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Nationalstolz als Problem

Autor(en): Marco Morgenroth am Dienstag, 25. Juni 2013
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Der Auftritt der Band „Thompson“ mit ihrem umstrittenen Sänger Marko Perkovic am letzten Samstag sorgt für Diskussionen.

Letzten Samstag trat die kroatische Band „Thompson“ im Zenith auf. In der Vergangenheit wurde ihr vorgeworfen, in ihren Texten die faschistische Vergangenheit Kroatiens zu glorifizieren. In Kroatien ist sie äußerst populär und auch in der großen kroatischen Gemeinde in München hat sie viele Fans. Es ist nicht verwunderlich, dass hier eine kroatische Band in einer so großen Location spielen kann. Die Band um den Sänger Marko Perkovic singt in ihren Texten von der kroatischen Heimat, dem Gefühl der Gemeinschaft, das alle Kroaten verbindet. Die Fans sehen in den Texten die Sehnsucht nach der Heimat und den Stolz auf die eigene Nation. Die Texte haben aber eben auch noch eine andere problematische Dimension.

Hey mein Volk auf zum Sieg“

Der Name der Band "Thompson" leitet sich von der Bezeichnung für eine Schusswaffe ab. Mit einer „Thompson“ hat Marko Perkovic im Kroatienkrieg seinen Heimatort Cavoglave gegen die serbischen Soldaten verteidigt. Schon in dieser Zeit ist er berühmt geworden mit nationalistischen Liedern, die gegen Serbien hetzten. Eine Waffe ist auch das Markenzeichen der Band, nämlich ein blankes Schwert. Ihr Lied "Bojna Cavoglave", zu Deutsch: "Kämpferische Cavoglave" beginnt mit dem alten kroatischen Gruß „Za dom - spremni!“ - „Für die Heimat bereit!“.Es wird über die Verteidigung der Heimat und die Angriffe der Serben gesungen. In seinen Songtexten benutzt Marko Perkovic solche Motive, die für das Ustascharegime stehen. Mit Nazideutschland verbündet, war dieses für zahlreiche Kriegsverbrechen an Serben, Juden, Sinti und Roma verantwortlich. Das Lied, dass diesen Ustascha-Gruß enthält, darf die Band auch nicht mehr auf Konzerten außerhalb Kroatiens spielen. Viele rechtsradikale Kroaten glorifizieren diese Zeit, und Marko Perkovic stellt zu ihr in seinen Songtexten eine Verbindung mit dem Kroatienkrieg her.

Ein umstrittener Künstler

Mit Elementen, wie dem verbotenen Gruß, spricht Marko Perkovic ultranationalistische Kroaten an, die auch auf seine Konzerte strömen und dort Symbole des Ustascharegimes tragen, wie zum Beispiel der „Schwarzen Legion“, der Elitetruppe des Regimes. Offiziell distanziert sich Perkovic von diesen Fans und auch von dem Vorwurf, er sei selbst rechtsradikal. Er verweist auf seine neueren Texte, in denen es um die Liebe zu Kroatien und seinen Menschen geht. Und doch haben seine Lieder Symbolwirkung für viele Neofaschisten.

Die Schweiz hatte Perkovic in der Vergangenheit mit Auftritts- und Einreiseverboten belegt. Diese Entscheidungen waren umstritten, weil er sich offiziell vom Rechten Lager distanziert hatte und seine Texte nur Anspielungen enthalten würden. 2009 durfte in München ein Auftritt der Band stattfinden, obwohl es auch damals schon Kritik gab. Auftritte in Bochum und auch den Niederlanden wurden auf früheren Tourneen schon verboten. In München durfte die Band nun ein zweites Mal auftreten und die Diskussion um ein Verbot ist neu aufgeflammt. 

Eine rein kroatische Veranstaltung

Wie schon 2009 konnte sich die Stadt München auch dieses Mal zu keinem Verbot durchringen. Die Tickets für das Konzert konnte man ausschließlich über kroatische Ticketverkaufsstellen erwerben und selbst auf der Seite des Zeniths war nichts von der Veranstaltung zu lesen. Die Stimmung ist vergleichbar mit einem Fußballspiel, schon von weitem sind die Sprechchöre zu hören. Das Konzert ist eine rein kroatische Veranstaltung: Jugendliche und ältere Menschen tragen kroatische Fußballtrikots und schwenken kroatische Fahnen. Der Nationalstolz verbindet die Generationen und steht im Vordergrund. Die Texte der Lieder werden von niemandem hinterfragt. Die meisten der Fans stellen keine Verbindung zur Zeit des Faschismus her, sondern lassen sich scheinbar unreflektiert von den nationalistischen Botschaften berieseln. Die schwarzen Schafe, aus dem rechtsradikalen Lager sind die Minderheit, die meisten Konzertbesucher genießen aber ein Stück Heimat.

Im Zwiespalt

Die Entscheidung, die die Stadt München zu fällen hatte war nicht einfach. Vielleicht liegt es daran, dass wirklich nur ein kleiner Teil der Konzertbesucher die Verbindung zum faschistischen Regime herstellt. Abgesehen von einem einzelnen Hitlergruß, kam es auf dem Konzert zu keinen verbotenen Handlungen. Auch die viel beschriebenen Symbole waren nicht zu sehen. Trotzdem bleibt bei Textelementen wie, „Hey mein Volk...auf zum Sieg“ und „ein Volk von Gott erwählt“ wohl bei jedem ein Nachgeschmack von „Blut und Boden“-Propaganda zurück und spricht dadurch natürlich die nationalistischen Strömungen in Kroatien an. Man kann in Marko Perkovic und „Thompson“ beides sehen, eine Band, die über Heimatverbundenheit und den Nationalstolz singt oder aber Musiker, die neofaschistische Botschaften in ihre Songtexte verpacken und ihre Propaganda unter die Leute bringen wollen. Es ist schwer der Band wirklich zu nachzuweisen, dass sie rechtsradikales Gedankengut verbreiten, vom Gegenteil können sie aber auch nicht überzeugen. 

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