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Der ehemalige TV-Moderator Eugen Freund über den Beginn als neuer Abgeordneter im EU-Parlament

Vom Studio ins Europaparlament

Autor(en): Vinzent-Vitus Leitgeb am Mittwoch, 31. Dezember 2014
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Quelle: Max Schiel

Eugen Freund

Fünf Monate Europaparlament. Eine Zwischenbilanz vom ehemaligen österreichischen TV-Moderator und jetzt SPÖ-Politiker Eugen Freund.

Fünf Monate Europaparlament. Eine Zwischenbilanz vom ehemaligen österreichischen TV-Moderator und jetzt SPÖ-Politiker Eugen Freund.

Eugen Freund ist seit 1. Juli 2014 für die SPÖ im Europaparlament. Dort ist er Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und in der Delegation für Beziehungen zu den Vereinigten Staaten. Zuvor war er Moderator der Nachrichtensendung „Zeit im Bild“ beim ORF und unter anderem für mehrere Jahre Büroleiter des Senders in Washington, D.C.

M94.5: Herr Freund, als einer der neuen EU-Parlamentarier: Können sie nach wenigen Monaten im EU-Parlament schon eine Zwischenbilanz ziehen zur Frage „Wer regiert Europa?“

Freund: Ich denke es hat sich in der kurzen Zeit schon viel geändert, alleine dadurch, dass der Kommissionspräsident aus der Wahl zum europäischen Parlament hervorgegangen ist. Das war so ja eigentlich nicht vorgesehen und hat die Bedeutung des Parlaments deutlich gestärkt. Durch diese Dynamik muss Europa es schaffen, jetzt viel resoluter aufzutreten, auch in Krisenherden, wo es sich in den letzten Jahren noch zurückgehalten hat. Ich spreche da vor allem von den Problemen im Nahen Osten. 

Haben Sie den Eindruck, dass die sehr positiv aufgefasste Europawahl auch einen stärkeren Bezug der EU zu den Bürgern geschaffen hat?

Natürlich, vor allem durch den direkten Beitrag der Bürger zur Gestaltung dieser so wichtigen Institution, der Kommission. Sicher kann man das noch verstärken und verbessern, aber dazu bin ich noch zu frisch im Parlament um hier eine eindeutige Stellungnahme abgeben zu können.

„Ich kann immer Nein sagen“

Dann vielleicht zu einem anderen wichtigen Thema: Wie stark nehmen Sie in diesen ersten Monaten schon den so oft kritisierten Druck der Lobbyisten auf EU-Parlamentarier wahr?

Der wichtigste Satz, den man zu dieser Frage äußern kann, ist wahrscheinlich: „Ich kann immer Nein sagen.“ Und das tue ich auch. Abgesehen davon, dass sich bei mir selbst im Moment noch sehr wenige der europäischen Lobbyisten melden. Da sind es eher österreichische, anerkannte Interessensvertretungen: Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Gewerkschaften, und so weiter. Da habe ich  kaum ein schlechtes Gewissen, sie anzuhören, bin aber meistens auch nicht der geeignete Ansprechpartner, weil ich in den falschen Ausschüssen sitze.

Sind ihrer Empfindung nach die nationalen Arenen also immer noch bedeutender als die genuin europäischen? Auch in ihrer Arbeit als Abgeordneter? 

Es ist leider nicht ganz zu trennen. Ich bin sicher ein großer Europäer, will jetzt aber nicht sagen, dass mir europäische Anliegen wichtiger sind als österreichische. Europa muss stärker zusammenwachsen, aber irgendwo bleib jeder von uns auch Österreicher, Kärntner oder kommt eben aus St. Kanzian. Ganz wird man das nie abschalten können, aber gerade im außen- und sicherheitspolitischen Bereich, in dem ich tätig bin, muss man es nach Möglichkeit versuchen.  

„Da ist eindeutig ein Mehrwert zu früher“

Wie ungewohnt ist für Sie noch der Umgang mit Journalisten? Sie haben ja gewissermaßen die Perspektive gewechselt.

Es ist gar nicht einmal so schlimm. In meiner Funktion im ORF wurde ich ja auch oft nach meiner Expertenmeinung gefragt. Darum geht es jetzt auch. Ich finde es nicht viel anders aber halte es für eine umso faszinierendere Aufgabe. Wenn man sich nur den Tagesverlauf vor Augen führt, wie viele interessante Persönlichkeiten man täglich trifft und welche spannenden Aufgaben man bekommt - da ist eindeutig ein Mehrwert, auch im Vergleich zu früher.

Jetzt teilen Sie aber auch viel ihrer Erlebnisse und Aufgaben über ein anderes, neues Medium: über Twitter. Ist das ein Muss in Brüssel?

Ja. Grundsätzlich ist es ein Medium, dem man wirklich beitreten muss, wenn man etwas zu sagen hat. Und ich glaube schon, dass ich gelegentlich etwas beitragen kann. Ich hole mir dort aber auch einiges an Informationen.

„Da hat Österreich einiges nachzuholen“

Eine Zeit lang vor der Wahl zum Europaparlament war es aber ziemlich ruhig um ihren Account.

Das stimmt, ich war lange Zeit nicht aktiv, weil das Klima einfach nicht mehr freundlich genug war. Gelegentlich ist sehr viel Beleidigendes und Persönliches dabei. Das ist auch eine ganz andere Art der Diskussion und Kommunikation als ich es aus Amerika gewohnt war oder sie in den USA noch immer geführt wird. Da hat Österreich noch einiges nachzuholen.

Wie ist es dann auf europäischer Ebene?

Es läuft überall etwas höflicher als auf der österreichischen Ebene. Ich habe letztens die Vermutung geäußert, dass das so ist, weil Sigmund Freud aus Österreich gekommen ist. Da hätten die Leute ja schon einiges dazu lernen können.

Interview geführt am 05.12.2014 am 8. Europäischen Mediengipfel in Lech am Arlberg

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