Skinny Lister in der Kranhalle
In der Walzer-Rum-Ekstase
Die Londoner Skinny Lister waren in der Kranhalle zu Gast und haben ein sehr erschöpftes Publikum hinterlassen.
Es ist heiß in der Kranhalle. Sehr heiß. Wie Supportact Northalone treffend feststellt, kann man froh sein über die hohen Wände, weil es sonst eigentlich immer von der Decke tropft wenn Skinny Lister auf der Bühne eines kleine Clubs stehen. Die Kranhalle ist wie gemacht für die Shantypunker aus London. Die Bühne ist nicht sehr hoch und gibt immer wieder die Möglichkeit, sich einfach spontan ins Publikum zu mischen. Natürliches Verhalten für eine Band, die sich in englischen Pubs kennengelernt hat.
"There was trouble on Oxford Street"
Die Stimmung im Publikum steigert sich schnell. Spätestens als bei "George’s Glass" das Akkordeon einsetzt, ist die Hälfte der Zuschauer ausgelassen am Tanzen. Der Rest hüpft schon länger in der Mitte des Raumes wild umher. Schon nach 20 Minuten sitzen die ersten erschöpft an der Bar, weil sie das Hüpfen wohl etwas übertrieben haben. Und es gibt tatsächlich eine kleine Pause. Beim a-capella vorgetragenen Shanty „John Kanaka“ wird ausnahmsweise nicht gesprungen – dafür umso lauter gesungen. Das ist auch der Moment, in dem der berüchtigte Rum-Krug die Bühne verlässt und seinen Weg durch das Publikum beginnt. Die Stimmung ist konstant am brodeln. Aber die Band kann natürlich mehr als nur Party zu machen. Oder wie Sängerin Lorna es nach einer herzergreifenden Ballade ausdrückt: "See: I can be nice!". Auch die ruhigen Stücke stoßen auf großen Applaus und bieten eine willkommene Verschnaufpause.
"Let's get wasted on rum and ginger"
Auch die frisch aufgenommenen Songs für das im Herbst erscheinende dritte Album funktionieren sehr gut. Denn Skinny Lister haben gleich zwei Erfolgsrezepte: zum einen hat fast jeder Song einen leicht zu merkenden Teil in der Strophe, der regelmäßig wiederholt wird, fast wie das gospel-typische Call-and-Response-Prinzip. Auch ein völlig neues Lied wird dadurch sofort lauthals mitgesungen. Zum anderen wäre da Lorna Thomas. In ihrem kurzen Blumenkleid, den roten Stöckelschuhen mit dazu passendem rotem Lippenstift ist sie mal wieder der Star des Abends. Ihre gute Laune und ihr Spaß an der Musik sind so ansteckend, dass selbst die Musikerpolizei in der letzten Reihe wohlwollend lächelnd mit dem Kopf nickt, wenn sie mal wieder ins Publikum springt und sich einzeln Personen zum Walzer tanzen schnappt. Bei „Seventeen Summers“ ist also am Ende der Zuschauerraum in eine große Tanzfläche voller Walzerpaare, auch die vom Hüpfen erschöpften sind wieder von der Bar zurückgekehrt und reihen sich ein. Aber gewalzt wird natürlich erst nachdem Michael Camino seine obligatorische Crowdsurf Einlage mit seinem „This machine kills dubstep“-Kontrabass beendet hat.
Anfang des nächsten Jahres werden Skinny Lister mit ihrem neuen Album wieder in Deutschland touren. Und sicher nicht wenige, die an diesem wilden und heißen Dienstagabend in der Kranhalle waren, werden wieder dabei sein, hüpfen, Walzer tanzen und Ausschau nach dem Rum-Krug halten.