Der Bundespräsident und die Verunglimpfung
Die Kritik an Christian Wulff hört nicht auf. Immer neue Skandale - manch einer würde dem Bundespräsidenten gern die eine oder andere Beleidigung an den Kopf werfen. Was passiert eigentlich, wenn man öffentlich über den Bundespräsidenten lästert? Schließlich beleidigt man hier keine einfache Person, sondern ein Verfassungsorgan. Der Weg ins Gefängnis ist deshalb kurz.
„Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch“ - das sagte Joschka Fischer 1984 zum Bundestagsvizepräsident Richard Stücklen. Zweifellos eine Beleidigung. Hätte Fischer dies zum Bundespräsidenten gesagt, hätte er strafrechtlich belangt werden können - Beleidigung, oder vielmehr Verunglimpfung des Bundespräsidenten verstößt gegen Paragraph 90 aus dem Strafgesetzbuch. Was genau ist eine Verunglimpflung überhaupt? Und wie weit darf man gehen? Paragraph 90 des Strafgesetzbuches besagt im ersten Absatz folgendes:
Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften den Bundespräsident verunglimpft, wird mit einer Freiheitstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Als Verunglimpfung bezeichnet man also eine besonders böse Herabwürdigung einer Person oder Institution durch eine Äußerung, Darstellung oder Handlung. Peter Schneider, Rechtsanwalt und Experte für Strafrecht, sagt dazu: „Nicht jede Beleidigung erfüllt den Tatbestand der Verunglimpfung, es muss schon eine ganz ehrhebliche Ehrenkränkung sein und letztlich entscheidet auch der Bundespräsident selbst, ob er sich hier verunglimpft fühlt. Die Tat wird nur mit seiner Ermächtigung verfolgt.“
Wulffs Ehefrau als "Blitzmädel im Afrika-Einsatz"
Im Dezember 2010 hatte Wulff rechtliche Schritte gegen einen Facebook-Nutzer eingeleitet. Dieser veröffentlichte ein Foto von Wulff und seiner Frau und schrieb dazu, er finde, dass Wulffs Ehefrau aussehe wie ein „Blitzmädel im Afrika-Einsatz“. Außerdem hieß es: „Hübsch, wenn dieser Herr daneben nicht wäre.“ Angeblich hätte Wullfs Ehefrau auf dem Foto auch noch den Hitlergruß gezeigt.
Eine Verunglimpfung kann neben bösen Beleidungen auch eine Verleumdung sein, also eine bewusst gestreute Lüge. Bei weniger schlimmen Beleidigungen ist es nicht ganz so drastisch. „Wenn man nun auf seiner Homepage sagt, dass man den Bundespräsidenten doof findet, dann würde ich als Strafverteidiger argumentieren, dass diese Beleidigung durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist“, so Schneider.
„In der Zeit, in der der Bundespräsident den Status eines Verfassungsorgans inne hat, hat er zusätzlichen, besonderen Schutz, der ihn vor Verunglimpfungen schützt.“ Deshalb drohen im schlimmsten Fall fünf Jahre Gefängnisstrafe. Im Normalfall gibt es bei Beleidigung und Verunglimpfung höchstens ein Jahr Freiheitsstrafe. Der Facebook-Pöbler wird sich verantworten müssen: Er steht ab Mittwoch vor Gericht.