Basketball-Tagebuch
Das erste Mal
Zur EuroBasket versammelt sich die Basketball-Elite in Berlin. Wir packen den Statistikbogen weg - und das Tagebuch aus. Ausgabe eins: Dirk Nowitzki.
„Das erste Mal ist immer schöner als der ganze Rest“, rappt LUX in seinem Debütalbum L.U.K.A.S. Eine These, die nicht nur Vollblut-Rapper, sondern auch Vollherz-Romantiker unterschreiben. Ich wage es aber, zu widersprechen.
Klar, auch mein erstes Mal war schön. Damals, im Januar 2014. Aufgeregt war ich, natürlich. Angespannt sowieso. Als es dann losging, wusste ich nicht genau, was ich machen soll. Doch irgendwie bin ich noch ganz gut rausgekommen aus der Nummer.
Ich wollte eine „High-Five“ und bekam ein „Down-Low“
Damals, im Januar 2014, bin ich in den Katakomben des American Airline Centers, einem Basketball-Palast in Dallas, von einem Bein auf das andere gehopst. Nacheinander sind die Stars der Dallas Mavericks an mir vorbeigerauscht. Monta Ellis, Shawn Marion, Jose Calderon – Sportler, für die ich regelmäßig um 3 Uhr nachts den Wecker stelle. Doch in dem Moment waren sie mir sogar fast egal.
Ich habe nur auf ihn gewartet. Erst als Letzter hat er sich seinen Weg durch den Spalier gebahnt, gemütlich hüpfend, die blonde Mähne flatternd. Aus dem Schreien in der Halle ist ein Kreischen geworden, weil jeder genau wusste, wer jetzt noch fehlt. Aber erst musste er noch an mir vorbei. Ich habe meine Hand so angewinkelt, wie die Security-Dame es mahnend gepredigt hatte. Augenblicke bevor er mir dann das „Down Low“ verpasst hat, habe ich mit gedrückter Stimme gepiepst: „Auf geht's, Dirk!“ Ein Lächeln ist über seine Mundwinkel gehuscht. Zumindest glaube ich das. Überrascht war er jedenfalls, wenn auch nur ganz kurz. „Aaaaauuuf geht's“, hat er dann in unverkennbarer Stimmlage gebrüllt – und ist in die tobende Halle entglitten.
Das war also mein erstes Mal mit Dirk Werner Nowitzki. Ich saß schon in vielen deutschen oder amerikanischen Hallen, wo er Gegenspieler mit seinem One-legged-Fade-Away zu Statisten degradiert hat. Aber die Begegnung in den Katakomben habe ich als „das erste Mal“ vermerkt.
Als er am Donnerstag in weiter Trainingshose und Poloshirt in ein Zimmer des Berliner Andel's Hotel geschlendert ist, um zwei Tage vor der EuroBasket eine finale Einschätzung abzufeuern, habe ich mich für einen Moment an den Januar 2014 zurückerinnert. Nowitzki ist einer, der einen Raum sofort ausfüllt. Damals wie heute.
Er hat sich verändert - und ich mich auch
Sportlich ist es nicht mehr so wie früher. Nowitzki ist 37. Er kann immer noch herausragen, muss aber auch entlastet werden. Die EuroBasket wird Spiele liefern, wo er in der Verteidigung düpiert werden wird. Es ist mein Job, das herauszustellen. Eine Frage des Blickwinkels. Weil Nowitzki sportliche und menschliche Extraklasse vereint, werde ich immer auch den Dirk-Fan in mir tragen. Trotzdem wird das nächste Mal anders. Ich will kein „High Five“ mehr, sondern ein richtiges Gespräch. Ich will ihm Fragen stellen, Analysen erzwingen, versuchen, auch kritisch zu sein. Das erste Mal war schön, nun geht es aber weiter.
LUX sieht das übrigens auch so: „Das erste Mal kommt immer auf dich zu seiner Zeit, schade nur, wenn es das erste Mal bleibt.“
Absurde, lustige und sportliche Geschichten zur Vorrunde der EuroBasket in Berlin gibt's in unserem Live-Blog.