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Das Auge isst mit?

Im Supermarkt haben verbeultes Obst und krummes Gemüse kaum eine Chance. Eine Gruppe von Studenten möchte das ändern – und plädiert für „Ugly Fruits“.

Im Supermarkt haben verbeultes Obst und krummes Gemüse kaum eine Chance. Eine Gruppe von Studenten möchte das ändern – und plädiert für „Ugly Fruits“.

Jeder kennt das: Wer im Supermarkt eine Schale Erdbeeren kaufen will, der steht erst mal eine Weile vorm Regal und schaut, welche Packung die schönsten Beeren zu bieten hat. Dass krumm gewachsene oder verbeulte Exemplare oft gar nicht erst im Laden landen, ist da nicht verwunderlich. Giacomo Blume, Moritz Glück und Daniel Plath von der Bauhaus-Universität Weimar haben diese Verschwendung in ihrer Diplomarbeit thematisiert – und dabei eine eindrucksvolle Werbekampagne entworfen, die derzeit in den Medien die Runde macht.

Von Kartoffelherzen und Erdbärchen

Die Idee ist simpel, und doch genial: Früchte, die nicht hundertprozentig dem gängigen Schönheitsideal entsprechen, werden als charmante Unikate präsentiert. Die verwachsene Erdbeere wird zum niedlichen „Erdbärchen“, die zwei zusammengewachsenen Kartoffeln zum Herz, die Doppel-Karotte zu einem sexy Paar Beine. Das Konzept für einen spezialisierten „Ugly Fruits“-Handel ist bisher nur Idee, doch sollte sich jemand für die Finanzierung des Projekts finden lassen, ist Blume zuversichtlich, dass sich das Ganze auch in die Realität umsetzen lässt.

Fruchtige Schönheitsideale in der Praxis

Dr. Andreas Brügger vom Deutschen Fruchthandelsverband sieht das etwas differenzierter. Zwar lobt er ausdrücklich die Originalität der Kampagne, doch seiner Meinung nach würde ein Handel mit solchen „Ugly Fruits“ an der kommerziellen Umsetzung scheitern.

Zum Einen stünden dabei EU-Vermarktungsnormen im Wege. Zwar habe das Ausmaß der Regulierung hier bereits abgenommen, jedoch gebe es weiterhin auch hinsichtlich der Ästhetik Regeln, an denen man nicht vorbeikomme.

Zudem sei mit einem solchen Verkauf auch ein enormer logistischer Aufwand verbunden. Brügger erklärt: „Die Trennung der Früchte ist nicht so einfach, wie man sich das vielleicht vorstellt. Da gibt es kein Fließband, an dem Hässliches aussortiert wird, das man dann einfach einsammeln und so weiterverkaufen könnte. Oft werden solche Früchte gar nicht erst geerntet. Und wenn doch, landet da nichts automatisch auf der Müllhalde, sondern das Obst und Gemüse wird anderweitig verarbeitet, etwa als Tierfutter oder Dünger. Würde man diese Erträge mit in den Handel einbeziehen, würden zusätzliche Kosten entstehen. Man müsste in gesonderte Verpackungen und Reinigungsapparate investieren. Nicht zuletzt wäre eine spezielle Vermarktung nötig – und eine Kampagne wie diese wäre teuer.“

Dieser zusätzliche Aufwand wäre seiner Meinung nach vor allem deshalb unsinnig, weil die Nachfrage für solche Produkte einfach nicht groß genug sei. „Niemand will immer nur 'hässliches' Obst kaufen. Das mag schon mal witzig sein, wenn das eine Ausnahme ist, aber auf Dauer wäre das eher unpraktisch. Wenn ich Gemüse kaufe, suche ich das vor allem danach aus, wie leicht es zu schälen ist. Eine krumme Gurke möchte ich nicht schälen müssen.“

„Ugly Fruits“ also doch nur ein Traum?

Manfred Hoke, Lebensmittel-Experte bei der IHK München, ist da ein wenig zuversichtlicher. Zwar stimmt er zu, dass die Entwicklung vor allem vom Verbraucher abhängig ist. Der habe aus seiner Erfahrung schließlich bestimmte Erwartungen an die Produkte aufgebaut. „Aber die Idee hat dennoch einen gewissen Reiz. Ich vergleiche das gerne mit dem Konzept des Fairen Handels. Das war zunächst auch nur eine kleine Nische, die lediglich in Dritte-Welt-Läden bedient wurde. Mittlerweile haben Fair-Trade-Produkte ein erhebliches Marktgewicht und sind in so gut wie jedem Supermarkt zu finden. Das ist einfach etwas, das Zeit braucht, aber langfristig wäre es auf jeden Fall möglich.“

Den Studenten ist durchaus bewusst, dass die Umsetzung kein Leichtes wäre. Bei ihrer Arbeit sei ihnen jedoch der Realitätsbezug sehr wichtig gewesen. „Wir wollten nichts machen, das zwar schön aussieht, aber am Ende nur in der Schublade landet.“ Sie sind der Überzeugung, man könne die Einstellung der Konsumenten langfristig verändern, wenn man die Vielfalt natürlicher Produkte aufzeigt und Interesse an besonderen Formen weckt.

Mit dieser Hoffnung sind sie nicht allein: Die Schweizer Supermarktkette Coop nahm in diesem Sommer auch beschädigte Aprikosen in ihr Sortiment auf. Die Frage ist, inwiefern ein Laden überlebensfähig wäre, der tatsächlich nur solche Produkte verkauft.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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