Max Frisch und seine Lust am Schreiben
"Weil ich ja irgendetwas tun muss"
Auf die Frage nach seiner Motivation zu Schreiben antwortete Max Frisch einmal „Weil ich Lust habe, weil ich ja irgendetwas tun muss... Etwas pathetischer gesagt: Weil es schwer ist, das Leben auszuhalten, ohne sich auszudrücken.“
Auf die Frage nach seiner Motivation zu Schreiben antwortete Max Frisch einmal „Weil ich Lust habe, weil ich ja irgendetwas tun muss... Etwas pathetischer gesagt: Weil es schwer ist, das Leben auszuhalten, ohne sich auszudrücken.“ Zeitlebens sollte ihn dieser Gedanke antreiben. Der Drang zur Kommunikation teils intimer Fragen des Lebens bescherte dem Schweizer Autor eine lange, fruchtbare Karriere.
Dieses Jahr gibt es gleich zweimal Anlass, dem Ausnahmetalent Tribut zu zollen: Am 15. Mai wäre der Andorra-Autor 100 Jahre alt geworden und am 4. April jährt sich Frischs Todestag zum 20. Mal.
Bürgerliches Leben oder Dasein als Künstler
Der aus einfachen Verhältnissen stammende Max Frisch begann bereits während seiner Zeit als Gymnasiast, erste Stücke zu schreiben, die jedoch nie aufgeführt wurden und die er später vernichten sollte. Ein Germanistik-Studium an der Universität Zürich verläuft wenig befriedigend, da es ihm in seinem Bestreben, Schriftsteller zu werden, nicht das nötige Handwerkszeug vermittelt.
Nach dem überraschenden Tod des Vaters 1932 unterstützt er die Familie finanziell durch seine Arbeit bei der Neuen Zürcher Zeitung und sammelt auf diese Weise erste journalistische Erfahrungen. Hier lässt sich bereits ein Grundmotiv seines Werks feststellen. Die Arbeiten sind unpolitisch und tragen zahlreiche autobiographische Züge. Stets auf Selbstreflexion und persönliche Weiterentwicklung bedacht, tragen viele seiner Figuren Züge seiner selbst sowie seines Konflikts zwischen zwei Lebensentwürfen. Ein bürgerliches Leben schien ihm unvereinbar mit einer Tätigkeit als Künstler. Nach der Veröffentlichung seines Debütromans Jürg Reinhart. Eine sommerliche Schicksalsfahrt 1934 wird er derart von Selbstzweifeln geplagt, dass er der Schriftstellerei zunächst abschwört, ein Studium der Architektur beginnt und somit in die Fußstapfen seines Vaters tritt. Alle bis dahin entstandenen Manuskripte werden verbrannt. 1942 heiratet er die Architektin Gertrud Constanze von Meyenburg und gründet ein Architekturbüro.
Während seiner Arbeit als Architekt schreibt er dennoch weiter und nach einigen Dramen folgt 1954 der Roman, der ihm den Durchbruch bringt: Stiller. Nach dessen kommerziellem Erfolg zieht Frisch die Konsequenzen. Er gibt seine Tätigkeit als Architekt auf und konzentriert sich fortan auf das Schreiben. Da er dies für unvereinbar mit seiner Familie hält, verlässt er seine Frau und die drei Kinder und beginnt mit der Arbeit an seinem nächsten Werk Homo Faber, das ein Welterfolg wird. Nach zahlreichen Reisen, einer turbulenten Beziehung mit der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann sowie etlichen Veröffentlichungen von Werken wie Mein Name sei Gantenbein, Herr Biedermann und die Brandstifter und Andorra ist Frisch als Schriftsteller etabliert. Viele seiner Werke sind inzwischen fester Bestandteil des deutschsprachigen Schulkanons.
Der unpolitische Autor
Nicht nur einmal musste sich der Autor dem Vorwurf stellen, zu unpolitisch zu sein. So scheiterte etwa eine Aufführung seines Stücks Triptychon in Frankfurt aufgrund der Weigerung des dortigen Ensembles. Obwohl ihn eine enge Freundschaft mit Bertolt Brecht verband, vertrat Frisch stets eine andere Auffassung von Kunst und Literatur und verstand sich nie als dessen Schüler. Im Vordergrund stand stets das Erforschen des eigenen Charakters im gesellschaftlichen Kontext.
Betrachtet man etwa sein Spätwerk, wird deutlich, dass hier einige seiner persönlichsten Werke entstanden – allen voran die Erzählung Montauk. Diese lieferte derart private Einblicke in das Leben des Schriftstellers, dass seine Frau sich nach der Veröffentlichung von ihm trennte. Bei dem 1975 erschienenen Buch handelt es sich um eine Geschichte um Liebe, Treue, Verrat, in der zahlreiche Erfahrungen aus seinem eigenen Liebesleben aufgearbeitet werden, darunter auch die Beziehung zu Ingeborg Bachmann.
Das wohl Ungewöhnlichste an seiner ohnehin schon beeindruckenden Karriere ist sein großer Erfolg sowohl als Romancier als auch als Dramatiker. So schrieb der 1991 verstorbene Autor in beiden Formen Klassiker, die aus der Literaturwelt nicht mehr wegzudenken sind – seien es die Romane Stiller (1954), Homo Faber (1957), Mein Name sei Gantenbein (1964), oder aber auch die Theaterstücke Andorra (1961) und Biedermann und die Brandstifter (1958).
Das Tagebuch als literarische Form
Eine der vielen Veranstaltungen, die ihm zu Ehren in den nächsten Monaten stattfinden werden, ist eine Ausstellung im Deutschen Literaturarchiv in Marbach. Diese widmet sich Frischs Werk Tagebuch 1946-49, das 1950 im damals noch jungen Suhrkamp-Verlag erschienen ist und bis heute als eines der Hauptwerke des Hauses gilt. In einer Mischung aus autobiographischen Erkenntnissen, Reiseberichten, politischen und literaturtheoretischen Essays sinniert der 1911 in Zürich geborene Autor über das Leben und die Menschen. Das Werk entstand in enger Zusammenarbeit mit seinem Verleger, Peter Suhrkamp, der ihn stets ermutigte, an dem Konzept festzuhalten. In ersten Skizzen zu späteren literarischen Arbeiten lassen sich wesentliche Motive seines erzählerischen Schaffens erkennen. Die Ausstellung in Marbach rekapituliert nun die einzelnen Entstehungsphasen des Werks. Zur Eröffnung geladen war niemand Geringeres als Regisseur Volker Schlöndorff, der Anfang der 90er Frischs Roman Homo Faber verfilmte und mit dem ihn eine enge Freundschaft verband. Der Blechtrommel-Macher erinnerte sich in seiner Laudatio an die „komplizenhafte“ Zusammenarbeit mit dem Schweizer Dichter.