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Polizeiaufgabengesetz

Der grüne Gegenangriff

Autor(en): Ricardo Fresno Vazquez am Mittwoch, 6. Juni 2018
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Quelle: M94.5/ Ricardo Fresno Vazquez

Überwachungskamera des bayerischen Verfassungsgerichts

Der Landtagsfaktion der Grünen war die Klage gegen das PAG so wichtig, dass sie dafür sogar einen überdimensionalen Umschlag gebastelt hat.

Die Fraktion der Grünen in Bayern reicht Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgericht in München gegen die zweite Novelle des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) ein. Nach dem symbolischen Einreichen eines überdimensionalen Briefumschlages durch Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze, wurde eine Pressekonferenz im Mathäser Filmpalast einberufen. Die Grünen sehen in mehreren Punkten des Gesetzes Verfassungsverstöße.

Betonte Solidarität mit der Polizei

Die Grünen sehen sich selbst auf der Seite der Kritiker, aber auch auf der Seite der Polizei. Die CSU habe den Polizisten "einen Bärendienst erwiesen, denn ein Gesetz, dass auch von Befürwortern als schwer lesbar bezeichnet wurde, hilft den Beamten im Arbeitsalltag nicht weiter", so Katharina Schulze. Sie bescheinigte der Polizei sehr effektive Arbeit. Die neue Norm sei jedoch unverständlich für die Beamten.
Sogar Prof. Dr. Christoph Degenhart - Staatsrechtler mit Jahrzehnten Erfahrung - gab zu, beim Lesen des Gesetzes oft laut geflucht zu haben, da ganze Passagen extrem schwer verständlich seien. Er bezeichete das Gesetz wörtlich als "unlesbar".


Katharina Schulze reicht die Verfassungsklage gegen das PAG ein

Drohende Gefahr durch die "drohende Gefahr"?

Zentraler Kritikpunkt ist der Begriff "drohende Gefahr". Die Grünen sehen den Begriff durch das Gesetz zweckentfremdet, da er ursprünglich für die Terrorismusabwehr und damit auf einen sehr spezfischen Bereich beschränkt sei. Nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe solle der Begriff nur zum Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter angewendet werden.
Im PAG bezieht sich "drohende Gefahr" aber nicht nur auf Terrorabwehr, sondern schließe auch Ordnungswidrigkeiten ein, hieß es von den Grünen. Deshalb sei laut Degenhart ein Heranziehen von "Horrorbeispielen" zur Rechtfertigung des PAG "im Grunde Desinformation". Die Grünen bezeicheten den Begriff der "drohenden Gefahr" als "verfassungsrechtlichen Dammbruch der CSU-Sicherheitspolitik".

Richtervorbehalte schützen vor rechtsstaatlichen Defiziten?

Starke Kritik erntete auch der Richtervorbehalt, über den "rechtsstaatliche Defizite nicht ausgeglichen werden" könnten. Laut Degenhart ist der im PAG enthaltene Richtervorbehalt ein stumpfes Schwert, da die Lagebeurteilung der Beamten vor Ort kaum überprüfbar sei. Auch gehe die Ausgestaltung des Richtervorbehalts nicht mit einer Pflichtverteidigung für den Betroffenen einher, was ebenfalls als sehr problematisch angesehen wird. So seien "Richtervorbehalte kein Allheilmittel, im Grundrechtsverletzungen zu vermeiden", so Degenhart.

Liste der Kritikpunkte lang

Weitere für die Grünen kritische Punkte sind DNA-Analysen auf "biogeografische Herkunft", Pfändung von Vermögenswerten, das Verschwimmen der Grenze zwischen Polizei und Geheimdienst und die Anwendung des Versammlungsrechts auf "Ansammlungen" (z.B. Fuballspiele). 

"Unverhältnismäßige Überwachungsgesamtbilanz"

Degenhart und Schulze sehen zusammenfassend die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit in Gefahr. Degenhart sprach von einer "unverhältnismäßigen Überwachungsgesamtbilanz". So wurden auch Benjamin Franklins Worte "Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu erlangen, der wird beides verlieren" von Degenhart zitiert.

Nun wird mit Spannung erwartet, welches Ergebnis die Klage bringen wird. Der übermdimensionale Umschlage ist jedenfalls schon mal übergeben. 

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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