Adaptionen auf der Strecke bleibt. fm
Designated Survivor (ABC, 1. Staffel)
Eigentlich stehen in dieser Serie keine Wahlen in den Vereinigten Staaten von Amerika an, aber trotzdem kommt es zu einem Führungswechsel im Weißen Haus. In der neuen Serie "Designated Survivor", die in Deutschland bis jetzt nur auf Netflix zu sehen ist, wird Wohnungsbauminister Thomas Kirkmann, gespielt von Kiefer Sutherland, gegen seinen Willen zum mächtigsten Mann der Welt. Denn er ist der einzige Überlebende des Kabinetts, nachdem alle anderen Kongressmitglieder und höheren Führungsämter bei einer Explosion im Kapitol ums Leben kamen.
Die Serie fesselt den Zuschauer vom ersten Moment an, denn Sutherland versteht es, seinem Charakter einen sympathischen Touch zu geben, der einen sofort das Beste für Thomas Kirkmann hoffen lässt. Man fiebert bei den schweren Entscheidungen mit, die ihm nun als Präsident bevorstehen. Denn Aufgaben hat er mehr als genug. Terror, Rassismus, Betrug und dazu die Sorgen um seine eigene Familie lasten schwer auf seinen Schultern. Die erste Staffel einer Serie, von der man gerne mehr anschaut. ah
Dirk Gentlys holistische Detektei (Netflix, 1. Staffel)
Diese brandneue Netflix-Serie werdet ihr hassen – oder lieben. Schon in der ersten Folge wird klar: "Dirk Gentlys holistische Detektei" ist etwas strange. Aber wer trotzdem weiter schaut, wird mit einem absolut spannenden Plot belohnt. Mit im Gepäck sind außerdem sehr markante und außergewöhnliche Charaktere – allen voran Dirk Gently selbst.
Wem der Name des Protagonisten bekannt vorkommt, hat diesen wahrscheinlich schon in Romanen von Douglas Adams gelesen, aus dessen Feder unter anderem auch "Per Anhalter durch die Galaxis" stammt. Der total exzentrische Privatdetektiv Dirk Gently ermittelt nicht mit Fakten, sondern holistisch. Das bedeutet, er verwendet einen ganzheitlichen Ansatz: Seine Lösungen ergeben sich, während er sich durch die Welt bewegt. Dabei ist Dirk Gently jedoch nicht alleine. An seiner Seite befindet sich sein etwas unfreiwilliger Assistent Todd, gespielt von Ex-Herr-der-Ringe-Frodo Elijah Wood.
Insgesamt ist die Serie vor allem anfangs sehr verwirrend. Doch gerade das ist ihr großes Plus, denn sie ist kein bisschen vorhersehbar. Es gibt mehrere Handlungsstränge, es ist jede Menge Übernatürliches und Bedrohliches im Spiel und auch an Toten mangelt es nicht. Fazit: Anders, aber auf eine gute Art. ep
Familie Braun (ZDF, 1. Staffel)
2016 hat das ZDF den Sprung ins Internet gewagt – mit der Miniserie "Familie Braun". Kai und Thomas sind Neonazis und leben zusammen in einer WG. Ihre ganze Wohnung ist voller Flaggen und Bilder von Adolf Hitler und Eva Braun. Eines Tages klingelt es an der Tür und davor steht eine Frau aus Eritrea mit einem sechs Jahre alten Mädchen, das Ergebnis eines One-Night-Stands. Der Vater muss sich ab jetzt um das Mädchen Lara kümmern, die Mutter wird abgeschoben und von da an knallen zwei Welten aufeinander.
