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SPOT Festival 2015

Im Widerschein der Discokugel

Autor(en): Eva Katharina Klotz am Mittwoch, 20. Mai 2015
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Quelle: M94.5

Vier Jungs aus Kopenhagen: Blaue Blume

Back to the 80s mit Blaue Blume. Aus Kopenhagen kommt seit zwei Jahren nostalgischer Discopop-Softrock. Was das ist, verraten Blaue Blume selbst im Interview.

3 Tage, 24 Locations, über 100 Künstler - das ist das SPOT Festival in Aarhus, Dänemark. Seit 21 Jahren präsentieren sich dort die heißesten Newcomer aus nordischen Ländern. Dabei ist jede Musikrichtung von Indie bis Hip Hop vertreten. M94.5 war dabei und hat vor ihrem Konzert das Quartett Blaue Blume zum Interview getroffen.

"Unsere Musik soll schön und hässlich zugleich sein"

Ende März 2013 taucht im Netz ein Song namens "On New Years Eve" auf. Es ist der erste von Blaue Blume und er zieht mit der verträumten Mischung aus Softrock und Discopop, gepaart mit Sänger Jonas` außergewöhnlicher Stimme, sofort Aufmerksamkeit auf die vier Jungs aus Kopenhagen.


In der Romantik steht die blaue Blume für Sehnsucht und ein Streben nach Unvergänglichkeit. Blaue Blume übersetzen ihren Namen mit Falsettgesang und Nostalgie in Musik. Ihre erste EP "Beau & Laurette" ist bereits erschienen, diesen Sommer folgt das Debütalbum - vielleicht der perfekte Soundtrack für warme Abende.
 

 

Ihr habt mal gesagt, dass ihr erst ein neues Album rausbringt, wenn es euch komplett umhaut und etwas ganz Besonderes ist. Inwiefern ist euch das denn auf dem neuen Album, das bald kommt, gelungen?

Uns ist es sehr wichtig, das wir jedes Mal etwas Besonderes machen, wenn auch nur für uns selbst. Dieses Mal sind das Songwriting und die Arrangements auf einem anderen Level - die Melodien sind klarer und wir sind uns auch mehr im Klaren darüber, was wir mit unseren Instrumenten erreichen wollen. Wir wissen auch besser, welche Teile von einem Arrangement wichtig sind und welche man vielleicht streichen könnte. Alles in allem haben wir ein genaueres Bild unserer Vision verwirklicht. Eins unserer Hauptziele dieses Mal war es, was wir live machen, mit dem, was wir im Studio machen, zusammenzubringen. Und ich denke, das haben wir dieses Mal so gut es eben ging erreicht. (alle lachen)



 

Ich habe gehört, dass euch die 80er inspirieren, und zwar wegen ihrem Selbstgemacht-Spirit. Wie passt das mit der Dance und Synthie-Musik der 80er zusammen? Das klingt doch nicht sehr handgemacht.

Wir finden eine Menge Inspiration im Pop-Vibe der 80er, im Songwriting. Hooks aus den 80ern sind immer wirklich extrem hooky, der ganze Song ist um diese poppigen Melodien herumgebaut. Zu dieser Zeit waren auch die Synthies und digitalen Instrumente neu. Nehmen wir zum Beispiel Brian Eno, der ein ziemlicher Pionier war. Wenn er so ein Instrument in die Hand genommen hat, konnte er alles damit machen, auch wenn er nicht wusste, was alles möglich war. Und ich finde, das kann man in der Popmusik dieser Zeit hören, sie ist organisch und man spürt die Neugier der Künstler. Die Musik ist nicht vom Instrument dominiert, sondern Musiker und Instrument sind auf einem Level. Das ist eine Inspiration für uns: wir schauen, wie wir das Meiste aus unseren Instrumenten machen können, ohne Grenzen oder Vorurteile. Wenn ich will, dass der Bass sich so oder so anhört, dann finde ich heraus, wie man es machen kann, ich denke nicht: Das geht nicht, es ist doch ein Bass. (lacht). Diese Herangehensweise brauchen wir. Musik der 80er ist auch sehr viel komplexer und vielschichtiger als die Popmusik, die man heute im Radio hört. Als Hörer war man zu dieser Zeit viel mehr gefordert. Und trotzdem waren sie zugänglich und es hat Spaß gemacht, zuzuhören. Die heutige Musik soll anonym und funktional sein. Ich weiß nicht, ob das daran liegt, dass man heute nicht mehr versteht, was man mit Popmusik machen sollte. (…) Auf jeden Fall hat man sich damals nicht gescheut, mit Arrangements  zu experimentieren. Das ist inspirierend. Wenn wir unseren eigenen Sound damit vergleichen müssten, würde ich sagen, dass wir dasselbe erreichen wollen: Wir wollen Popmusik machen, aber kein Easy Listening. Es muss vielschichtig und dynamisch sein.



In einem Interview habt ihr davon gesprochen, dass ihr mit eurer Musik eine „Entgiftung von Jugend“ erreichen wollt. Was soll das bedeuten?

Das ist sozusagen das, wofür wir ästhetisch stehen. Der Satz ist schön und hässlich zugleich. Wie unser Name. (lacht). Vielleicht habe ich das über die Songs auf der EP gesagt. Da ist es auch das Hauptthema, und ist es immer noch: die Entwicklung vom jungen Mann zum Mann - was auch immer das sein soll. Die Entgiftung heißt, dass man das Jugendliche aus sich herausbekommt und erwachsen wird. Es soll nicht heißen, dass wir die Jugendlichen um uns herum entgiften wollen, in so einem moralisierenden Ton, als ob man sagen würde: „Trinkt nicht so viel.“ (lacht)



 

Warum wollt ihr denn so unbedingt erwachsen werden?

Die Jugend war für mich gleichzeitig eine sehr schöne und zerstörerische Zeit. Manchmal willst du es dann einfach nicht mehr versauen und ein guter Mensch sein. (lacht). Wir tun alle Dinge, die wir besser nicht gemacht hätten, und wenn man erwachsen wird, macht man das anders. Es ist nicht so, dass ich es nicht mag, sorgenfrei zu sein. Es ist ein interessantes Konzept, dass man immer besser sein will und nie zufrieden ist mit der Person, die man gerade ist. Manchmal will ich auch nicht erwachsen werden. Das ist ein nostalgisches Gefühl, das man hat, wenn man darüber nachdenkt, woher man kommt, und dass das Ich, die Person, die man früher war, dieselbe sein soll wie heute. Dabei denkt man heute überhaupt nicht mehr wie vor zehn Jahren, vielleicht würde man sich selbst gar nicht mehr wiedererkennen. Das ist faszinierend und beängstigend gleichzeitig. In meinem Fall stehen die Jugend und das Erwachsenwerden auch für Sie, die Liebe und dafür, von jemandem wegzukommen und jemanden zu vergessen, den man vielleicht immer noch liebt. Das Faszinierendste am Erwachsenwerden ist, dass man herausfindet, dass man eine einzigartige Person ist und dass nicht unbedingt den anderen die Wahrheit gehört. Man wird selbstbewusster und sich der Person bewusst, die man ist. Und man akzeptiert, dass andere Leute anders denken.

 

Das ganze Interview gibt's hier zum Nachhören!

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