Nur Bares ist Wahres
"Giulio Tremonti ist der gebildetste Wirtschaftsminister Europas". Dieses Lob hat Italiens Wirtschafts- und Finanzminister 2009 vom ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair erhalten. Dummerweise hat er sich trotzdem zu einem verhängnisvollen Fehler hinreißen lassen. Er zahlte wöchentlich 1000 Euro für ein Luxus-Apartment in Rom, dass er drei Tage pro Woche als Untermieter nutzte. Eigentlich nichts Besonderes, doch die Art der Bezahlung hatte es in sich.
Soviel vorweg: Für seinen "Zweitwohnsitz" in der italienischen Landeshauptstadt wäre die Kaserne der Finanzpolizei auch eine Option gewesen. Dort hat er bis ins Jahr 2004 regelmäßig übernachtet. Als Finanzminister ist das eine legitime Alternative, für Tremonti schon lange nicht mehr. Er habe sich ausspioniert, überwacht und verfolgt gefühlt. Kein Wunder, dass er ein bisschen Kleingeld in die Hand genommen hat, um sich dieser Bedrohung wenigstens räumlich zu entziehen.
Tremonti hat sich dafür etwas Besonderes einfallen lassen. So wirklich selbst gezahlt hat er nämlich nicht. Den teuren Spaß soll ihm ein Bauunternehmer ermöglicht haben, mit immerhin 10 000 Euro im Monat. Der Begünstigte ist, wie es der Zufall will, auch ein Mann des Staates. Marco Milanese, seines Zeichens ehemaliger "Berater" Tremontis und offensichtlich gewiefter Hobby-Vermieter. Wie aus 1000 Euro in der Woche 10 000 Euro im Monat wurden, kann niemand genau sagen. Fakt ist, dass keiner zu kurz kommen sollte und das der Bauunternehmer bekannt dafür ist, gerne ein paar Euro in neue Aufträge zu investieren.
Tremonti sieht natürlich keinen Grund, sich zu schämen. Wer mit dem "Bunga Bunga- Staatsoberhaupt" mithalten will, muss sich schon etwas einfallen lassen. Gegen Silvio Berlusconi laufen derzeit immerhin gleich vier Strafverfahren. Er hat angekündigt, dass er den Finanzminister nicht verteidigen wird. Alles andere wäre auch nicht besonders clever, angesichts der eigenen Negativ-Schlagzeilen. Darüber hinaus verbindet Berlusconi und Tremonti nicht gerade eine innige Männerfreundschaft. Von Bespitzelungsvorhaben Berlusconis ist die Rede. Doch nicht etwa in der Kaserne der Finanzpolizei?
Tremonti reiht sich also ein in die Liste der italienischen Affären. Aktuell sind über zehn Prozent der Politiker im Parlament entweder vorbestraft, stehen im Zentrum eines Ermittlungsverfahrens, müssen sich vor Gericht verantworten oder sind einer möglichen Strafe entwischt. Berlusconi sah sich deshalb gezwungen, öffentlich vor einer Verhaftungswelle zu warnen.