Home > Musiknews > Hiatus Kaiyote im Interview
Die Band aus Australien nach ihrem Konzert im Atomic Cafe

Hiatus Kaiyote im Interview

Autor(en): Maria Fedorova am Montag, 9. Dezember 2013
Tags: , , ,

Die diesjährigen Grammy-Nominierten Hiatus Kaiyote sprechen mit M94.5 über Poststrukturalismus, Aphex Twin und psychodelische Drogen.

Das wichtigste in der Struktur von Musikwerken ist das, was über ihre Grenzen geht. Die diesjährigen Grammy-Nominierten Hiatus Kaiyote haben sich diese Philosophie zum Lebensmotto gemacht.

Hiatus Kaiyote kreieren musikalische histoire récurrente: Sie bearbeiten, interpretieren  und spiegeln ihre Einflüsse wieder. Der Induvidualismus in der Musik von Hiatus Kaiyote  ist kein Aufstoßen von Bourgeoisie - wie das öffters passiert - sondern das Ergebnis von dem absolut erlichen Staunen über das Weltgeschehen und die Natur.

Den letzten Gig im Rahmen ihrer Welttournee hat die Band in München gegeben. Zwei Monate Vormarsch durch Europa und Nordamerika nahmen am zweiten Dezember im Atomic Cafe ihr Ende. M94.5 hat die Band kurz vor dem Auftritt getroffen, um über Poststrukturalismus, Aphix Twin und psychodelische Drogen zu sprechen.



M94.5: "Hiatus" kann man als so eine Art "Pause" bezeichnen, einen gewissen Tagtraum. Ist es das, was ihr euch unter der Wirkung der Musik vorstellt – Musik als Eskapismus im alltäglichen Leben?

Paul Bender: Das ist eine schöne Vorstellung. Ich meine, natürlich hat Musik auch andere Funktionen. Aber diese eine Funktion ist auch gut!

Nai Palm: Ne, das ist keine Flucht. Das ist mehr ein Instrument. Menschen neigen dazu, schöne Dinge als Flucht von Normen oder Realität zu betrachten, aber es ist fundierter. Es gibt auch schöne alltägliche Sachen: dein Job kann auch schön für dich sein. Nein, das ist keine Flucht, mehr ein Zelebrieren von Schönheit.

Obwohl ihr kein Baukastensystem von Genres bedienen wollt, habt ihr eurer Musik trotzdem eine eigene Bezeichnung gegeben – "future soul". Macht ihr es damit den Fans und Jounalisten leichter?

Paul: Absolut. Wir haben es gemacht, damit man es leichter bei Press Realeses hat!

Nai: Das sind einfach nur zwei verschwommene Begriffe, die wir zusammen gestellt haben. Zukunft kann man nicht definieren, weil sie noch nicht passiert ist, und Soul Musik kannst du auch nicht definieren. Unsere Musik kann man sowieso nicht mit diesen Wörtern beschreiben, weil wir zu viel anderes Zeug in unserem Sound drin haben. Wenn jemand rausfinden will, was soundmäßig so  in unserer Musik passiert, soll er sich unsere Mixtapes von Production Company "Wonderkore Island" anhören. Da kann man unsere Einflüsse deutlich raushören.


Wenn es schon um Selbstdefinition geht: Viele moderne Bands lieben es, sich als "psychodelic" zu bezeichnen. Wie sieht das bei euch aus?

Perrin Moss: Krass! Wirklich viele?!Tja, dann schreib uns auf die Liste!


Simon Mavin: Ja, klar sind wir psychodelisch...


Paul: Definitiv!Komm, wir alle haben mal Acid konsumiert.



Acid?Ich hab gedacht bei euch gehts mehr um Peyote. Schließlich ist es auch ein Wortspiel mit eurem Namen – "Peyote - Kaiyote"

Nai: Ja, das stimmt! Ich hab schon mal Kakteen probiert. Nicht diesen Besonderen, aber andere! Wir wollten ein Wort benutzen, das diese schamanistische Assoziationen hat und die Natur beschreibt; aber eines, das  nicht so klar zu definieren oder zu interpretieren ist. Wenn du einen Trip hast, kannst du natürlich sagen "ich hab jetzt Peyote konsumiert", aber du kannst nicht beschreiben, in welche Identitäten du währenddessen eintauchst.


Wir haben jetzt viel über die Einfllüsse der Natur in eurer Musik gesprochen. Und über andere Bands, die sich auch von der Natur inspirieren lassen. Aber auch Aphix Twin zählt zu euren wichtigsten Einflüssen. Das ist schon weit weg von der Welt der Natur!

Simon: Hängt davon ab wie du es betrachtest!

Nai: Die ganzen krassen technischen Sachen und das synthetische Zeug sind Ressourcen, die man auf unserem Planeten und in der Natur findet. Sogar wenn sie schließlich das absolute Gegenteil bewirken, ist da auf jeden Fall diese Dualität drin. Und das ist genau das, was Spaß macht: Wenn du als Musiker diese Zusammenhänge endeckst und sie zusammen funktionieren lässt. Wie zum Beispiel Live Sound und Produzieren im Studio.

Perrin: Es gibt ein wirklich cooles Interview von einem psychodelischen Musiker aus Kalifornien namens Yasos. Eine Journalistin hat ihm eine ähnliche Frage gestellt – du machst so einen abgefahrenen Elektro-Sound und bezeichnest selber deine Musik als "earthy" und "natural". Er hat geantwortet: "Weißt du, elektrische Ladungen sind auch Elemente des Planeten Erde und eine unkontrollierbare Macht der Natur."


Als Inspiration für neue Musik – Macht ihr euch am ehesten Gedanken über die Vergangenheit, die Gegenwart oder die Zukunft?


Paul: Alles gleichzeitig. Und anders kann es nicht funktionieren. Sogar wenn man gedanklich weit vorne in der Zukunft ist, reflektiert man seine Erfahrungen. Wenn jemand 100% neue originelle Musik machen würde, und total clean von allen Einflüssen wäre, würdest du das nicht cool finden. Ich weiß auch gar nicht, was dabei für Musik rauskommen würde, wenn man alles, was musikalisch davor passiert ist, vermeiden würde. Wahre Originalität in diesem Sinne ist unmöglich!

Nai: Auch, wenn du dich auf irgendetwas beziehst, was schon in der Vergangenheit passiert ist... Diese Vergangenheit hat wiederum ihre eigene Vergangenheit reflektiert.  Selbst wenn man sich als Pionier bezeichnet, und mit dem absolut neuen, freshen Sound daherkommt, wird diese Musik auch nur eine Wiederspiegelung von Erfahrungen sein. Wenn es um Kunst und Kreativität geht, sollte man nicht im solchen Parametern wie "innovativ" oder "nicht innovativ" denken. Diese Dinge sind viel sphärischer als diese Kategorien. Wir entdecken diese philosophischen Ansätze und versuchen uns in dieser Hinsicht keine Limits zu setzen.


Interview: Maria Fedorova

Die besten Momente des Interviews gibt´s oben zum Anhören.
 

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

mehr
M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

mehr
M94.5 auf Youtube

Der M94.5-Newsletter
Du willst regelmäßig News von M94.5? Dann musst nur deine E-Mail-Adresse angeben! Keine Angst, wir spamen deinen Posteingang auch nicht voll.
 
 
Die afk Familie