Für diese Miniserie musste das ZDF ganz schön viel Kritik einstecken. Dabei funktionieren die sechsminütigen Clips von "Familie Braun" sehr gut. In der kurzen Zeit gibt es eine Pointe nach der anderen und die Witze werden nicht bis zum Erbrechen ausgereizt. Die Charaktere sind relativ oberflächlich gestaltet, aber bei Einzelepisoden von nur sechs Minuten kann man keine tiefgründigen Figuren erwarten. Und so wird in kurzer Zeit die absurde Weltsicht der beiden Jungs aufs Korn genommen und durch Lara entlarvt, wenn sie sich zum Beispiel zum Schulfasching als Marienkäfer verkleidet und das Kostüm aus der ehemaligen Reichsflagge bastelt.
"Familie Braun" ist politisch unkorrekt, will aber auch gar nicht korrekt sein, sondern die absurde Weltsicht aufdecken und zeigen, dass die Protagonisten eigentlich austauschbare Figuren sind, die weder wissen, wogegen sie eigentlich sind, noch warum. rs
Gilmore Girls: Ein neues Jahr (Netflix)
Es war das Revival des Jahres. Nach neun Jahren Stille brachte Netflix Ende November vier neue Folgen der Kultserie "Gilmore Girls" raus. Die 90-minütigen Folgen sind an den vier Jahreszeiten orientiert und zeigen, was aus Rory, Lorelai und den Bewohnern von Stars Hollow neun Jahre später geworden ist. Der Hype um das Revival war groß, die Erwartungen der Fans riesig.
Auch wenn sich einige Stimmen sehr kritisch zu der neuen Staffel "Ein neues Jahr" äußern, ist sie für echte "Gilmore Girls"-Fans ein Muss. Leider hadert die zielstrebige Yale-Absolventin Rory ganz schön mit ihrem Leben und die große Karriere als Journalistin blieb offenbar aus. Ein Highlight ist dafür Rorys beste Freundin Paris Geller, die für unzählige Lacher sorgt. Genauso wie Lorelais Mutter Emily Gilmore, die nach dem Tod ihres Mannes Richard durch eine Midlife-Crisis geht und ihr neues Ich entdeckt.
Die originale, schlichte "Lalala-Musik" wird durch emotionale Songs ergänzt und es ist ein deutlicher stilistischer Unterschied zwischen den Folgen zu sehen. Denn die Autoren Amy Sherman-Palladino und ihr Mann Daniel Palladino haben sich die vier Folgen untereinander aufgeteilt und dementsprechend unterschiedlich umgesetzt. Auch wenn die Fortsetzung zu Beginn etwas angestrengt wirkt, ist es einfach unglaublich unterhaltsam zu sehen, wie sich die verschiedenen Bewohner aus Stars Hollow über die Jahre verändert haben. js
Goliath (Amazon, 1. Staffel)
Der einstige Star-Anwalt Billy McBride ist ein kompletter Versager geworden. Dann wird ihm angeboten, eine einzige Klägerin gegen eine ganze Waffenfirma zu verteidigen und bei ihm macht es wieder Klick. Diese Idee ist sicher keine frische Erfindung. Dennoch ist Amazons brandneue Anwaltsserie "Goliath" keine Sekunde langweilig, weder in der Handlung noch in der Entwicklung der Protagonisten. Ein Twist folgt dem anderen und die Zuschauer sind fast gezwungen, die Geschehnisse aktiv zu verfolgen.
In den acht Folgen passiert recht viel, jedoch bekommt man nie das "Too-Much"-Gefühl. "Goliath" ist eine unglaublich spannende Anwaltsserie, die auch Nicht-Fans des Genres mitreißen kann. Definitiv ein Serien-Highlight dieses Jahres – mit einem sehr genießbaren Psychedelic-Rock-Soundtrack. fc
Horace and Pete (LouisCK.net, 1. Staffel)
Louis C.K. wird den meisten wohl als US-amerikanischer Stand-Up-Comedian bekannt sein. Jedoch zeigte er mit seiner halbbiografischen Serie "Louie" schon, dass er auch ein sehr begabter Schreiber und Regisseur ist. Im Januar 2016 veröffentlichte Louis C.K. dann ohne Ankündigung eine neue Miniserie namens "Horace and Pete". Diese ist auf viele Arten außergewöhnlich. Zunächst verzichtete er auf die Zusammenarbeit mit einem Studio und trug die Kosten komplett selbst. Die Serie an sich hat eine kammerspielartige Ästhetik, es erzeugt das Gefühl, dass man nicht vor dem Bildschirm sitzt, sondern direkt im Theater. Außerdem ist die Serie erstklassig besetzt, mit Louis C.K., Steve Buscemi und Edie Falco in den Hauptrollen und vielen Gastauftritten.
