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When Saints Go Machine - Konkylie[K7 Records]

Platte des Monats Juni 2011

Autor(en): Ferdinand Kosak am Mittwoch, 1. Juni 2011
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Drei Produzenten und ein Stimmwunder aus Kopenhagen bringen unsere Redaktion im Juni zum Staunen: "Konkylie" von When Saints Go Machine.

Drei Produzenten und ein Stimmwunder aus Kopenhagen bringen unsere Redaktion im Juni zum Staunen. Unsere Platte des Monats weckt eine Menge an Assoziationen und schafft es dennoch ein stimmiges und innovatives Gesamtwerk zu sein: "Konkylie" von When Saints Go Machine.

Dem wenigstens in Regionen Ostdeutschlands weltberühmten Fussballlehrer Eduard Geyer wird in allen einschlägigen Fussball-Sprüche-Sammlungen das etwas dümmliche Zitat „Wer sich dehnen will, der soll nach Dänemark fahren, bei mir wird gelaufen!“ zugeschrieben.

Und obwohl der FC Kopenhagen in der just abgelaufenen Saison so erfolgreich in der Champions League war, dass man den Trainer gleich ins einstige Zentrum der deutschen Popmusik, nach Köln gelotst hat: Fußballerisch wie musikalisch konnte Dänemark seit den Überraschungssiegen bei der EM 1992 und dem 2000er Grand Prix d'Eurovision durch die Olsen Brothers (Nein, der ehemalige Kölner Trainer Morten Olsen gehört nicht dazu) über die nationalen Grenzen hinaus kaum Aufmerksamkeit erregen.

Popmusik aus Dänemark - ein neues Gütesiegel?

Immer wieder hatte die deutsche Presse begeistert die musikalischen Szenen Schwedens (Shout out Louds, Lykke Li oder Jens Lekman) und Norwegens (Kings of Convenience, Turbonegro, Ane Brun - um nur einige zu nennen) gefeiert. Aus Dänemark hingegen war uns höchstens noch die unsägliche Pseudorapcombo Outlandish ein Begriff.

Nun gut - das ist natürlich ein wenig schwarz-weiß gedacht und wird Bands wie Efterklang oder den Ravonettes nicht gerecht. Aber dennoch: Wie im Fußball findet auch in der Popmusik ein neuer Aufschwung statt: Die Asteroids of Galaxy, Treefight for Sunlight oder aktuell When Saints Go Machine stehen stellvertretend für einen Trend zu progressiver, unangepasster Popmusik aus unserem nördlichsten Nachbarland.

Letztere sind vier junge Herren aus Kopenhagen, die tatsächlich alle in derselben Straße Kopenhagens aufgewachsen sind und eines Tages, laut Sänger Nikolaj Vonsild, aus purer Langeweile begannen gemeinsam Musik zu machen. Nach ersten Erfolgen in der lokalen Radiolandschaft und Blogosphäre und dem ausschließlich in Dänemark veröffentlichten Debütalbum „Ten Makes A Face“ soll nun der Sprung über die Grenzen gelingen. Mit einem Plattenvertrag bei K7 ist das wohl ein Leichtes. Dank der zur EP abgespeckten Version des Erstlings wurde dann vergangenes Jahr auch die Musikpresse in England und Deutschland zunehmend auf WSGM aufmerksam. Mit dem jetzt erscheinenden Debütalbum soll auch auf dem Kontinent der endgültige Durchbruch gelingen.

Perlentauchen leicht gemacht

Dieses trägt den Titel „Konkylie“, zu deutsch „Muschelschale“, und darauf entdeckt der Hörer dann auch tatsächlich - welch unvermeidbare Metapher - einige echte Popperlen. Glaubt man den Kollegen der hiesigen Presse, dann werden Assoziationen zum Synthiepop der frühen Talk Talk, dem nasalen Gesang Arthur Russels und vor allem zur Stimme Antony Hegartys geweckt.

Die Stimme Vonsilds ist auch tatsächlich das zentrale Moment in der Musik von WSGM und sie ist dabei derart wandelbar, dass man ihr schlicht nicht gerecht wird, wenn man sie auf den charismatischen - Antony Hegarty in der Tat verblüffend ähnlichem - Falsettgesang reduziert. Denn auch eine Oktave tiefer bildet sie dank ihrer Kraft und Präsenz den roten Faden im musikalischen Kosmos von WSGM und entführt, wie im monumentalen Schlusssong "Add Ends", im Zusammenspiel mit teils sehr synthielastigen Produktionen schon mal in den wuchtigen Pop der 80er.

Interessanterweise genoss Vonsild keinerlei gesangstechnische Ausbildung. Vielmehr hat er eine Vorgeschichte als Rapper und begann im Zuge dessen mit den Möglichkeiten seiner Stimme zu experimentieren. Das Resultat ist ein schier unglaubliches stimmliches Repertoire!

Verspielte Produktionen als Diener des Gesangs

Um Vonsilds Gesang herum, teils von Jonas Kenthen unterstützt, haben Simon Moldenhawer, Simon Muschinsky und eben Kenthen durchaus komplexe, verspielte und teils sehr kraftvolle Soundlandschaften gebastelt. In den stärksten Momenten klingt das wie eine Art orchestrale Powerpopversion von Mark Hollis' Talk Talk, wie beim herausragenden „Church And Law“ oder auch zerbrechlich wie beim verträumten und arabesken „On the Move“. In schwächeren Momenten, namentlich „Terminal One“ oder auch der Single „Kelly“, driftet die Platte auch mal etwas in belanglosen Elektropop im Stil der letzten Hot Chip-Veröffentlichungen ab.

Doch das lässt sich verschmerzen. Denn was bleibt, sind einige wahrlich herausragende und intensive Songs und die absolut faszinierende Gesangsarbeit von Nikolaj Vonsild. Denn wenngleich es nur die Stimmbänder sind: Mehr Dehnen geht in der Tat nicht, ob in Dänemark oder irgendwo in der Niederlausitz.
Platte des Monats

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