Das Regierungsprogramm von Rot-Rot-Grün in Thüringen
Energiewende und Wählen ab 16
Der Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün in Thüringen wurde heute vorgestellt. Bodo Ramelow wird der erste Ministerpräsident der Partei DIE LINKE.
25 Jahre nach dem Mauerfall gibt es mit Bodo Ramelow nun voraussichtlich den ersten Ministerpräsidenten für die Partei DIE LINKE. Der Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün in Thüringen wurde heute vorgestellt und muss jetzt noch über Urabstimmungen bei den Grünen und der Linken bestätigt werden.
Das Ergebnis am Wahlabend war denkbar knapp und unklar gewesen. Sowohl eine große Koalition aus CDU und SPD, als auch die jetzige Verbindung aus Bündnis 90/Grüne, SPD und Linkspartei hätte im Landtag nur eine Mehrheit von einer Stimme. Die zweite setzte sich durch. Vor allem deshalb, so SPD-Landesparteivorsitzender Andreas Bausewein heute in Erfurt, weil sich die Verhandlungsparteien „auf Augenhöhe“ und mit „entsprechendem Respekt“ begegneten.
Dreieinhalb Seiten Präambel zum historischen Bewusstsein
Wie unsicher der Entschluss von Rot-Rot-Grün sein kann, darauf wird in der Präambel des Regierungsprogramms eingegangen. Auf dreieinhalb Seiten wird auf die Wurzeln der LINKEN in der DDR, aber auch auf die damalige Bürgerrechtsbewegung hingewiesen, die die SPD und das Bündnis 90/Grüne entscheidend geprägt hat. Die angemessene Aufarbeitung dieser Vergangenheit wird zum zentralen Ziel erklärt, war jedoch auch Grundbedingung für das Zustandekommen der Sondierungsgespräche. Dieter Lauiger von den Grünen: „Hätte man sich in diesem Punkt nicht verständigen können, wären wir nicht in Verhandlungen eingetreten. Das war für uns die Quintessenz es zu tun.“
Direkt demokratische Reformen in Thüringen
Drei Schlagwörter – Demokratisch, Sozial und Ökologisch - sollen das Regierungsprogramm für die 6. Thüringer Wahlperiode prägen. Grundlage ist dafür eine stabile finanzielle Basis, bei der keine Schulden aufgenommen werden – alle Projekte müssen sofort finanzierbar sein oder geändert werden. Die konkreten Vorschläge der Politik tragen dabei die Handschrift aller drei Parteien. Direktdemokratische Elemente sollen gestärkt und Hürden für gesellschaftliches Engagement abgebaut werden: aktives Wahlrecht ab 16 und für jeden nicht-deutschen Staatsbürger auf allen Ebenen, engere Zusammenarbeit mit Vereinen und außerparlamentarischen Experten sowie eine erhöhte Transparenz von parlamentarischen Prozessen. Gleichzeitig sollen Datenschutzrichtlinien verschärft werden.
Sozial- und Umweltpolitik im Fokus
Die Vorhaben der Sozialpolitik sind ebenso engagiert: Ein freies KITA-Jahr für jedes Kind in Thüringen soll nur der Anfang sein. Langfristig ist geplant, die gesamte Kinderbetreuung kostenlos anzubieten, sofern der Haushalt es zulassen würde. Im Bildungssektor werden mehr Aus- und Weiterbildungsplätze angestrebt. Auch das außerschulische Bildungsangebot für Schüler soll ausgebaut werden. Zusätzlich will Rot-Rot-Grün versuchen, gerade die zu unterstützen, die Hilfe am nötigsten haben: Es soll beispielsweise ein neues Ressort für Migration unter Leitung der Grünen geschaffen werden.
Bündnis90/Grünen soll auch den Bereich für Umweltpolitik zugewiesen bekommen. Dort soll die Energiewende und das Bekenntnis zu Erneuerbaren Energiequellen aufrecht erhalten werden. Die Methode des „Fracking“ um Erdgas aus tieferliegenden Gesteinsschichten zu gewinnen, wurde entgegen dem Gesetzesentwurf, der heute von der Bundesregierung präsentiert wurde, entschieden abgelehnt.
Urabstimmungen bis zum 05. Dezember
Ob auch die Mitglieder von LINKE und Bündnis 90/Grüne dem Regierungsprogramm zustimmen, wird sich nun in den kommenden Tagen zeigen. Über Urabstimmungen müssen sich die beiden Parteispitzen noch die Unterstützung ihrer Mitglieder sichern, sonst scheitert der Vertrag. Bei der SPD ist so ein Vorgehen nicht vorgesehen. Dass Bodo Ramelow am 05. Dezember 2014 zum ersten linken Ministerpräsidenten gewählt wird, gilt allerdings als sehr wahrscheinlich.
Das Regierungsprogramm für Thüringen als PDF