In der Handlung geht es im Kern um die Familie Wittel, die nun seit 100 Jahren die mittlerweile heruntergekommene Bar "Horace and Pete's" in Brooklyn, New York betreibt und sie von Generation zu Generation weitervererbt. Anders als man es vielleicht von Louis C.K. erwarten würde, ist die Serie überhaupt nicht komisch sondern tatsächlich tieftraurig. Obwohl man an vielen Stellen einfach laut auflachen muss, der Absurdität der Situation geschuldet. Man muss es Louis C.K. hoch anrechnen, dass er den Mut hatte, aus dem Netflix-Amazon-Einheitsbrei auszubrechen und etwas tatsächlich Neues und Eigenes zu kreieren. "Horace and Pete" ist im Serienjahr 2016 vielleicht ein eher unbeachteter Underdog, aber für den wahren Serien-Connaisseur ein unglaubliches Muss! nm
House of Cards (Netflix, 4. Staffel)
Das unteilbare Atom amerikanischer Politik, das Aufeinandertreffen zweier Naturgewalten: Selten vereint ein Ehestreit so viele Extrema wie der der Underwoods. Das fiktive Präsidentschaftspaar erinnert gerne an Shakespeares Macbeths und steht nun in der neuesten Staffel endlich im Zentrum allen Geschehens, und das unter ähnlich dramatischen Begleitumständen. Neben dem unbestrittenen Gesicht des internationalen Netflix-Erfolgs, Kevin Spacey, glänzt Robin Wright nun umso mehr als machthungrige Matriarchin, die langsam den Bezug zu sich selbst verliert. Währenddessen muss Präsident Frank Underwood gegen die modernen Wahlkampfmethoden im Zeitalter des Internets ankommen.
Natürlich kennt auch diese Staffel trotz diverser unerwarteter Wendungen ihre Längen, aber diese unaufgeregte Erzählweise ist es, die "House of Cards" ausmacht - und das ästhetische Erbe von Regisseur David Fincher sieht man dem düster entsättigten Weißen Haus weiterhin an. Gerade das so simple und doch wahnsinnig intensive Finale macht ungeduldig auf neue Folgen. Die fünfte Staffel wird für Frühjahr 2017 erwartet. nc
Humans (Channel 4, 2. Staffel)
In unseren Alltag halten immer mehr Roboter Einzug, sei es der selbstständige Staubsauger fürs Wohnzimmer, die intelligente Kaffeemaschine - oder eben die vielen elektrischen Protagonisten auf der Leinwand. Bevor "Westworld" die emotional befähigten Androiden massentauglich machte, waren sie ohne Cowboy-Hut bereits im englischen Fernsehen unterwegs: als sogenannte "Synths", synthetische Menschen, die ihren Besitzern den Alltag erleichtern sollen. Bis sich ein Virus ausbreitet, der sie plötzlich denken und fühlen lässt - und ihnen bewusst macht, dass die Welt mehr zu bieten hat als ein Sklavenleben ohne Würde. Die zweite Staffel taucht hier noch tiefer in die Materie ein und zeigt die weltweiten Folgen davon, wenn ein längst etabliertes und für den Menschen sehr bequemes System langsam in sich zusammenbricht.
