Die Fußnoten im August
Hitlers Spuren in München
Darf man dort Bier trinken, wo einst Bücher verbrannt wurden? Die Fußnoten suchen die Spuren der NS-Zeit in München und einen angemessenen Umgang mit dem unliebsamen Erbe.
Wenn man an einem lauen Münchner Sommerabend am Königsplatz im alljährlichen Open-Air-Kino-Testlauf Kir Royal sieht, ein kühles Helles in der Hand und ein paar Lieblingsmenschen dabei, ist man schon geneigt zu glauben, die Definition des Wortes „Unbeschwertheit“ hier in München gefunden zu haben. Dass man gerade dort das Leben genießt, wo vor 80 Jahren Bücher verbrannt wurden und Nationalsozialisten unter dem Slogan „Blutzeugen der Bewegung“ als Märtyrer verehrt wurden, ist in solchen Momenten ganz weit weg.
Doch genau das ist ein großes Münchner Problem: Die braune Vergangenheit der Stadt ist alles andere als weit weg, sondern ziemlich nah dran. Im konservativ-separatistisch geprägten München fiel Adolf Hitlers Gedankengut früh auf fruchtbaren Boden. Hier liegen die Wurzeln des politischen Erfolgs der Nationalsozialisten. Auch wenn München nach der Machtergreifung 1933 neben Berlin politisch nur noch eine Statistenrolle einnahm, blieb die „Hauptstadt der Bewegung“, wie sich München ab 1935 offiziell nennen durfte, ein wichtiger Ort der Inszenierung des Nationalsozialismus.
Tanzen, wo früher Bücher verbrannt wurden
Der Verordnung über die „Grundsätze der Straßenbenennungen“ vom Juli 1933 zufolge sollte jede Stadt ihre wichtigste Straße nach Adolf Hitler benennen. Als besonders vorbildlich galt es, Hitler dann auch gleich noch zum Ehrenbürger zu machen. Und da Hitlers Liebe zu München durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte, benannte man in der „Hauptstadt der Bewegung“ gleich drei Straßen nach ihm. Ehrenbürger war er natürlich auch. Wie geht München mit diesem Erbe um?
In der Broschüre zum „ThemenGeschichtsPfad: Nationalsozialismus in München“ schreibt Oberbürgermeister Christian Ude, dass sich die Stadt München „ihrer besonderen Verpflichtung, aktiv an die Zeit des Nationalsozialismus und an seine Verbrechen zu erinnern, bewusst sei“. Doch ob ein David-Guetta-Konzert und ähnliche „Events“ auf dem Königsplatz viel mit dem aktiven Erinnern an die Verbrechen der NS-Zeit zu tun haben, kann man bezweifeln. Kann man, ob man das wirklich muss ist eine andere Frage.
Hitlers Wohnung ist heute eine Polizeistation
Man kann es natürlich auch gut finden, dass man in München nicht bei jedem Schritt die historische Last auf den Schultern spürt. Gerade der Königsplatz wurde - lange vor Hitler – unter Ludwig I. nach dem Vorbild der Athener Akropolis als ein Ort des kulturellen Lebens konzipiert. Zeigt man mit einem Feierabendbier bei Sonnenuntergang auf den Stufen der Glyptothek, dass man sich diesen schön zentralen Platz von den Nationalsozialisten nicht hat wegnehmen lassen?
Allerdings erinnert in der „Hauptstadt der Bewegung“ heute eher wenig an die unrühmliche Vergangenheit. Hitlers ehemalige Wohnung am Prinzregentenplatz ist heute eine Polizeistation. Dass das ehemalige Domizil des Diktators heute in öffentlicher Hand ist, verhindert, dass der Ort zu einer Pilgerstätte für die rechte Szene wird. Von außen erinnert rein gar nichts daran, dass Hitler hier früher residierte.
Hitler was here
In München fühlt man sich in Bezug auf Hitler manchmal ein bisschen wie der Igel, der sich in der Fabel an ein Wettrennen mit dem Hasen wagt: (Fast) egal wo man hinkommt, Hase Hitler war schon da. Im Schellingsalon prellte er gern die Zeche, im Festsaal des Hofbräuhauses hielt er eine seiner ersten Reden. Die Gegend zwischen Marien- und Königsplatz stand zu Zeiten des NS-Regimes sowieso ganz im Zeichen der NSDAP.
Doch an all diesen Orten erinnert kaum etwas an Hitler. Sonst sind Städte, Gastwirte und so weiter nicht so zäh mit Gedenktafeln für berühmte Gäste. Die Fußnoten waren an vielen der „vergessenen“ Nazi-Orte in München und haben nachgefragt, was wo passiert ist und wie man heute mit diesem dunklen Erbe umgeht.
Die Fußnoten im August nehmen euch mit auf eine Spurensuche durch München. Wir erzählen die Geschichte von Orten, an denen viele fast täglich vorbeikommen. Die Fußnoten schauen sich die Vergangenheit genau an und blicken in die Zukunft, um zu sehen, wie heute und morgen mit der dunkelbraunen Vergangenheit unserer Stadt umgegangen wird.
Die Fußnoten im August laufen am Sonntag, den 25. August um 19.00 Uhr und in der Wiederholung am Mittwoch, den 28. August um 13.00 Uhr.