M94.5 im Gespräch mit Kele Okereke
Als Sänger von Bloc Party kennen Kele Okereke wohl die Meisten. Dass er mit seinem Soloalbum "The Boxer" auch erfolgreich ist, wohl weniger. Wie es mit Bloc Party und ihm weitergeht´, haben Franzi Konitzer und Simon Leonhardt vor seinem Münchenauftritt erfahren.
M94.5: Wann hast du gewusst, dass du ein Soloalbum machen willst? War das schon, als du noch mit Bloc Party aktiv warst?
Kele: Nun, wir haben uns 2009 entschieden, dass wir ein Jahr Pause machen würden. Das haben wir Mitte 2009 entschieden, und ich habe mir gedacht: Ich will nicht wirklich ein Jahr Pause machen, ich will weiterhin kreativ sein, weil ich es mag. Also habe ich mich dann entschieden, ein Soloalbum zu machen – nachdem wir uns entschieden hatten, ein Jahr Pause zu machen.
Also hattest du noch keine Songs geplant, als du noch mit Bloc Party unterwegs warst?
Nein. Also, ich habe angefangen, Lieder zu schreiben als wir 2009 auf Tour waren, aber erst, nachdem wir uns dazu entschieden hatten, eine Pause einzulegen.
Hast du darüber nachgedacht, eine andere Band zu gründen?
Ich wollte keine andere Band gründen, ich wollte eigentlich nur selbst Musik machen, weißt du.
Waren die Aufnahmen für dich lohnend, indem du alleine warst und vielleicht auch mehr Kontrolle über die Aufnahmen hattest?
Es hat sich gelohnt, weil es eine Herausforderung war; es hat sich gelohnt, weil es etwas war, was ich niemals zuvor gemacht habe. Es ging nicht darum, mehr Kontrolle zu haben, es ging nur darum, etwas Neues zu machen. Darum war es aufregend. Dieses Projekt wurde nicht aus Frustration geboren, in einer Band zu sein – es war dafür da, weil ich weitermachen wollte.
Aber du wolltest auf eine andere Art und Weise musikalisch weitermachen?
Ich habe mir gedacht, dass es lame gewesen wäre, wenn ich einfach nur ein weitere Rock-Band-Album gemacht hätte: Welchen Sinn hätte das gehabt? Ich wollte etwas ausprobieren, dass komplett verschieden war, um zu betonen, dass ich auch an anderen Gebieten interessiert bin.
Aber wusstest du schon vorher, in welche Richtung du gehen wolltest? Ich meine, die Bloc Party Alben sind Indie-Alben – dein Solo Album ist mehr elektronisch. War das ein klarer Schnitt für dich oder warst du schon früher daran interessiert, solche Musik zu machen?
Nun, ich war schon immer an Electronic-Musik interessiert, sogar bevor ich in Bloc Party war. Ich meine, ich habe schon immer gerne getanzt, und ich denke, dass wir als Band versucht haben, diese Ideen in das zu integrieren, was wir machen, sogar in Liedern auf unserem ersten Album. „Banquet“ zum Beispiel hat Stimmen benutzt, die definitiv in einer Electronic-Stimmung geschrieben wurde – also ja, dieses Interesse gab es schon immer.
Ist das richtig, dass du planst, demnächst nach New York zu ziehen?
Ja, das stimmt, nächstes Jahr. Ich wollte letztes umziehen, aber wir waren so viel auf Tour, dass dafür keine Zeit war.
Also wirst du wirklich richtig nach New York ziehen, also Manhattan?
Ja, Manhattan.
Was gefällt dir an der Stadt so gut? Vielleicht auch an der Musikszene?
Nicht die Musikszene an sich. Um ehrlich zu sein, sind die Clubs dort nicht mehr sehr gut – das sind keine Clubs, wo die Leute hingehen, um auf die Musik abzugehen. Ich freue mich also nicht so sehr auf die Clubs. Aber die Leute sind sehr interessant – ich weiß nicht, ich denke, dass die interessantesten Leute in den USA alle nach New York ziehen. Also hat man die besten Unterhaltungen, das beste Essen. Und du kannst dort immer alles machen, was du willst, und das gefällt mir. Ich mag das, ich mag, dass die Leute auch offener sind.
Wann hast du den Plan gefasst, dorthin zu ziehen? War das während der Aufnahmen für The Boxer?
Nun, 2009 war ich jeden Monat in New York, um zu arbeiten aber auch, um meine Freizeit dort zu verbringen. Ich meine, ich habe dort Freunde und war letzten Sommer dort und es war einfach diese coole Stadt. Ich weiß nicht, ich wollte einfach sehen, wie es ist, dort zu leben – New York nicht nur zu besuchen, sondern dort zu leben.
Hat das auch deine Arbeit beeinflusst?
Nein, ich bin dort nicht wirklich in Clubs gegangen. Außerdem habe ich die Songs in London geschrieben und dann in New York fertig gestellt. Also weiß ich nicht, inwiefern New York den Sound des Albums beeinflusst hat, aber die Stadt hat meinem Seelenzustand gut getan.