Trotz des bescheidenen Budgets kommt "Humans" schick und geschmeidig daher und behandelt die ganz großen Fragen, ohne dabei jemals plump vorzugehen: Was ist denn nun ein Mensch? Und was unterscheidet ihn von künstlicher Intelligenz? Verdient auch ein künstlicher Mensch die gesetzlichen Menschenrechte? Vor allem dank der großartigen schauspielerischen Leistung des Kern-Ensembles bleibt die Welt von "Humans" stets authentisch - denn sie bewegt sich in einer uns gar nicht so fernen Zeit. nc
Lucifer (Fox, 2. Staffel)
Als riesiger Fan von "The Mentalist" und "Elementary" hat man entsprechend hohe Ansprüche und Erwartungen an neuen Krimi-Serien, vor allem an Mordfall-Kommissare mit speziellen Persönlichkeiten. Dann schlägt Amazon Prime Video eine neue Serie vor – "Lucifer". Erste Szene: Ein Typ im Anzug sitzt in einem Oldtimer-Cabrio und fährt durch Los Angeles. Das Beste daran ist die Musik. Der Oldie-Style passt wie die Faust aufs Auge und man ist quasi sofort süchtig. Und das ohne irgendwelche Handlung gesehen zu haben!
Aber auch die kann sich mehr als sehen lassen. Der Engel Lucifer soll als Teufel die Hölle regieren. Dieser Job langweilt ihn und so entscheidet er, eine Auszeit zu nehmen – aber wo? Na, auf der Erde, in der Stadt der Engel. Schnell wird ihm jedoch klar, dass er weiterhin die Bösen bestrafen möchte. So schließt er sich dem LAPD an und verfällt zu seiner eigenen Überraschung der gutaussehenden Detective Chloe Decker. Die Hauptrollen sind mit Tom Ellis als aalglattem, aber zugleich unglaublich sympathischen Lucifer und Lauren German als zielstrebiger Polizistin top besetzt. Der biblische Hintergrund und die Fähigkeit Lucifers, den Menschen ihre tiefsten Sehnsüchte zu entlocken, bringen neuen Schwung in die Serienwelt und neues Suchtpotential vor die Bildschirme. Ein kleines aber feines Detail: Der Soundtrack beinhaltet besonders viele Lieder, die mit dem "Devil" selbst zu tun haben. Die zweite Staffel ist auch schon angelaufen – dem Teufel sei Dank! jr
Mr. Robot (USA Network, 2. Staffel)
Die erste Staffel ließ den überwältigten Zuschauer ein wenig ratlos zurück: Revolution - und jetzt? Überraschungserfolg "Mr. Robot" hat mit seiner zweiten Staffel noch einige Knaller mehr in petto, verlangt allerdings genauso viel Aufmerksamkeit und Geduld wie zuvor. Denn Plot Twists à la "Fight Club" wollen verdient sein.
Vorsicht, Spoiler: Wer die erste Staffel gesehen hat, weiß, dass der Protagonist und in sich hinein murmelnde Antiheld Elliot psychische Probleme hat und deshalb nicht alles so ist, wie es scheint. Einen unzuverlässigen Erzähler nennt man das. Dessen verzerrte Sicht der Dinge hat es in sich und deshalb wartet die zweite Staffel auch mit einer weiteren großen Enthüllung auf, die quasi sofort zum nochmaligen Anschauen aller Folgen drängt. Denn "Mr. Robot" ist clever und damit auch anspruchsvoll: So wie die Hacker mit ihrer Cyber-Revolution, die den schier regellosen Kapitalismus Amerikas stürzen wollen, so hinterlassen auch die Serienmacher immer wieder kleine Hinweise und Geheimnisse, die es zu lösen gilt. Dafür gab es bereits diverse Auszeichnungen, und das nicht nur für den unverkennbaren Hauptdarsteller des Thrillers, Rami Malek. Wer die neuen Folgen (voraussichtlich 2017) nicht abwarten kann, kann sich die Zeit vertreiben mit der interaktiven App und Elliots verschollenem Tagebuch. nc
Narcos (Netflix, 2. Staffel)
Dir sind die meisten aktuellen Serien zu unrealistisch? Da schwirren nämlich entweder Drachen im Himmel herum oder der klassische Held-Schurke-Konflikt leitet die Geschichte? Dann ist "Narcos" vielleicht etwas für dich. In bisher zwei Staffeln erzählt die Netflix-Serie von den kolumbianischen Drogen-Kriegen Ende des letzten Jahrhunderts. Zentrale Figur in "Narcos" ist der berüchtigte Kartellführer Pablo Escobar. Groß angelegter Kokain-Schmuggel in die USA machte den Kriminellen zu einem der reichsten Menschen der Welt. Die aktuelle zweite Staffel konzentriert sich auf die Jagd nach dem berüchtigten Schmuggler.
