Deutsche Schulen: durchgefallen
Die Chancengerechtigkeit an deutschen Schulen hat sich seit der ersten Pisa-Studie nicht verbessert. Noch immer haben Kinder armer Eltern es im Gegensatz zu wohlhabenden Kindern schwerer, eine weiterführende Schule zu besuchen – selbst bei gleicher Intelligenz.
Die Chancengerechtigkeit an deutschen Schulen hat sich seit der ersten Pisa-Studie nicht verbessert. Noch immer haben Kinder armer Eltern es im Gegensatz zu wohlhabenden Kindern schwerer, eine weiterführende Schule zu besuchen – selbst bei gleicher Intelligenz. Das hat die Studie "Chancenspiegel" des Dortmunder Instituts für Schulentwicklungsforschung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung herausgefunden.
Bildungserfolg hängt noch immer von sozialer Herkunft ab, das ist kein Geheimnis. Aber das Ausmaß ist erschreckend. Besonders ausgeprägt ist die Chancenungerechtigkeit in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein – und Bayern. In diesen Bundesländern haben Akademikerkinder im Schnitt eine 6,1 mal höhere Chance Abitur zu machen. In Berlin, Brandenburg, Hessen, Hamburg und Sachsen wurde ein vergleichsweise niedriger Wert von 2,5 gemessen. Die Studie untersuchte die Förderung von Lernbehinderten, die Chancen für Kinder bildungsferner Schichten, die Leistungen beim Lesen und das Textverständnis, sowie den Anteil von Schülern mit weiterführenden Abschlüssen und Chancen auf eine Ausbildungsstelle.
Benachteiligte Schüler dürfen nicht bestraft werden
Obwohl Sitzenbleiben unter vielen Schulpädagogen mittlerweile als überholt und unnötig gilt, müssen in Bayern rund 4,5% der Schüler jedes Jahr ein Schuljahr wiederholen. In Baden-Württemberg, Brandenburg, Sachsen und Schleswig-Holstein sind es nur 1,7%. Zu den Ergebnissen der Studie sagte der Schulforscher Wilfried Bos: "Der Mindestanspruch von Schule muss sein, dass herkunftsbedingte Nachteile von Schülern während ihrer Schulzeit nicht noch verstärkt werden und sie so für ihr Elternhaus auch noch 'bestraft' werden."
Chancengerechtigkeit darf nicht ausgeblendet werden
Keines der Bundesländer erhält in allen Untersuchungsfeldern gute Noten – es gibt allerdings auch kein eindeutiges Schlusslicht. Wilfried Bos sagte im Interview mit der taz: "Chancengerechtigkeit wird im deutschen Bildungssystem oft ausgeblendet, im Vordergrund steht die Leistung."
Kein einheitliches Bildungssystem
Der "Chancenspiegel" beachtet allerdings nicht, dass Deutschland kein einheitliches Bildungssystem hat. Deshalb ist die Leistung der Schüler schwer vergleichbar, und es bleibt undurchsichtig, ob der Leistungsdruck der verschiedenen Bundesländer ebenfalls Einfluss auf die Chancengerechtigkeit in deutschen Schulen nimmt. Bertelsmann-Stiftungsvorstandsmitglied Jörg Dräger: "Die Bundesländer sollten mehr von einander lernen". Das könnte schon bald passieren. Möglicherweise gibt es in Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Schleswig-Holstein und Bayern ab 2014 ein zentrales Abitur. Denn Wilfried Bos liegt richtig, wenn er sagt: "Chancengleichheit und Leistung, das muss kein Widerspruch sein."
Bildquelle: CAPL unter CC BY-NC-SA 3.0
Bildungserfolg hängt noch immer von sozialer Herkunft ab, das ist kein Geheimnis. Aber das Ausmaß ist erschreckend. Besonders ausgeprägt ist die Chancenungerechtigkeit in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein – und Bayern. In diesen Bundesländern haben Akademikerkinder im Schnitt eine 6,1 mal höhere Chance Abitur zu machen. In Berlin, Brandenburg, Hessen, Hamburg und Sachsen wurde ein vergleichsweise niedriger Wert von 2,5 gemessen. Die Studie untersuchte die Förderung von Lernbehinderten, die Chancen für Kinder bildungsferner Schichten, die Leistungen beim Lesen und das Textverständnis, sowie den Anteil von Schülern mit weiterführenden Abschlüssen und Chancen auf eine Ausbildungsstelle.
Benachteiligte Schüler dürfen nicht bestraft werden
Obwohl Sitzenbleiben unter vielen Schulpädagogen mittlerweile als überholt und unnötig gilt, müssen in Bayern rund 4,5% der Schüler jedes Jahr ein Schuljahr wiederholen. In Baden-Württemberg, Brandenburg, Sachsen und Schleswig-Holstein sind es nur 1,7%. Zu den Ergebnissen der Studie sagte der Schulforscher Wilfried Bos: "Der Mindestanspruch von Schule muss sein, dass herkunftsbedingte Nachteile von Schülern während ihrer Schulzeit nicht noch verstärkt werden und sie so für ihr Elternhaus auch noch 'bestraft' werden."
Chancengerechtigkeit darf nicht ausgeblendet werden
Keines der Bundesländer erhält in allen Untersuchungsfeldern gute Noten – es gibt allerdings auch kein eindeutiges Schlusslicht. Wilfried Bos sagte im Interview mit der taz: "Chancengerechtigkeit wird im deutschen Bildungssystem oft ausgeblendet, im Vordergrund steht die Leistung."
Kein einheitliches Bildungssystem
Der "Chancenspiegel" beachtet allerdings nicht, dass Deutschland kein einheitliches Bildungssystem hat. Deshalb ist die Leistung der Schüler schwer vergleichbar, und es bleibt undurchsichtig, ob der Leistungsdruck der verschiedenen Bundesländer ebenfalls Einfluss auf die Chancengerechtigkeit in deutschen Schulen nimmt. Bertelsmann-Stiftungsvorstandsmitglied Jörg Dräger: "Die Bundesländer sollten mehr von einander lernen". Das könnte schon bald passieren. Möglicherweise gibt es in Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Schleswig-Holstein und Bayern ab 2014 ein zentrales Abitur. Denn Wilfried Bos liegt richtig, wenn er sagt: "Chancengleichheit und Leistung, das muss kein Widerspruch sein."
Bildquelle: CAPL unter CC BY-NC-SA 3.0