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Interview mit Dr. Raimund Löw über das EU-Budget 2015 und die Machtverhältnisse im Europäischen Rat

EU zwingt zur Kooperation

Autor(en): Vinzent-Vitus Leitgeb am Dienstag, 9. Dezember 2014
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Quelle: pro.media kommunikation GmbH/APA-Fotoservice/Lechner

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Raimund Löw leitet seit 2007 das Brüssel-Büro des ORF. Im Interview spricht er über Machtverhältnisse im Europäischen Rat und den EU-Haushalt.

Raimund Löw leitet seit 2007 das Brüssel-Büro des ORF. Im Interview spricht er über Machtverhältnisse im Europäischen Rat und den EU-Haushalt.

Zuvor war er unter anderem schon als Korrespondent in Moskau und Washington. Im kommenden Jahr wird er für den ORF nach Asien wechseln. Das Buch „Europas Drahtzieher“ hat Raimund Löw zusammen mit Cerstin Gammelin, Brüssel-Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung, herausgegeben. 

Herr Löw, in ihrem Buch „Europas Drahtzieher“ identifizieren sie eine „europäische Monarchin“ – Angela Merkel - die Entscheidungen im Europäischen Rat maßgeblich beeinflusst. Gleichzeitig dreht sich einer der aktuellsten Konflikte auf europäischer Ebene um das Budget der EU für das Jahr 2015.
Greift man jetzt auf die alte politikwissenschaftliche Phrase „Das Budgetrecht ist das Königsrecht“ zurück, können Sie dann nicht sehr gut beschreiben, wie der Haushaltsstreit ausgeht?

Bisher ist es ja eigentlich noch „Business as Usual“. Es ist nicht unüblich, dass man sich bis zur letzten Minute über den Haushalt streitet und um Kleinigkeiten verhandelt. Irgendwann schließt man dann einen Kompromiss. Das eigentliche Problem ist die öffentliche Kommunikation, die nahelegt, dass es sich um riesige Summen an Geld handelt. In Wahrheit ist das von jedem Staat nur 1% des Bruttoinlandproduktes. Das EU-Budget ist damit weder groß genug, die Konjunktur in Europa anzustoßen, noch den Gesamtkontinent in irgendeine Richtung zu Entwickeln.

Dafür hat man ja jetzt den Investitionsplan von Junker.

Genau, wenn es so funktioniert, wie Jean-Claude Juncker sich das vorstellt, ist das tatsächlich so eine Art von Erweiterung des Handlungsspielraumes der Kommission.

Jetzt kann die Kommission beim Haushalt aber nur Vorschläge erarbeiten, denen Parlament und Rat in gewisser Form zustimmen müssen. Ist dann nach der These Ihres Buches nicht die Konsequenz, dass sich die Interessen des Rates durchsetzten?

Alle Mechanismen der EU sind solche, die Mitgliedstaaten und Institutionen zu Kompromissen zwingen, also auch in dem Fall. Aber natürlich: Die großen Geberstaaten haben mehr zu sagen und haben mehr Einfluss. In dem Fall sind sie auch politisch deutlich potenter. Angela Merkel organisiert immer die Koalitionen, die dann entscheiden, dass etwas passiert oder nicht.

„Tendenz zu Renationalisierung“

In der aktuellen Diskussion am Mediengipfel Lech haben Sie aber gleichzeitig von einer immer größeren Zwietracht zwischen den Mitgliedsstaaten gesprochen. Gefährdet das nicht auch solche Koalitionen oder die Möglichkeiten dazu?

Die Sache ist, dass es in vielen Staaten eine Tendenz zur Renationalisierung gibt: in Frankreich durch Marine LePen, durch UKIP in Großbritannien oder eben die FPÖ in Österreich. Die wollen alle weniger Kompromisse mit den Nachbarn und die nationale Interessen ungehemmt an erste Stelle setzen. Das führt automatisch zum Zerfall von vielen Koalitionsprozessen und oftmals dazu, dass jeder gegen jeden agiert. Das ist eine gefährliche Entwicklung, die auch in kommenden Verhandlungen zu Problemen führen wird. Mindestens die nächsten zwei Jahre werden in Brüssel hochinteressant.

Finden Sie es dann nicht schade, dass sie ihre Arbeit als Büroleiter des ORF in Brüssel genau jetzt aufgeben, nach Asien gehen und das nicht mehr direkt begleiten können?

Es ist immer spannend in Krisensituationen als Berichterstatter an einem Ort zu sein, aber es ist genauso spannend diesen Ort dann aus der Distanz zu beobachten. Und ich glaube, gerade aus asiatischer Perspektive auf Europa und die europäischen Krisen zu blicken, kann durchaus einen Erkenntnisgewinn bringen.

 

Interview geführt am 04.12.2014 am 8. Europäischen Mediengipfel in Lech am Arlberg

Pressemitteilung zur Einigung über den EU-Haushalt für das Jahr 2015 vom 09. Dezember 2014.

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