Die Genialität der Serie entfaltet sich zum Bespiel in der ambivalenten Darstellung des kolumbianischen Drogen-Bosses: In einer Szene verteilt Escobar großzügig Geldscheine im Armenviertel von Medellín. In der nächsten erschießt er kaltblütig einen Abtrünnigen aus seinem Kartell. Zugegeben, "Narcos" ist brutal. Aber die Serie braucht genau diese unbeschönigte Darstellung von Gewalt, um zu wirken. Die Szenen-Wechsel vom Familienidyll zu Massenhinrichtungen erschrecken, schaffen aber gleichzeitig eine bedingungslos ehrliche Atmosphäre. Besser kann eine fiktive Nacherzählung realer Ereignisse kaum sein. mb
Suits (USA Network, Staffel 6)
Reiche Anwälte in New York, die die Interessen großer Firmen vertreten. Klingt erst mal langweilig, ist es aber nicht, wenn alles aus dem richtigen Winkel gezeigt wird. Wie zum Beispiel in der 2011 angelaufenen Dramaserie "Suits", die 2016 in die sechste Staffel ging. Zwar handelt es sich um eine dieser Serien, in der alle Menschen irgendwie zu schön, zu clever und zu perfekt sind, aber mal ehrlich, schaut man sich sowas nicht am liebsten an?
Außerdem hat "Suits" noch einiges mehr zu bieten. Interessante Charaktere, wie den vom Gewissen geplagten Anwaltslehrling Mike Ross und seinen arroganten aber auch charmanten Lehrmeister Harvey Specter zum Beispiel. Die Serie lebt vor allem auch von den Beziehungen der Charaktere untereinander, die immer wieder für witzige Momente und manchmal auch für große Gefühle sorgen. "Suits" schafft es mit cleveren Dialogen und einigen Plot Twists, die eigentlich eher trockene Materie der Vertragsverhandlungen und Gerichtsprozesse in ein spannendes Serienabenteuer zu verwandeln. Verrat, Betrug, Bestechung, Liebe, Freundschaft – die Serie hat alles, was man sich wünscht, um beim Binge-Watching ein bisschen dem langweiligen Alltag zu entkommen. ss
The Get Down (Netflix, 1. Staffel)
1977. Entfernte Polizeisirenen, das Klackern einer Spraydose. Die Sonne geht langsam auf über dem hoffnungslosesten Stadtteil von New York City: „This ain’t Disneyland, this is the Bronx.“
Baz Luhrmann verbindet in seiner Musical-Drama-Serie "The Get Down" Hip-Hop-Historie mit junger Liebe und der aussichtslosen Realität der Bronx. Raus aus Armut und Verzweiflung hin zum großen Erfolg im Musikgeschäft: Während die ambitionierte Mylene Cruz (Herizen Guardiola) über Vitamin B ihren Durchbruch versucht, kämpfen sich Ezekiel "Zeke" Figuero (Justice Smith) und seine Freunde direkt durch die Untergrundszene der Bronx. Dabei sorgen flimmernde Filmsequenzen für ein absolutes Real-Time-Feeling. Aber noch viel wichtiger ist die Musik.
