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Platte des Monats März 2011

Autor(en): Katja Engelhardt am Montag, 28. März 2011
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Übermut tut selten gut? Von wegen! Chuckamuck toben sich auf dem Berliner Label Staatsakt aus - "Wild For Adventure", unsere Platte des Monats März.

 „Alles wie in ´Eis am Stil´“. Chuckamuck sind mittendrin, in einem Gemenge von Mädchen, Alkohol und Überschwang. Nicht in Tel Aviv, sondern Berlin. Die Akteure: Oskar, Lorenz, Jules und Julian. Den 60ern ganz nah, sind Chuck Berry und die Beatles begleitende Inspirationsquellen. Kontemporär liegt ein Vergleich mit den Black Lips nahe. Immerhin haben diese Jungs ungeheuer Spaß am Ungeschliffenen und dem einen oder anderen Bruch.

Nur live ist richtig

Hier wird aber nicht mit Vorsatz jeglicher Anstand gerodet. Man tut einfach, worauf man Lust hat. Und wenn dabei etwas kaputt geht, dann geht’s halt kaputt. Es greift das Schema des Enfant Terrible – und Konzertplakate bereiten darauf vor. Die hat Bandmitglied Oskar selbst illustriert. Von ihm stammt auch das Cover von „Wild For Adventure“, dem Debütalbum, das über das Berliner Label Staatsakt veröffentlicht wird. Mit einem Blick ist klar: Hier scheppert´s und knallt´s und das aus purer Freude an der Sache, denn die Bengel wissen: „Rock`n`Roll macht ja unglaublich viel Spaß, wenn man jung ist.“

Konsequenter Weise kennt man sie in Berlin längst. Gängige Clubs wurden schon alle bespielt, die Finger dabei nicht nur wund, sondern auch blutig. Und dann muss Neues her – wie das „Ficken 3000“, ein Schwulenclub am Hermannplatz, Kreuzberg, in dem man an den Stripteasestangen tanzte. Bisheriger Gipfel der Absurdität: Ein Schlossbesitzer aus Belgien hatte die Band geladen. „Und der Veranstalter war komplett nackt und total dicht und besoffen und saß so auf unserem Verstärker und hat einen Dildo abgeleckt. Zum Schluss hat er uns mit diesem Dildo gejagt -über das ganze Dorf und durchs ganze Schloss“. Das Mitreißende an der leichten und unprätentiösen Art von Chuckamuck ist eben genau das, minus: Rumgestyle.

So simpel, so gut

„Souvenirs“ beschreibt eine Urlaubsliebe. Das Mädchen ist fort, dazu das Leitmotiv von „My Bonnie Is Over The Ocean“. Aber geht es vielleicht eher um Nostalgie, die beschönigte Erinnerung an eine vergangene Zeit, die nur auf das Mädchen projiziert wird - und gar nicht um die Person an sich? Und dann sagt der Schreiber der Texte, Oskar: „Nö. Ich sehne mich nach der Person zurück. Es ist ja eigentlich auch ein Schlager, dieses Klischee mit Hafen und Matrosen und Leuchtturm. Da stehen wir halt drauf.“

Eigentlich ist also alles ganz einfach. Zu Zeiten eines Pete Doherty, hochintelligent und doch für hoffnungslos verloren befunden, ist längst in den allgemeinen Geist übergegangen, dass Exzess und Sinnentleertes nicht unbedingt Hand in Hand gehen müssen. Alles innerhalb der Kunst, versteht sich. Aber Chuckamuck betreiben keine falsche Koketterie, weder mit ihrer Herkunft, noch ihrer Musik. 

Offenes Kulturgut

„Komm Karline, komm, wir woll`n nach Pankow gehn, da ist es wunderschön. Pankow, kille, kille, hopsasa“ – ein Berliner Gassenhauer. Und diese vier Jungs könnten bereits die Zukünftigen geschrieben haben. Die Ästhetik des einfachen Lebens, bewusst neben der gängigen Art, wie in „Mein Hund und ich“: Ich hab aufgehört zu reden, denn dann hab ich mehr Zeit zum Trinken... In meiner Badewanne brenn ich Schnaps, denn den kann ich immer gut gebrauchen. Man versteht sich nicht als ein Haufen von Rebellen - denn wer hat das denn nicht so gemacht, bei Liebeskummer. Oder es wenigstens gewollt und nur nicht gemacht weil…ja, warum eigentlich?

Es mag ein Peter Pan Syndrom vorliegen. Da ist nichts mit Coming Of Age. Und deswegen muss Labelkollege Andreas Spechtl von „Ja Panik“ auch gar nichts befürchten, wenn er sagt, Chuckamuck könne man „jetzt schon schwerlich das Wasser in Sachen Songwriting reichen“ und hoffentlich würden sie nie lernen, ihre Instrumente ordentlich zu spielen. Aber warum sollten sie auch? Es passt nur allzu gut, wenn in der Ballade „Dan Treacy“ an dem Frontmann der Television Personalities der ewig junge Dorian Gray auf einem Dampfer, mitten in der Spree, vorbeifährt.



M94.5 präsentiert Chuckamuck am 20. April in der Roten Sonne.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
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Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
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Samstag, 27. Oktober 2018
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