Wie waren denn die Aufnahmen? Inwiefern haben sie sich von denen mit einer Band unterschieden?
Oh, das ist schwierig, weil das letzte Bloc Party Album, Intimacy, so zur Hälfte geschrieben wurde: Die Hälfte der Ideen kamen von der Band, also traditionelle Band-Kompositionen. Die andere Hälfte, Lieder wie Mercury und Ares und Signs waren Studioideen, sind Lieder, die wir zusammengefügt haben, Stück für Stück. Das war die Herangehensweise, die ich auch für The Boxer gewählt habe – da war nur der Produzent und ich. Wir sind im Studio gesessen und haben zusammengearbeit. Es war nicht so, dass ich gejammt habe – es war eine sehr andere Herangehensweise. Wenn ich nicht die Erfahrung von Intimacy gehabt hätte, wäre mir das völlig fremd gewesen, aber das war es nicht.
Steht ein Konzept hinter The Boxer?
Nein – das gab es nicht, während ich das Album gemacht habe. Jetzt denke ich, dass die Lieder eine Geschichte erzählen, aber das war mir zu dem Zeitpunkt nicht bewusst.
Also wenn sich jemand dein Album anhört: Welchen Eindruck würdest du gerne, dass sie haben?
Ich hoffe, einen positiven! Ich hoffe, dass sie sich erhoben fühlen und bestärkt. Ein Großteil der Musik, die ich mit Bloc Party gemacht habe, war sehr melancholisch. Und das passt schon – aber das wollte ich hier nicht machen, ich wollte etwas, das etwas Positives mit sich trägt, und ich hoffe, dass die Leute das von dem Album mitnehmen.
Würdest du denn sagen, dass du in deiner Karriere mit Bloc Party alles richtig gemacht hast, oder bereust du etwas?
Nein, ich denke, es bringt nichts, etwas zu bereuen. Das ist ein Lebensabschnitt und du schaffst das Beste aus dieser Situation heraus. Versuch, einen Beurteilungssinn zu haben, und das ist alles, was du machen kannst. Niemand kann die Zukunft voraussagen.
Triffst du dich mit den anderen Mitgliedern von Bloc Party, denkt ihr über die Zukunft nach?
Nun, wir leben alle woanders. Matt lebt in New York, Russell ist im Moment auf Tour mit Ash und Gordon hat gerade ein Kind bekommen. Im Dezember werden wir uns treffen, um das zu besprechen.
Also habt ihr noch keine Pläne?
Wir haben den Plan, uns im Dezember zu treffen; das ist ein Anfang.
Arbeitest du im Moment an neuer Musik?
Tue ich, ja.
Also ist das für dein Soloalbum, also ein Weiteres?
Nun, das werden wir ja dann sehen, nicht?
Nun, nur, wenn du sagst, dass du im Moment an neuer Musik arbeitest – deine Musik für Bloc Party war eher melancholisch, die Musik auf deinem Soloalbum ist eher positiv. Könntest du also überhaupt zu dem Stil für Bloc Party zurückkehren?
Nun, wenn Bloc Party neue Musik zusammen machen, dann ist das Bloc Party, die zusammen neue Musik machen, wir in einem Raum. Ich werde nicht Musik schreiben und die ihnen dann geben. Ich denke, wir werden zusammen jammen und hoffentlich... Tja.
Es gibt da die Geschichte, dass du mal Franz Ferdinand ein Demotape geschickt hast. Ist das wahr?
Ja, das stimmt. Ich habe ihnen eine Demo geschickt, kurz bevor sie bekannt geworden sind, bevor sie Take Me Out veröffentlich haben. Ich habe ihnen eine CD geschickt und dann haben wir in London gespielt, auf einem Gig mit zehn anderen Bands aus Glasgow – und das wars eigentlich, und das wurde dann zu dieser riesigen Geschichte.
Weil sie direkt danach so bekannt geworden sind?
Ja, weil sie so bekannt geworden sind. Inzwischen kommt mir das ein bisschen komisch vor, aber es stimmt schon.
Was passiert denn, wenn Leute dir Demos zuschicken?
Ich höre sie mir an. Aber die Leute machen immer den Fehler, mir Musik zuzuschicken, die sich genauso anhört wie die Musik, die ich selbst gemacht habe. Daran bin ich nicht wirklich interessiert, ich würde mir lieber etwas komplett anderes anhören. Aber es gab schon Bands, deren Musik ich mir angehört habe und die ich gemocht habe. Wir tun, was wir tun können und geben sie an unser Label weiter.
Ok, also was ist denn im Moment auf deinem iPod?
Im Moment höre ich mir das neue Nicki Minaj Album an, Pink Friday; außerdem einen Electronic Künstler, Nathan Fake aus London. Und, oh, als ich in New York war, habe ich eine CD mit evangelikalischen Kirchenliedern bekommen – die höre ich mir immer zu Hause beim Abspülen an; sehr positive Musik.
Vielen herzlichen Dank!