In den November-Fußnoten dreht sich alles um das Thema „Fleisch“
Es geht um die Wurst. Und das Steak.
Mamas butterzarter Schweinebraten, die leistungssteigernde Leberkassemmel in der Mittagspause, die knusprigen Speckstreifen auf dem Frühstücksrührei, der lebensrettende Döner nach dem Feiern, das saftige Steak auf dem Grillrost, … Köstlich, sagen die einen. Tierquälerei, Raubbau an der Erde und unnötig, sagen die anderen. Aber wer hat recht? Die Fußnoten haben im November nach Antworten gesucht.
Sie sind mitten unter uns. Vermehren sich rasend schnell. Ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie das Kommando übernehmen? In jedem Freundeskreis, in fast jeder Familie gibt es sie mittlerweile: Vegetarier, Veganer, Pescetarier, Flexitarier oder einfach Menschen, die dem Konsum von Fleisch aus den verschiedensten Gründen kritisch gegenüberstehen.
Aber zu einem vernünftigen Essen gehört doch ein Stück Fleisch. Hier in Bayern vielleicht sogar dringender als anderswo. Blättert man durch ein Kochbuch mit regionalen Spezialitäten, gehen dem Fleischfreund die Augen über: Der beste Start in den Tag ist schließlich ein zünftiges Weißwurst-Frühstück. Mittags stärkt man sich mit einer Scheibe knusprig zartem Schweinebraten, einer schön reschen Ente oder einem würzigen Hendl. Die abendliche Brotzeit lässt sich mit ein paar Fleischpflanzerln aufwerten. Auch wenn sicher nicht jeder mit täglich mit Weißwürsten startet und sich in der Mittagspause einen Schweinebraten gönnt, ist es heute überhaupt kein Problem, drei Portionen Fleisch an einem einzigen Tag im Speiseplan unterzubringen.
Vom Sonntags- zum täglichen Mensaessen
Das war nicht immer so. Vor nicht allzu langer Zeit (fragt mal eure Eltern) war Fleisch noch viel zu teuer, um es täglich auf den Tisch zu bringen. Vor 30 oder 40 Jahren machte Fleisch eine Mahlzeit zu etwas Besonderem. Gute Hausfrauen verbrachten den halben Sonntag in der Küche, um ihre Familien mit einem Sonntagsbraten zu verwöhnen. Am Montag aß man vielleicht noch ein paar Reste davon, und dienstags standen dann Spiegeleier mit Salzkartoffeln und Spinat oder Ähnliches auf dem Tisch. Für ein Kilo Schweinefleisch musste man damals stolze 1,6 Prozent seines Gehalts ausgeben.
In den letzten Jahren ist der Fleischpreis aber rasant und konstant gefallen. Heute muss man nur noch etwa 0,3 Prozent seines Einkommens für ein Kilo Schweinefleisch investieren. Immer mehr Menschen können sich immer mehr und immer öfter Fleisch leisten. Und das tun sie auch. Im letzten Jahr hat jeder Deutsche, laut dem Statistischen Bundesamt, etwa 62 Kilogramm Fleisch verzehrt. In den Fünfziger Jahren lag der Fleischverzehr pro Kopf noch bei unter 30 Kilogramm. Bei über 80 Millionen Menschen, die hier leben, ist das eine beachtliche Menge.
Biofleisch? Kauft fast niemand
All das Fleisch, das wir täglich auf unseren Tellern oder zwischen unseren Semmelhälften liegen haben, muss aber auch irgendwo herkommen. Solche Mengen Fleisch kommen eben nicht von glücklichen, liebevoll umsorgten Bauernhoftieren. Fleischproduktion ist eine Massenindustrie. Wenn wir ein Pfund Hackfleisch für zwei Euro kaufen, hat das Tier sein Leben wahrscheinlich auf wenigen Quadratmetern in einem Massenbetrieb zugebracht und wurde in Windeseile auf das richtige Schlachtgewicht gemästet – mit allen dafür zur Verfügung stehenden Mitteln.
Wer will, dass sein Kotelett vor der Pfanne ein würdiges Leben hatte, kann zu Biofleisch greifen. Doch trotz des angeblichen Bio-Booms ist die ökologische Viehwirtschaft eine ziemlich kleine Nische. Laut Angaben des WWF wird nur ein verschwindend geringer Anteil des Fleischs in Deutschland nach Biokriterien produziert: 5 % des Rinderbestands, 1 % der Schweine und 3 % der Masthühner.
Vom Massenwurstkönig zum Ökometzger
Abgesehen vom artgerechten Umgang mit den Tieren verursacht die Fleischproduktion allerdings noch ganz andere Probleme: Bis ein Kilo Fleisch im Laden liegt, hat man dafür etwa 15.500 Liter Wasser verbraucht – eine bekanntermaßen knappe Ressource. Um ausreichend Futtermittel für das Schlachtvieh zu produzieren, werden riesige Regenwaldflächen abgeholzt. Und auch der negative Beitrag der Fleischindustrie zum Klimawandel gilt mittlerweile als erwiesen.
Sind Vegetarier also wirklich einfach bessere Menschen und Fleischesser das personifizierte Böse? Die Fußnoten sind dieser Frage nachgegangen. Das Team hat sich mal bei den Herrmannsdorfer Landwerkstätten umgeschaut, deren Gründer, Spross einer traditionsreichen Metzgerfamilie, früher begeistert von der effektiven Industrialisierung der Fleischproduktion war und dann radikal vom Glauben abfiel. Von der ehemals modernsten Fleischwarenfabrik Europas (übrigens die Wiege der „Herta“-Wurst) zur ökologischen Landwirtschaft – Warum erfahrt ihr in den Fußnoten.
Fleisch aus dem Labor oder lieber Heuschrecken statt Schnitzel?
Die Fußnoten haben die Münchner auf der Straße zu ihrem Fleischkonsum befragt, mit Metzgern gesprochen, in den Kantinen der Stadt auf den Speiseplan geschaut und natürlich nach Alternativen zum Fleischkonsum gesucht, denn Vegetarismus, Pescetarismus, Flexitarismus sind noch lang nicht alles. Emsige Forscher sind zurzeit dabei, Fleisch künstlich im Labor zu züchten – wir haben ihnen dabei über die Schulter geschaut.
Die UNO empfiehlt dagegen, statt Fleisch lieber Insekten zu essen, da Schweineschnitzel und Rinderbraten erst mit viel Aufwand wichtiger Ressourcen produziert werden müssen, und es andere Eiweißlieferanten wie Heuschrecken, Mehlwürmer und Co auf der Welt nun mal in Hülle und Fülle gibt. Wir haben’s ausprobiert. Wenn ihr wissen wollt, wie uns die panierten Heuschrecken so geschmeckt haben, schaltet am Sonntagabend um 19.00 Uhr euer Radio ein.
Die Fußnoten: „Fleisch“, Sonntag, 25.11.2012 um 19.00 und in der Wiederholung am Mittwoch, den 28.11.2012 um 13.00 Uhr auf M94.5
Redaktion: Anna Warsberg, Max Scherer, Axinja Weyrauch, Karolina Krauss, Gustav Pachtner, Anne Liepold