Werden die rechtspopulistischen Parteien bei den EU-Wahlen mehr Stimmen erhalten?
Rechtsruck in Europa
Vieles spricht für einen Rechtsruck im EU-Parlament nach der Europawahl. Doch was sagen eigentlich die dazu, die uns in Europa vertreten?
Vieles spricht für einen Rechtsruck im EU-Parlament nach der Europawahl. Doch was sagen eigentlich die dazu, die uns in Europa vertreten?
Schluss mit dem Euro! (Lega Nord) , Weniger EU (PVV), Mut zu Deutschland (AfD), Österreich denkt um – zu viel EU ist dumm (FPÖ), Ist der Ali kriminell, ab in die Heimat schnell (NPD) – mit Kreativität oder gar Originalität können die plumpen Europawahlslogans der rechtspopulistischen Parteien Europas wohl kaum punkten. Dennoch werden die europafeindlichen Parteien bei den kommenden Europawahlen vom 22.- 25. Mai aller Voraussicht nach mehr Stimmen einfangen als je zuvor.
Wie groß die Gefahr eines massiven Rechtsrucks im Europaparlament ist, verdeutlichen jüngste Prognosen eindrucksvoll: War das rechte Spektrum bisher mit 55 Abgeordneten vertreten, könnte es bei der nächsten Wahl doppelt so viele, nämlich bis zu 110 Sitze (von 751 Sitzen) ergattern.
Die Augen vor den Europagegnern zu verschließen ist also für die EU-Abgeordneten aus der Mitte des Parlaments nicht länger möglich. Doch wie erklären sie sich die massive Skepsis an Europa und vor allem – wie sollte man damit umgehen?
Mögliche rechtspopulistische Fraktion
Daniel Caspary, EU-Parlamentarier der CDU, macht vor allem die umstrittene Aufhebung der 3%-Hürde durch das Bundesverfassungsgericht Sorge.
Bisher war es so, dass rechtspopulistische Abgeordnete der verschiedensten Länder vereinzelt und isoliert im Europaparlament vertreten waren, oder wie es Caspary ausdrückt, „hier quasi nicht stattfinden konnten“. Grund dafür sind die Vorgaben zur Fraktionsbildung im EU-Parlament, die 25 Abgeordnete aus mindestens 7 verschiedenen Ländern verlangt. Die französische Europagegnerin Marine le Pen, von der Front National konnte bisher zwar das EU-Plenum als rechte Agitationsplattform nutzen, doch war sie von Ausschuss- oder Facharbeit ausgeschlossen.
Durch die Entscheidung des BVG Ende Februar diesen Jahres, ist es nun wahrscheinlich, dass rechtsextreme bzw. -populistische Parteien aus Deutschland, etwa die NPD oder die AfD, künftig Abgeordnete nach Europa entsenden und somit die Hürde zur Fraktionsbildung überwunden wird.
Die niederländische Partei für Freiheit (PVV) des gefährlich charismatischen Führers Geert Wilders, die Freie Partei Österreichs (FPÖ) unter Vorsitz von Heinz-Christian Strache, die Schwedendemokraten oder auch die Lega Nord aus Italien könnten künftige Koalitionspartner seien – wenn denn die rechten Parteien eine gemeinsame Linie finden.
Keine Angst vor Rattenfänger Politik
Bleibt nach wie vor die Frage, wie mit dieser Gefahr umzugehen ist. Barbara Lochbihler, Grünen Abgeordnete des EU-Parlaments sieht in den Europaskeptikern „extreme politische Gegner“, denen man sich in „produktiver parlamentarischer Arbeit“ entgegenstellen müsse.
Das „ängstliche auf die Schlange schauen, wenn man selbst der Hase ist“ bringe da reichlich wenig, betont Lochbihler. Vielmehr müsse man „diese Rattenfängerpolitik, die da ganz flott und großlippig daher kommt, aber keine Lösungen für die Probleme Europas hat, als solche entlarven“.
Die EU als schwarzer Peter?
Peter Simon, Vertreter der SPD im Europaparlament sucht nach Gründen, die zur europakritischen Haltung bei den Menschen geführt hat. Dabei kritisiert er zum einen die Bundesregierung, die 2008 versäumt habe, die Bürger umfassend über die Finanz- und Wirtschaftskrise aufzuklären. Zum anderen verweist er auf Rahmenbedingungen, die man wohl das ‚Schwarze-Peter-Spiel‘, zwischen EU und Mitgliedsstatten nennen könnte, wobei die EU ausschließlich den Kürzeren zu ziehen scheint: „Alles was Gutes aus Europa kommt, schreiben sich die Nationalstaaten zu“, so Simon, „alles Schlechte wird auf Europa geschoben. Das führt zu negativen Grundstimmung unter den Menschen“
Ob einseitige Schuldzuweisungen dabei helfen werden, den Rechtspopulismus in Europa einzudämmen zeigt sich spätestens nach der Europawahl.