Spätestens nach der ersten Folge – seien wir ehrlich: nach den ersten 10 Minuten – befindet man sich schon komplett im "The Get Down"- Delirium. Obwohl die Story selbst recht leicht zu verdauen ist, garantiert der Soundtrack Gänsehaut bis in die Fußspitzen. Leon Bridges, Michael Kiwanuka oder auch Janelle Monáe sind darauf moderne Botschafter von 70er-Jahre Soul, Funk und Disco. Den erlesenen Hip-Hop liefern unter anderem Rapper Nas und Grandmaster Flash höchstpersönlich. Abgerundet wird das Ganze dann mit Donna Summer oder C.J. & Co. "The Get Down" ist eine fesselnde Reise für alle Musikfans und alle, die es werden wollen. jab
Transparent (Amazon, 3. Staffel)
"Transparent" ist die aktuellste, schönste und beste Serie zurzeit, denn keine andere Serie greift ein zeitgenössisches, heiß diskutiertes Thema so geschickt auf, wie es "Transparent" mit der Gender-Debatte tut.
Und dabei ist "Transparent" in keinem Moment belehrend. Nirgendwo steht jemand mit dem erhobenen Zeigefinger und hält einen moralischen und liberalen Vortrag darüber, wie frei doch jeder Mensch sein soll. Nein, hier wird die Gender Debatte fast schon beiläufig aufgegriffen. Und das funktioniert deswegen so gut, weil im Vordergrund immer noch die Story und die Charakterentwicklung stehen. Es geht viel um zwischenmenschliche Beziehungen, um Liebe und Familie, und das erinnert manchmal an sehr gute Sitcoms. Bloß, dass "Transparent" besser ist.
Die Serie ist unglaublich spannend, witzig, aufregend, sie ist anders, aber nicht anstrengend oder ermüdend. Die Autoren sind fantastische Erzähler. Die Regisseure sind unglaubliche Inszenierer. Die Charaktere sind plastisch, vielschichtig und spannend und die Schauspieler sind perfekt gecastet und spielen göttlich. Und auch jetzt in der bereits dritten Staffel arbeiten alle immer noch mit einem so großen kreativen Elan an der Sache wie am ersten Tag. Damit ist "Transparent" relevant, unantastbar und die beste Serie der Welt. msr
Westworld (HBO, 1. Staffel)
Das neue Großprojekt von HBO heißt "Westworld" und basiert auf einem erfolgreichen Science-Fiction-Film von Michael Crichton aus den 70er Jahren. "Westworld" ist der Name eines Themenparks, in dem scheinbar alle Wünsche wahr werden. Die Besucher bewegen sich durch realitätsgetreue Kulissen und selbst die Androiden, die Sheriffs oder Bordellbesitzer im Park darstellen, sind Menschen täuschend ähnlich. Besucher können als Cowboys Verbrecher jagen und sich ihren geheimsten Sehnsüchten hingeben. Doch die Grenzen von Realität und konstruierter Scheinwelt verschwimmen. Als Zuschauer gerät man ins Zweifeln darüber, wer in "Westworld" eigentlich die Fäden zieht und inwiefern sich die emotional intelligenten Androiden überhaupt von Menschen unterscheiden. Sie sind programmiert zu glauben, sie wären menschlich und "Westworld" die Realität.
Die Serie ist ein Puzzle, jede Folge lässt einen mehr staunen und zweifeln. Je tiefer man in die Welt von "Westworld" eintaucht, desto faszinierter ist man und desto mehr Fragen eröffnen sich. In Öffentlichkeit und Medien wurde wohl vor allem deshalb so intensiv über diese Serie diskutiert, weil sie den Zuschauer immer wieder dazu bringt zu hinterfragen, was ihn eigentlich menschlich macht - und ob es das wirklich ist, was künstlicher Intelligenz fehlt, um menschlich zu sein. Eine brillant konzipierte Serie, die sich mit wissenschaftlichem Fortschritt beschäftigt, indem sie Ideen aus der Vergangenheit aufgreift. mk
Immer noch nicht genug Stoff für die Tage zwischen den Jahren? Unsere Lieblinge aus dem letzten Jahr findet ihr hier.