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Pflege betrifft jeden - irgendwann

Wir sind alle Pflegefälle

Autor(en): Jennifer Lichnau am Mittwoch, 29. Mai 2013

Von der Kleinkind- bis zur Altenpflege. Doch niemand redet besonders gern darüber, dass man irgendwann vielleicht mal Hilfe beim Abwischen des eigenen Hinterns brauchen könnte. Die Juni-Fußnoten zeigen euch, dass hinter dem Thema Pflege mehr steckt als Windeln wechseln und alte Leute waschen.

Von der Kleinkind- bis zur Altenpflege. Doch niemand redet besonders gern darüber, dass man irgendwann vielleicht mal Hilfe beim Abwischen des eigenen Hinterns brauchen könnte. Die Juni-Fußnoten zeigen euch, dass hinter dem Thema Pflege mehr steckt als Windeln wechseln und alte Leute waschen.

 „Fiese Pflegerin beklaut Patientin“ oder „Medikamente statt Betreuung“. Die negative Berichterstattung über die Zustände in deutschen Altenheimen häuft sich. Kein Wunder, dass da die meisten Menschen Altenpflege vor allem mit einem komischen Geruch und genervtem Personal verbinden. Aber ist es wirklich das, was den Beruf des Pflegers ausmacht?
Und wer pflegt kleine Kinder und behinderte Menschen? Die Fußnoten im Juni haben genau diese Menschen getroffen.

Wer in München einen Kita-Platz für sein Kind haben möchte, der muss schnell sein. Auf Schwabinger Spielplätzen kursieren Sprüche wie „Wie du suchst jetzt erst nach einem Platz? Dein Kleiner ist doch schon 13 Monate alt. Um eine Chance zu haben musst du dich gleich nach dem positiven Schwangerschaftstest für einen Kita-Platz bewerben. Sonst kann mans vergessen.“ Damit haben die Schwabinger Mütter gar nicht so Unrecht. Denn obwohl Eltern ab August Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben, fehlen derzeit immer noch rund 150 000 Plätze.

Private Betreuung kostet - Geld und Zeit

Wer nicht dagegen klagen möchte, muss sich nach Alternativen umsehen. Ob
Montessori, Reggio oder Waldorf. Es werden die verschiedensten
Pädagogikkonzepte für die Kleinsten angeboten. Doch das hat auch seinen Preis. Während sich die Kosten für einen städtischen Kita-Platz nach Einkommen der Eltern und den gewählten Buchungszeiten richten, kostet die Betreuung in einer privaten Kita gut und gerne mal 1000 Euro im Monat.

Aber es geht auch anders. Immer mehr Elterniniativen haben sich zum Ziel gemacht ihren Kindern eine bestmögliche und bezahlbare Betreuung zu ermöglichen. Da gibt es dann statt Erziehern sogenannte „Bezugis“. Doch bei diesen privaten Initiativen müssen sich Eltern meistens ein bisschen stärker engagieren als bei öffentlichen Einrichtungen. Kochen, Rasenmähen und Co sind hier oft ganz selbstverständlich Aufgabe der Eltern.

Wo sind die Bufdis?

Pflege, das bedeutet nicht nur Kleinkind- und Altenbetreuung. Vor allem Menschen mit Behinderung sind oft ihr ganzes Leben lang auf Hilfe angewiesen. Doch diese Hilfe auch zu bekommen, ist nicht einfach. Die Aussetzung der Wehrpflicht bedeutete auch das Ende des Zivildienstes. Die jungen Männer, die als Zivis wichtige Unterstützung im deutschen Pflegesystem leisteten, wurden Ende Juni 2011 durch die „Bufdis“ ersetzt.

Während das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben den Bundesfreiwilligendienst als „eine weitere Säule des gesellschaftlichen Engagements von Menschen für Menschen“ sehen, bekommen andere wenig von dieser Säule zu spüren. Durch die Altersöffnung absolvieren auch immer mehr Menschen über 50 den Dienst um ihr Rente aufzustocken. Gerade Menschen mit Behinderung, die auf junge vitale Helfer angewiesen sind, von denen sie sich auch guten Gewissens in die Disko begleiten lassen können, haben jetzt Probleme passende Unterstützung zu finden.

Freiwillig, wollen immer weniger Leute den Beruf des Pflegers ausüben. Diejenigen, die sich von der Aussicht auf harte Arbeitstage bei nicht besonders üppiger Bezahlung nicht abschrecken, sind durch die vielen bürokratischen Vorschriften dieser Branche oft viel mehr mit Dokumentieren und Abzeichnen beschäftigt, als mit der eigentlichen Pflege.

Endstation Altenheim?

Besonders heftig trifft der allgemeine Personalmangel in der Pflege die Altenheime. Zu den Abschreckungsfaktoren „harte Arbeit“ und „mäßiges Gehalt“ kommt hier noch der schlechte Ruf der Altenheime. Chronischer Personalmangel und der vermehrte Einsatz von manchmal sogar ungelernten Leasingkräften, sind die Folgen. Altenheime können Leasingkräfte bei Zeitarbeitsfirmen anfordern, wenn das hauseigene Personal die Arbeit nicht mehr bewältigen kann.

Und dann sind da noch die unangekündigten Kontrollen der Heimaufsicht und des Medizinischen Dienstes der Kranken- und Pflegekassen. Diese sollen die Mängel in  Altenheimen aufzeichnen und zur allgemeinen Verbesserung  beitragen. Zu viele „schwarze Schafe“ in dieser Branche tragen immer noch dazu bei, dass Altenheime als Orte des Schreckens gesehen werden, in denen alte Menschen, ruhig gestellt und vernachlässigt auf den Tod warten.   

Dabei wird aber oft vergessen, was Altenpflege wirklich bedeutet. Der würdevolle Umgang mit Menschen, die ein gleichwertiger Teil unserer Gesellschaft sind. Ein Altenheim kann auch ein Zuhause bedeuten mit Pflegern, die einem das Gefühl geben, nicht ganz vergessen zu sein.

Pflege ist ein Thema das jede Altersgruppe angeht, wenn ihr mehr darüber erfahren wollt, dann schaltet am Sonntagabend um 19.00 Uhr das Radio an.

Die Fußnoten: „Wie jetzt Pflege?  Wenn es jeden betrifft, aber keiner etwas davon wissen will“, Sonntag 30.06.2013 um 19.00 und in der Wiederholung am Mittwoch, den 03.07.2013 um 13.00 Uhr auf M94.5

Redaktion: Anna Warsberg, Baran Datli, Marco Morgenroth, Gustav Pachtner
 

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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