Ein paar Sekunden waren noch auf der Spieluhr verblieben, doch Nihad Djedovic interessierte das schon nicht mehr. Inmitten der Berliner o2-World warf er die Arme in die Luft, ballte die Faust und legte schließlich seine Hand ans Ohr - eine Geste, die die Zuschauer fragt: "Na, was sagt ihr dazu?!"

Eine wirkliche Antwort gaben die Berliner Fans nicht, stumm und reglos standen die meisten von ihnen auf ihren Plätzen. Was hätten sie auch sagen sollen? Ihre Helden, die Basketballer ALBA Berlins, hatten gerade in einer dramatischen Verlängerung das entscheidende fünfte Halbfinalspiel gegen den FC Bayern München verloren.

Als das Saisonaus drohte, explodierte Djedovic

Berlin lieferte eine gute Leistung ab, doch einem Münchner waren sie am Donnerstag nicht gewachsen: Nihad Djedovic. Als den Bayern das Saisonaus drohte, explodierte der Flügelspieler. Djedovic machte 30 Punkte, spielte fünf Vorlagen und klaute viermal den Ball. Der 25-Jährige diktierte das Spiel.

Er forderte den Ball und übernahm Verantwortung. Er traf aus der Distanz und zog genauso effektiv zum Korb. Er ließ seine Gegenspieler verzweifeln und seine Mitspieler staunen. "Was Nihad Djedovic heute gezeigt hat, habe ich lange nicht von einem Spieler gesehen. Er hat uns heute getragen", sagte Bayerns Spielmacher Heiko Schaffartzik.

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Weil sie an Djedovic scheiterten, scheiterte Alba Berlin auf dem Weg zum Titel auch an den Bayern. Mal wieder. Im Vorjahr hatten die Bayern-Basketballer sogar den Meisterpokal in der Halle des Erzrivalen an sich gerissen. Nihad Djedovic war damals jedoch nur die Rolle des Zuschauers vergönnt gewesen. Eine Verletzung bremste ihn in der ersten Playoff-Runde aus und kostete ihm die Finalserie. Djedovic ist Deutscher Meister, ein kleiner Makel heftet aber an diesem Titel.

Gerade ist er dabei, diesen Makel zu beseitigen. In den diesjährigen Playoffs erzielt er durchschnittlich bärenstarke 17,4 Punkte pro Partie. Für die Bayern-Verantwortlichen bildete Djedovic immer die zentrale Figur des Kaders. Jetzt zeigt sich auch, warum das so ist.

Pesic' Erwartungen an Djedovic sind größer als an jeden anderen

Djedovic hatte es in München aber nicht immer leicht. Trainer Svetislav Pesic setzte die Messlatte für ihn stets besonders hoch an. Keinen anderen Spieler faltete Pesic während Auszeiten so oft zusammen. Er erwartet viel, weil er weiß, welches Potential in seinem Schützling steckt. Djedovic ist für Pesic eine Art privates Projekt.

Als der talentierte Basketball mit 16 Jahren sein Heimatland Bosnien verließ und zum FC Barcelona wechselte, war es Pesic, der den Deal als damaliger Barca-Coach eingefädelt hatte. Kurz nachdem Pesic beim FC Bayern anheuerte, lotste er Djedovic von Berlin nach München.

Jetzt hat Djedovic die Chance, seinen ersten "echten" Titel im roten Bayern-Trikot zu gewinnen. Er ist so gut drauf wie noch nie – und endlich verletzungsfrei. Vor den Spielen gegen die Brose Baskets Bamberg warnt er vor dem Heimvorteil. Es ist nicht einfach, Freak-City einzunehmen. "Aber das ist eine Final-Serie", sagt Djedovic, "da ist alles möglich.“

Um Bamberg zu schlagen, benötigen die Bayern einen Djedovic in Galaform. Der Deutsch-Bosnier ist einer der wenigen Münchner, die es athletisch mit Bambergs Powerkader aufnehmen können.

Nihad Djedovic trägt die Verantwortung - und er ist bereit dafür. Spätestens seit Donnerstagabend ist das nun auch außerhalb Münchens bekannt.

Die Finalserie im Überblick:

Spiel 1: Sonntag, 7. Juni, 15 Uhr in Bamberg.

Spiel 2: Mittwoch, 10. Juni, 20 Uhr in München.

Spiel 3: Sonntag, 14. Juni, 19 Uhr in Bamberg.

Spiel 4 (falls erforderlich): Mittwoch, 17. Juni, 20 Uhr in München.

Spiel 5 (falls erforderlich): Sonntag, 21. Juni, 15 Uhr in Bamberg.